10.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 173 / Tagesordnungspunkt 11

Martin ReichardtAfD - Ganztagsbildung im Grundschulalter

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden ja heute über den Antrag der Grünen, „Zeit für mehr – Recht auf gute Ganztagsbildung im Grundschulalter umsetzen“. In einer Zeit, in der das Kindeswohl, die Rechte von Eltern und Kindern aufgrund der Panikrhetorik der Regierung mit Füßen getreten werden, fällt es mir schwer, über einen Antrag zu sprechen, in dem „Recht“ und „Kinder“ in einem Atemzug genannt werden.

(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Einfach lassen und wieder hinsetzen!)

In Deutschland müssen Kinder stundenlang mit Maske im Unterricht sitzen, auf dem Schulweg und auf dem Pausenhof eine Maske tragen.

(Sönke Rix [SPD]: Wo müssen die denn im Unterricht mit Maske sitzen? – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An welchen Schulen?)

Kinder werden in Schulen und Kindergärten mit Kaninchenzäunen und teilweise Absperrband daran gehindert, mit Freunden zu toben. Das sind alles reale Bilder. Politiker, Medien und Lehrer schüren hierbei leider oft die Urangst um das eigene Leben und um das Leben von Angehörigen.

(Sönke Rix [SPD]: Sie verbreiten Unwahrheiten!)

– Nein, die verbreite ich nicht.

Damit Eltern, Lehrer und alle Menschen in Deutschland wissen, wie diese Regierung mit unseren Kindern umgeht, zitiere ich mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Strategiepapier des Innenministeriums, wie wir mit Covid-19 umgehen und es unter Kontrolle bekommen. Zitat:

Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:

Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z. B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt

– haben sie das Gefühl –,

Schuld daran zu sein, weil sie z. B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen …

(Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Kinder leben täglich mit solcher Rhetorik. Sie leben in Angst, ihr Leben ist davon geprägt, dass sie als Kinder eine Gefahr für sich und andere sind. Was das mit Kindern macht, kann sich jeder vorstellen.

(Beifall bei der AfD)

Herr Reichardt, gestatten Sie eine Zwischenfrage vonseiten der Grünen?

Nein. – Dabei kommt mir ein alter Liedtext in den Sinn:

Sind so kleine Seelen, offen und ganz freiDarf man niemals quälen, gehʼn kaputt dabei

(Zurufe von der SPD)

Die weitreichenden Folgen der Coronamaßnahmen für Kinder sind schon heute offensichtlich und werden als Kollateralschaden hingenommen. Es wird Zeit, dass dieses Hohe Haus aufsteht, aufsteht für unsere Kinder; denn es kann nicht sein, dass die am wenigsten gefährdete Gruppe das höchste Sonderopfer in dieser Gesellschaft zu tragen hat.

(Beifall bei der AfD – Sönke Rix [SPD]: Sie verbreiten Unwahrheiten!)

Ich komme jetzt zum Antrag. Ich selbst bin Vater von drei Kindern. Mein kleiner Sohn geht in eine Grundschule mit Nachmittagsbetreuung. Meine Frau und ich sind tatsächlich auch froh – gelegentlich –, dass unser Sohn dort mit Freunden nachmittags spielen kann.

(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Aber nur „gelegentlich“!)

Die AfD steht daher dem Ausbau der Ganztagsbetreuung in Grundschulen offen gegenüber. Wir lehnen aber eine Überhöhung zum bildungspolitischen Allheilmittel entschieden ab.

(Beifall bei der AfD)

Die Bundesregierung strebt einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen ab 2025 an; wir haben es gerade gehört. Die Grünen fordern in ihrem Antrag gar das Recht auf eine gute Ganztagsbildung.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denn sonst?)

Beide Vorhaben sind letzten Endes Augenwischerei und unseriös; denn sie werden schon vor dem Hintergrund des heute bereits bekannten Personalmangels scheitern müssen. Das weiß bereits heute jeder.

Die Grünen behaupten außerdem in ihrem Antrag – und das wurde hier auch in der Rede ausgeführt –, dass Ganztagsangebote grundsätzlich einen positiven Einfluss auf die psychosoziale Entwicklung von Kindern haben und die Bildungsgerechtigkeit erhöhen. Das ist ein Märchen.

(Beifall bei der AfD)

Die Wahrheit belegt die bundesweite StEG, die Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen: Für Jugendliche aus problematischen sozialen Verhältnissen oder mit Migrationshintergrund lässt sich über vier Jahre hinweg kein Effekt der reinen Ganztagsschulteilnahme auf ihre Schulleistungen nachweisen. Auch haben die Forscher festgestellt, dass sich trotz zusätzlicher Leseangebote an Ganztagsschulen die Lesekompetenz von Grundschülern nicht verbessert; so viel zur Bildungsgerechtigkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Sie fordern weiterhin Milliarden für die Fremdbetreuung von Kindern, weil Sie das Original, nämlich die traditionelle Familie, unterminieren und ablehnen. Als Begründung dient dann immer diese Floskel von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Außerhalb des politisch korrekten Sprachgebrauchs ist das eigentlich nichts anders als die permanente Forderung, dass junge Eltern möglichst schnell wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen sollen.

(Leni Breymaier [SPD]: Wollen!)

All diese Projekte werden am Personalmangel scheitern. Kindergärten und Ganztagsschulen werden aufgrund dieses Mangels dann zu Parkplätzen für Kinder, und das wird dann hier als gute Bildung verkauft. Das ist einfach nicht richtig.

(Beifall bei der AfD – Gabriele Katzmarek [SPD]: Unglaublich!)

In diesem Hause wird viel über Kinderrechte und Kindeswohl gesprochen. Schauen wir uns aber an, was sich Kinder wünschen: Ihr größter Wunsch ist mehr Zeit mit Freunden und Familie. Die Hälfte der Kinder empfindet laut einer Umfrage des LBS-Kinderbarometers die Zeit in der Schule als zu lang. Kinder in Ganztagsschulen leben einen Erwachsenenrhythmus mit Schichten von 8 bis 16 Uhr. Kindsein bedeutet aber, Freizeit zu haben gemeinsam mit Freunden, die man sich selber aussucht, und das nicht unter der von Ihnen gewünschten sozialpädagogischen Daueranleitung. Die haben Sie nicht gebraucht, die habe ich nicht gebraucht, die brauchen Kinder generell nicht.

(Beifall bei der AfD)

Der Wunsch der Kinder deckt sich übrigens mit den Wünschen von Eltern. Umfragen zeigen, dass sich drei Viertel aller Eltern folgendes Modell wünschen: Ein Elternteil arbeitet in Vollzeit, eines in Teilzeit. Die Shell-Jugendstudie zeigt darüber hinaus, dass sich junge Menschen mehrheitlich wünschen, dass in den ersten Lebensjahren des Kindes ein Alleinverdienermodell vorherrscht; wobei – da müssen Sie von links jetzt ganz stark sein – der Mann hauptsächlich berufstätig und die Frau überwiegend zu Hause sein soll.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Studien zitieren Sie denn?)

– Das sind die Aussagen der Shell-Studie. Die AfD ist insofern die einzige Partei, die sich für eine echte Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung einsetzt. Das ist Fakt.

(Beifall bei der AfD)

Anstatt immer mehr in Fremdbetreuung zu investieren, muss eine Grundlage dafür geschaffen werden, dass besonders junge Eltern nicht mehr zur Arbeit und damit zur Fremdbetreuung aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sind, sondern frei wählen können. Der lockdownbedingte Ausfall der staatlichen Betreuung hat übrigens gezeigt, wie schnell das seit Jahrzehnten geförderte Fremdbetreuungsmodell zu einer Falle für Familien werden kann.

Der Lockdown hat übrigens auch gezeigt, wie schnell diese Regierung und dieser Staat die Familien im Stich lässt. Nur die AfD setzt sich dafür ein, dass sich Familien aus der linksideologischen Bevormundung durch den Staat befreien können. Dafür stehen wir.

(Beifall bei der AfD)

Zum Abschluss: Wir stehen für die Rechte von Eltern und Kindern, und – um noch einmal auf den Eingangsteil meiner Rede einzugehen – wir stehen für eine Kindheit ohne Maske und Abstand.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht für die Fraktion der SPD die Kollegin Ulrike Bahr.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7468978
Wahlperiode 19
Sitzung 173
Tagesordnungspunkt Ganztagsbildung im Grundschulalter
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