Marco Bülowfraktionslos - Aktuelle Stunde zu den Cum Ex Steuerdeals
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Cum/Ex ist der größte Steuerbetrug aller Zeiten. Keiner weiß, um wie viele Milliarden es sich wirklich handelt. Der eigentliche Skandal ist, dass lange kein Skandal darum gemacht wurde, sondern dass auch die Politik verdrängt, verzögert, beschwichtigt hat, so lange, bis viele straffrei ausgehen, weil es verjährt ist, und dass Regelungen, die dann getroffen worden sind, immer noch Schlupflöcher haben, dass weitere Geschäfte in diesem Bereich gemacht werden können. Das ist eigentlich das Thema, über das wir reden müssen, aber auch darüber, dass es immer noch nicht genug Steuerfahnder gibt, die dem nachgehen können. Es kann doch nicht wahr sein, dass wir nicht in der Lage sind, Steuerfahnder einzusetzen, die genau diese kriminellen Machenschaften wirklich alle aufdecken, während wir uns rühmen, dass die ersten Fälle jetzt endlich bestraft werden. Das kann nicht sein! Das hätte schon viel länger passiert sein müssen!
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Dann reden wir über die Warburg-Bank und über 47 Millionen Euro und eigentlich noch viel mehr Millionen Euro. Interessant ist: Als dieser Steuerbetrug in Hamburg stattgefunden hat, gab es in Hamburg eine Regelung, dass es ein Büchergeld in Höhe von 100 Euro von allen Eltern, die ihre Kinder zur Schule bringen, geben muss. Ich persönlich kenne Leute in Hamburg, die es schwer hatten, dieses Büchergeld aufzubringen. Eine Stadt verzichtet darauf, 47 Millionen Euro einzutreiben und nimmt auf der anderen Seite Geld von Eltern für Bücher und andere Dinge. Genau das ist das Problem, das wir haben.
(Beifall bei der LINKEN)
Dann sind wir nämlich nicht bei einem Einzelfall, über den hier geredet wird. Natürlich muss er aufgeklärt werden. Natürlich ist es wichtig: Wer hat wo die Wahrheit und was gesagt? Aber wir reden nicht über einen Einzelfall, sondern wir reden über ein System – damit kommen wir auch dazu, dass es wichtig ist, mit wem wir reden –, bei dem Banker und andere einflussreiche Leute mal eben ihr Handy zücken und einflussreiche Leute in der Politik mal eben anrufen können, eben treffen können, Zugang zum Oberbürgermeister haben, mehrfach Zugang zu Abgeordneten haben, denen nach einer Zeit natürlich auch einmal etwas spenden können. Genau diese Zugänge haben andere eben nicht. Die Handwerker und Handwerkerinnen, die Krankenpfleger usw. haben diesen Zugang nicht. Das ist der Lobbyismus, der eben nicht funktioniert. Gespräche sind richtig, aber die Ausgewogenheit ist wichtig. Ich spreche doch nicht mit Leuten, die wahrscheinlich verurteilt werden oder zumindest Steuern hinterziehen und ein Verfahren anhängig haben. Genau mit solchen Leuten redet man nicht. Deswegen müssen wir vom Lobbyismus sprechen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Deswegen müssen wir auch sagen, welche Regelungen wir haben wollen.
Erstens. Wir brauchen nicht nur Transparenz in diesem Fall, sondern wir brauchen eine allgemeine Transparenz. Politiker müssen offenlegen, mit wem sie Gespräche führen. Da muss man hinterher nicht nach Kalendern sehen. Es muss eingetragen werden, mit wem sie Gespräche geführt haben.
Zweitens. Wir brauchen einen Kodex für klare Regelungen für Abgeordnete, Minister usw. Und wir brauchen ein Lobbyregister, das den Namen verdient und nicht nur für den Bundestag gilt, sondern auch für die Bundesregierung. Wir brauchen nicht das, was Sie hier am Freitag einführen werden, sehr geehrte Damen und Herren, liebe GroKo, sondern wir brauchen ein richtiges Lobbyregister.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.
Letzter Satz: Wir brauchen die Einsetzung einer Cum/Ex-Soko und genug Steuerfahnder, um diesen Fall auch wirklich aufzuklären. Dann wären wir einen Schritt weiter. Wir brauchen keine schönen Worte, dass wir irgendwann einmal anfangen, ernst zu machen.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der nächste Redner ist für die Fraktion der SPD der Kollege Andreas Schwarz.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7468656 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu den Cum Ex Steuerdeals |