Enrico KomningAfD - Marktwirtschaft - Einführung einer Beteiligungsbremse
Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Minister Altmaier! Meine Damen und Herren Kollegen! Auch ich, Herr Altmaier, freue mich, dass Sie bei dieser Debatte heute dabei sind und dass Sie auch Ihr Papier zur Nationalen Industriestrategie mitgebracht haben. Und es hat sich ja gerade so angehört, als ob Sie den FDP-Antrag hier sozusagen als überflüssig entlarven wollten. Auch wenn es nicht oft vorkommt: Ich will heute mal der FDP-Fraktion beispringen;
(Reinhard Houben [FDP]: Oje! – Pascal Meiser [DIE LINKE]: Welche Überraschung!)
denn das, was in Ihrem Papier steht, das steht da gut. Allerdings handeln Sie genau andersherum, und das werde ich Ihnen kurz darlegen.
Die AfD-Fraktion unterstützt den Antrag der Kollegen der FDP zur Einführung einer Beteiligungsbremse für den Bund. Er enthält nämlich tatsächlich sinnvolle Forderungen, insbesondere die nach grundsätzlich nur stillen Beteiligungen oder nach Rückführung staatlicher Beteiligung auf das Vor-Corona-Niveau. Erweiterte Berichtspflichten dienen der Transparenz und beugen dem Missbrauch vor.
So weit, so gut, Herr Houben. Wovon dieser Antrag allerdings ausgeht, ist, dass die massive Ausweitung staatlicher Beteiligung eine Sondersituation sei und man einfach zur Normalität, nämlich zur sozialen Marktwirtschaft, zurückkehren müsse. Diese Normalität gab es aber schon vor Corona nicht mehr.
(Beifall bei der AfD)
Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen zusammen mit den beiden Linksaußenfraktionen der Grünen und der Dunkelroten wollen nämlich gar keine soziale Marktwirtschaft.
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Was für ein Unsinn! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat es gar nicht verstanden!)
Die Coronakrise bestätigt und bekräftigt einen Trend, der sich durch die Amtszeit von Frau Merkel zieht, einen Trend, der sich von der sozialen Marktwirtschaft entfernt und in eine gelenkte Staatswirtschaft mündet. Was mit der Teilverstaatlichung der Commerzbank infolge der Finanzmarktkrise begann, findet nun bei Lufthansa, bei TUI, bei der Deutschen Bahn und vielen anderen seine Fortsetzung. Herr Houben hat vorhin viele Unternehmen benannt; ich will die alle nicht noch mal wiederholen.
Die Bundesregierung springt in Wahrheit nicht in der Krise ein, um die Unternehmen zu retten, sondern nutzt Krisen, um ihr neues, offensichtlich vom vermeintlichen Erfolgsmodell China inspiriertes staatskapitalistisches Modell zu installieren. Mit der aktuellen Coronakrise haben wir jetzt eine neue Qualität erreicht. Sie, Herr Altmaier, nutzen nicht nur die Krise, sondern Sie erschufen die Krise durch den Lockdown erst selber.
(Beifall bei der AfD – Dr. Joe Weingarten [SPD]: Was für ein Unsinn! – Falko Mohrs [SPD]: Sie haben Ihren Aluhut vergessen!)
Schon nach der damaligen Datenlage war der Lockdown unnötig, in jedem Fall unverhältnismäßig, und Herr Spahn hat dies ja unlängst selbst zugegeben. Ihr fortwährendes Drohen mit einem zweiten Lockdown lässt auch kaum einen anderen Rückschluss zu.
Beteiligungen des Staates, meine Damen und Herren, folgen keinen wirtschaftlichen Notwendigkeiten. Ihr Interesse, das Interesse der Bundesregierung, ist es, sukzessiv-schleichend, sozusagen von hinten durch die Brust ins Auge, die staatliche Kontrolle über alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft auszudehnen. Und das, glaube ich, ist auch kein Hirngespinst,
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Doch, das ist es! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Doch! Eindeutig wahr!)
sondern schon lange im politischen Fokus.
(Zuruf von der AfD: So ist es!)
Ich darf Sie, Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis aus einer Podiumsdiskussion aus Ihrer Zeit als Finanzminister im Jahre 2011 zitieren, als Sie gesagt haben:
… wenn die Krise größer wird, werden die Fähigkeiten, Veränderungen durchzusetzen, größer.
Das ist richtig; prophetische Worte, wie auch immer sie gemeint waren. Und ja, meine Damen und Herren, in der Krise werden sich die Menschen beugen. Und die Regierung ist ja eben auch schon fleißig dabei.
Der Energiebranche nehmen Sie ein Kraftwerk nach dem anderen weg und zwingen sie zum Ausbau einer neuen Strominfrastruktur, die zwar dem Klima nichts bringt, aber die Steuerzahler und Konsumenten Billionen Euro Subventionen kostet.
(Beifall bei der AfD)
Mit der Deutschen Bank gibt es eigentlich nur noch eine echte deutsche Privatbank, und auch der gehen Sie mit Ihrer Euro-Politik ans Leder.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Die sind selber schuld! So ein Quatsch! Die haben die besten Banker in London eingestellt, klar!)
Überraschend wäre es daher nicht, wenn von Ihren Kollegen in Ländern und Gemeinden der jüngste Vorschlag des Deutschen Städtetages, die Gewerbeflächen in deutschen Innenstädten zu verstaatlichen, mit großem Enthusiasmus aufgegriffen würde. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Sie die einstmalige Vorzeigeindustrie Deutschlands, die deutsche Automobilindustrie, ehedem der Wachstumsmotor Deutschlands, zum Subventionsfall herabregiert haben. Die jetzige Situation der Automobilindustrie, Herr Altmaier, hat nichts mit Corona zu tun,
(Zuruf von der AfD: Richtig!)
sondern allein mit Ihnen und leider eben auch mit willfährigen Vorstandsvorsitzenden.
(Beifall bei der AfD)
Ihr Weg hin zum Staatskapitalismus ist der falsche Weg. Er verletzt fundamentale Freiheitsrechte der Menschen und gefährdet unsere Demokratie. Der Staat, Herr Altmaier, darf gar kein Unternehmer sein. Er ist bekanntlich nicht besonders gut darin, wie 40 Jahre DDR nachhaltig bewiesen haben.
(Zuruf von der LINKEN: Ach Gott!)
Der Staat darf in der Wirtschaft nicht Partei ergreifen; denn die Unterstützung eines Unternehmens bedeutet gleichzeitig eben auch die Benachteiligung eines konkurrierenden, häufig sogar kleineren – weil nicht systemrelevanten – Marktbegleiters.
Und ich darf – Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis – Ludwig Erhard zitieren:
Ebenso wie beim Fußballspiel der Schiedsrichter nicht mitspielen darf, hat auch der Staat nicht mitzuspielen. Die Grundlage aller Marktwirtschaft bleibt die Freiheit des Wettbewerbs.
(Beifall bei der AfD)
Der Staat darf den Wettbewerb nicht beeinflussen. Er muss die Voraussetzungen für Wettbewerb gewährleisten. Wir brauchen, Herr Houben, im Grunde keine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft. Wir müssen sie wiederfinden, mit einem starken Staat, der, Herr Altmaier, ausschließlich seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge nachkommt. „ Vorfahrt für die Marktwirtschaft“ heißt eben vor allem, den Marktplatz neu zu pflastern. Ein staufreies Straßennetz, ein deutlich verzweigteres Schienennetz und ein lückenloses digitales Breitbandnetz, ein im wahrsten Sinne des Wortes flächendeckendes Mobilfunknetz, das sind staatliche Aufgaben.
Wir teilen zwar nicht alle Vorschläge der FDP-Fraktion. Jedoch kommt es derzeit vor allem darauf an, die Regierung davon abzuhalten, Krisen selber herbeizuführen, um hinterher als strahlender Retter aufzutreten. Der vorliegende FDP-Antrag würde dazu beitragen, der Regierung diesen Weg zu erschweren, und deshalb werden wir diesen Antrag unterstützen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD – Jan Korte [DIE LINKE]: Da weiß man Bescheid! Neoliberale Einheitsfront! – Weitere Zurufe)
Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Bernd Westphal, SPD.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7468938 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Marktwirtschaft - Einführung einer Beteiligungsbremse |