10.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 173 / Tagesordnungspunkt 10

Michael GerdesSPD - Arbeitsschutzkontrollgesetz

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben hier im Plenum bereits im Mai und Anfang Juni über die Fleischindustrie diskutiert – und das nicht nur vor dem Hintergrund der Coronaausbrüche in Schlachthöfen. Corona hat die ganze Situation noch mal ins Licht gesetzt.

Ich als Gewerkschafter, aber auch als Verbraucher bleibe bei der Erkenntnis: Es hat sich ein krankmachendes, unwürdiges System entwickelt, bei dem der Profit über die Ausbeutung von Mensch und Tier generiert wird, mit teilweise mafiösen Strukturen. Das kann und darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, im Übrigen sehen das die meisten Menschen draußen ebenso.

Die Inhalte des Entwurfs zum Arbeitsschutzkontrollgesetz wurden von meinen Kolleginnen und Kollegen hier bereits zitiert. Insofern gehe ich nicht mehr auf jede Einzelheit ein. Betonen möchte ich aber, dass wir mit dem Verbot von Leiharbeit und von Werkverträgen im Kerngeschäft der Schlachtbetriebe ein scharfes Schwert ziehen. Diese deutliche Sprache tut not, und Taten werden folgen, werden folgen müssen.

Man kann festhalten, dass die Fleischindustrie aktuell ihre schwerste Krise erlebt. Ja, die Coronapandemie hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Das politische und öffentliche Vertrauen ist endgültig verspielt, zumal die Probleme und Verfehlungen einzelner Betriebe nicht länger im Verborgenen bleiben. Wir mussten Teile der Bevölkerung, genauer gesagt: die Menschen in den Kreisen Gütersloh und Warendorf, zur Sicherheit in den Lockdown schicken. Die Nachbarn der Fleischindustrie befanden sich quasi in Geiselhaft.

Wir sehen, dass die Selbstverpflichtungen und die freiwilligen Schutzmaßnahmen in weiten Teilen der Schlachthöfe nicht helfen. Vertrauen ist grundsätzlich gut; ohne bessere und häufigere staatliche Kontrollen scheint es aber nicht zu gehen, sonst hätte es so ein perfides System nicht geben können; es hätte nicht so gedeihen können. Die Einführung einer Mindestbesichtigungsquote, also die Möglichkeit, Betriebe mit hohem Gefährdungspotenzial schwerpunktmäßig zu kontrollieren, halte ich für richtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir rühmen uns in Deutschland gerne hoher Standards, wenn es um den technischen Arbeitsschutz geht, und verzeichnen immer weniger Arbeitsunfälle. Wir müssen ergründen, warum es ausgerechnet in den Schlachthöfen so viele Coronainfizierte gibt – übrigens nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa und auch in den USA.

Sind es die unzureichenden Sammelunterkünfte? Ist es die hohe körperliche Anstrengung? Sind es die Verstöße gegen Mindestabstände oder die fehlende Schutzkleidung? Oder brauchen wir gar neue Standards, etwa bei den Belüftungs- und Klimaanlagen? Enge, Kälte, Feuchtigkeit sind eine scheinbar explosive Mischung. Wir brauchen hier mehr Erkenntnisse, um technische Lösungen zu finden. Die ersten Infizierten bei den Fleischproduzenten gab es bereits Anfang April. Hat die Branche ihre Hygienekonzepte seitdem angepasst und für mehr Sicherheit gesorgt?

So oder so: Arbeitgeber haben den Arbeits- und Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeiter sicherzustellen; aus dieser Pflicht entlassen wir die Unternehmer nicht. Ich bin froh, dass wir nun mit Hochdruck gesetzlich gegen die unhaltbaren Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche ankämpfen. Die Zeit ist reif. Minister Hubertus Heil hat einen sehr guten Gesetzentwurf vorgelegt. Stimmen Sie zu – zum Wohl der Beschäftigten in der Fleischindustrie! Ich freue mich auf die weiteren konstruktiven Beratungen. Das Gesetz braucht eine große Basis.

Herzlichen Dank. Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Michael Gerdes. – Jetzt kommt ein Teil Bayerns – ein Teil!

Letzter Redner in der Debatte: Max Straubinger für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7468970
Wahlperiode 19
Sitzung 173
Tagesordnungspunkt Arbeitsschutzkontrollgesetz
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