Kay GottschalkAfD - Aktuelle Stunde zu den Cum Ex Steuerdeals
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Jetzt ist hier viel von den Vorrednern gesagt worden. Ich sage einfach nur: Heute wieder Cum/Ex, am Freitag Wirecard. Ich glaube, es ist was faul im Staate Deutschland und was den Finanzplatz Deutschland angeht. Herr Scholz, Sie tragen nun mal seit mehr als zwei Jahren dafür Verantwortung; das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Sie sind Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland.
(Dagmar Ziegler [SPD]: Das weiß er!)
Diese Sachverhalte, lieber Fritz Güntzler – wir kennen uns ja nun auch schon etwas länger aus den Ausschüssen –, sind auch ihm länger bekannt. Das fällt nicht vom Himmel. Darauf will ich im Laufe meiner Rede weiter eingehen, liebe Freunde.
Sie hatten Transparenz angekündigt, Herr Scholz. Das war heute dann wohl eher ein Rohrkrepierer, den Sie uns da präsentiert haben. Immerhin versprechen Sie jetzt in den Medien mehr Transparenz – nach der heutigen Enttäuschung. Denn erst heute haben Sie Ihren vollständigen Kalender vorgelegt. Wir hatten Treffen im Juni, wir hatten Treffen im März, wir hatten ein VS-Treffen. Aber erst heute haben Sie Ihren Kalender bis 2015 abgeglichen. Oh Wunder, da traten dann auf einmal diese Termine in Erscheinung, die Sie heute eingeräumt haben. Da bleiben Fragezeichen, sehr verehrter Herr Scholz.
(Beifall bei der AfD)
Ich nenne das, was Sie hier betreiben, die handelsübliche Salamitaktik, getreu dem Motto: Ich gebe nur das zu, was unmöglich noch abzustreiten ist. – Das finde ich vor dem Hintergrund, was Sie dazu an starken Worten gefunden haben, mehr als enttäuschend. Insofern reihen sich Ihre Transparenzversprechen in eine Serie von Versprechungen der SPD für die Bürger dieses Landes – Sie da draußen – ein, die dann doch niemals eingehalten worden sind. Glückwunsch, Herr Scholz, Sie wären also insofern ein wahrer SPD-Kanzler!
Aber nun zum tatsächlichen Tatbestand. Bei Cum/Ex-Geschäften – das ist hier alles schon ausgeführt worden – wird seit Jahrzehnten um den Dividendenauszahlungstag so lange hin und her gehandelt, bis man gar nicht mehr erkennen kann – das ist in der Anhörung eben klar geworden –: Wer ist denn nun eigentlich der Eigentümer? Wer kann schuldrechtlich verfügen? Am Ende wussten nicht mal mehr die Finanzämter: Wer ist also nun der Eigentümer?
Ich finde, da hat ein Professor in unserer Anhörung etwas Wahres gesagt: Deutschland, meine Damen und Herren – das zeigt auch Wirecard –, hängt der tatsächlichen Entwicklung zehn Jahre hinterher. – Er führte als Beispiel die Vereinigten Staaten an, die digitale Aktie, an der der Anspruch hängt und die zeigt, ob oder ob nicht die Kapitalertragsteuer abgeführt wurde. In Deutschland: Fehlanzeige!
Liebe Freunde von der FDP, das wäre vielleicht mal ein Thema für eine wahre Digitalisierung; denn die Zahlen, die Sie eben genannt haben, sind erschütternd. Hören Sie zu, liebe Bürger: Für das Jahr 2018 wurden jetzt, nachdem gebohrt wurde, 499 Fälle zu Cum/Ex aufgedeckt; Volumen: 5,4 Milliarden Euro. Für das Jahr 2019 waren es 391 Fälle; Volumen: 4,3 Milliarden Euro. Zurückgeflossen sind bisher, 2019 – das sind aktuelle Zahlen –, immerhin 1,1 Milliarden Euro. Meine Damen und Herren, das ist Ihr Geld. Ich erinnere Sie daran, wenn die kalte Progression wieder zuschlägt oder die Abgaben erhöht werden müssen. Wir als Gesetzgeber sind dafür verantwortlich, hier schuldig zu sein. Da können wir als AfD uns tatsächlich mal reinwaschen; denn wir sitzen erst seit drei Jahren hier. Wenn wir diese digitale Aktie vorgeschlagen hätten,
(Dagmar Ziegler [SPD]: Haben Sie aber nicht!)
hätten Sie das wahrscheinlich wieder zurückgewiesen – es kommt ja von der bösen AfD –, auch wenn es vielleicht eine vernünftige Lösung gewesen wäre.
Meine Damen und Herren, das ist schon ein starkes Stück, auch des gesamten Hauses; denn wir sind hier mit Ansage in eine Fortsetzung der Cum/Ex-Gestaltung hineingelaufen. Bis 2018 – auch das haben wir gehört; es liegen entsprechende Anfragen bei der ESMA vor – wurde dieses Roulette zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und der Arbeitnehmer dieses Landes weitergedreht, liebe Freunde.
(Fabio De Masi [DIE LINKE]: Wir sind nicht Ihre Freunde!)
Tja, Fehlanzeige, Herr Scholz? Genau wie bei Wirecard: Keiner hat Schuld, keiner hat etwas getan, niemand hat sich eigentlich etwas vorzuwerfen. Wie sagte ich schon: Keiner hat Fehler gemacht; aber aus denen wollen wir lernen. Nein, das ist an dieser Stelle zu billig. Bitte bringen Sie komplett Licht ins Dunkel. Ich kann auch nur die Kollegen in Hamburg auffordern, hier nachzubohren und einen Untersuchungsausschuss ins Leben zu rufen; denn so dürfen und können wir mit den Geldern der Menschen, die da draußen arbeiten, nun wahrlich nicht umgehen. Ein wenig grüßt hier sogar die Amigo-Affäre. Insoweit sollten wir, auch im Staat Hamburg, nachfühlen, wer wann was gewusst und vielleicht Einfluss genommen hat. An dieser Stelle schließe ich mich Frau Paus an: Ich glaube nicht daran, dass die Finanzverwaltung Hamburg, die ich sehr gut kenne, ohne entsprechende Weisung von irgendwem – das müssen wir aufklären – einen solchen Betrag verfristen lässt. Da wollen und wünschen wir Aufklärung, meine Damen und Herren.
Danke.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Kay Gottschalk. – Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Michael Schrodi.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7468652 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu den Cum Ex Steuerdeals |