Gyde JensenFDP - China-Politik der EU
Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen hier im Deutschen Bundestag nicht zum ersten Mal über die Volksrepublik China. Aber ich glaube, wir können festhalten, dass wir zum ersten Mal mit ein klein wenig Optimismus in diese Debatte hineingehen bzw. aus der Debatte hinausgehen können, weil wir in den vergangenen acht Tagen doch schon erleben konnten, dass es ein paar vorsichtige Anzeichen der Bundesregierung gegeben hat, dass sie langsam aus ihrer außenpolitischen Apathie erwacht und ihre China-Politik ein bisschen zu korrigieren beginnt. Ich glaube, das ist auch eine Runde Applaus wert.
(Beifall bei der FDP)
Was mir allerdings ein Rätsel ist, ist, wie die Bundesregierung sich so lange an einem längst überholten China-Narrativ festklammern konnte. Die Menschenrechtslage in der Volksrepublik ist und vor allem war katastrophal. Und trotzdem sprach die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Grünen, die wir ja hier heute debattieren, lediglich von einer verschlechterten Menschenrechtslage. Gestern hat die Menschenrechtsbeauftragte – wir haben es hier schon erwähnt – erstmals ein entscheidendes Adjektiv hinzugefügt. Sie sprach von einer „dramatischen“ Menschenrechtslage.
Meine Damen und Herren, zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Großen Anfrage war bereits bekannt, dass es in der Region Xinjiang über 1 Million Uiguren gibt, die systematisch in Umerziehungslagern interniert wurden, die ihrer Freiheit, ihrer Identität, ihrer Würde beraubt wurden. Es war bereits bekannt, dass das Sicherheitsgesetz in Planung war und auch dramatische Konsequenzen nach sich ziehen würde. Wir verdanken die veränderte Position der Bundesregierung sicherlich auch ein Stück weit der Opposition im Deutschen Bundestag und können somit heute festhalten, dass die Bundesregierung sich von ihrem China-Narrativ ein Stück weit verabschiedet hat.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, das ist eine Erleichterung; denn wir kritisieren hier ja nicht den Außenminister oder die Bundesregierung, weil es uns Genugtuung verschafft. Wir kritisieren den Außenminister, weil wir von seiner Politik in diesem Fall nichts halten. Und das braucht man nicht abzuwägen oder wegzuwischen. Es ist tatsächlich so, dass Heiko Maas in der Pressekonferenz letzte Woche erstmals so deutliche Worte gefunden hat und sich hinter europäische Partner gestellt hat, wie Jo Wadephul das hier auch gerade gesagt hat. Liebe Bundesregierung, lassen Sie uns doch genau bei dieser neu gefundenen Realitätsnähe und Offenheit bleiben und daran weiterarbeiten.
Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus der Pressemitteilung der Menschenrechtsbeauftragten von gestern: „Die chinesische Seite zeigte keine Bereitschaft, auf konkrete Fälle und Vorgänge wirklich einzugehen.“ Meine Damen und Herren, ich übersetze kurz: Es ist nicht mehr möglich, auf eine konstruktive Weise mit Präsident Xis Regime im Dialog eine Verbesserung der Menschenrechtslage in China zu erreichen.
Für uns Freie Demokraten ist deshalb klar: Menschenrechtsfragen und europäische Sicherheitsinteressen müssen bei jedem Gespräch auf den Tisch und dürfen nicht hinten runterfallen und auf dem Verhandlungstisch geopfert werden. Sie müssen mit besprochen werden. Das geht vor allen Dingen auch in die Richtung der digitalen Infrastruktur und des Ausbaus; der Kollege Michael Brand hat es heute im Menschenrechtsausschuss noch einmal ganz deutlich gemacht. Ich finde, das zeigt, dass es wichtig ist, dass Huawei ausgeschlossen wird von einem 5G-Ausbau hier in Europa, hier in Deutschland. Das wäre eine Möglichkeit, China zu zeigen, welche Konsequenzen die Menschenrechtsverletzungen in China nach sich ziehen.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat gestern einen Antrag ähnlich dem Magnitsky Act verabschiedet. Ich habe den Eindruck, dass wir hier immer noch „Opposition gegen Regierung“ spielen. Das sollten wir aber nicht tun, wenn wir tatsächlich wollen, dass der Bundestag und Europa mit einer Stimme sprechen. Deswegen fordere ich Sie auf: Legen Sie Ihre Opposition-gegen-Regierung-Denke beiseite,
(Falko Mohrs [SPD]: Ein guter Vorsatz, Frau Kollegin!)
und stimmen Sie auch für diese Initiative, für unseren Antrag in der Art des Magnitsky Acts, also für personenbezogene Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzer. Damit würde der Bundestag ein Signal senden, wie es so häufig beschrieben wurde. Genau da könnte man jetzt auch deutlich machen, dass Deutschland seine Ratspräsidentschaft in Europa tatsächlich für etwas Gutes nutzt. Wir als Freie Demokraten stehen bereit, um hier mit Ihnen eine Initiative auf den Weg zu bringen.
(Beifall bei der FDP)
Ich würde mich freuen, wenn wir das in den nächsten Wochen schaffen, auch noch im Rahmen der Ratspräsidentschaft. Denn am Ende geht es tatsächlich darum, den Menschen klarzumachen: China muss sich an Völkerrecht und Menschenrechte halten, sonst hat es eben Konsequenzen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Nächster Redner für die Fraktion Die Linke ist der Kollege Andrej Hunko.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7468882 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 172 |
Tagesordnungspunkt | China-Politik der EU |