Birke Bull-BischoffDIE LINKE - Ganztagsbildung im Grundschulalter
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganztagsbildung ist – genau wie im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen beschrieben – moderne, ganzheitliche Bildung für alle Schülerinnen und Schüler. Es ist erst in zweiter Hinsicht auch eine gute Sache für Frauen und Männer, die Eltern sind – keine Frage – und die Beruf, Familie und Ehrenamt vereinbaren möchten. Es geht darum, Bildung in ganz unterschiedlichen Settings möglich zu machen: in Arbeitsgemeinschaften, in der Gruppe, als Projekt. Es geht darum, den Interessen von Schülerinnen und Schülern zu folgen, anstatt nach einem engen Plan zu arbeiten. Es geht darum, fächerübergreifend zu arbeiten und eben nicht im 45-Minuten-Abstand die Fächer zu wechseln. Es geht um demokratische Mitbestimmung, gemeinsam über Themen zu entscheiden. Es geht um die Perspektive von Kindern und Jugendlichen; da schwächelt Ihr Antrag ein wenig. Es geht darum, Praxis zu erkunden: Wie macht das ein Handwerker? Wie funktioniert Wissenschaft? Wie machen das Journalistinnen und Journalisten? Es geht darum, auf Bildung im Gleichschritt zu verzichten, Flexibilität zu ermöglichen, Praxis in Schule stattfinden zu lassen.
Ich will ganz klar sagen: Ganztagsbildung ist keine Benachteiligtenförderung in Brennpunktschulen, sondern es ist gute Bildung für alle.
(Beifall bei der LINKEN)
Ja, sie kann Schülerinnen und Schülern in schwierigen Lebensumständen helfen, zu kompensieren, keine Frage.
Meine Damen und Herren, lange hat es gedauert – ich muss noch einmal ein wenig sticheln –, bis diese Form der modernen Bildung auch in der Vorstellungskraft der Konservativen vorkam, bis es eben kein Teufelszeug mehr war. Rechtsaußen ist da eher unerheblich für die übergroße Mehrheit in unserem Land. Aber der Fortschritt in dieser Frage ist hierzulande eine Schnecke. Meine Damen und Herren, woran liegt es? Ich habe vorgestern eine erfolgreiche Schulleiterin einer Ganztagsschule gefragt, welche Steine sie auf dem Weg vorfindet. Meine Damen und Herren, es sind die üblichen Verdächtigen: zu wenige Lehrkräfte für Ganztagsbildung. Gerade in Sachsen-Anhalt steuern wir zielgenau auf eine Katastrophe zu. Es fehlen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, es fehlen Psychologen, es fehlen Expertinnen und Experten aus anderen Bereichen. Es geht ja nicht um ein Dorf voller Lehrerinnen und Lehrer, sondern um multiprofessionelle Teams. Es fehlt Geld bei Schulträgern, für Honorare, für Material, für Ausrüstung, und es fehlt auch an guten Schulgebäuden. Wir haben zu viele Schulgebäude, die nicht wirklich Lust machen, dort den ganzen Tag zu verbringen.
Sie haben in den letzten Monaten so viel Geld ausgegeben für alles Mögliche, für viel Nützliches, aber auch für absurde Sachen, so zum Beispiel 10 Milliarden Euro – das sind 10 000 Millionen Euro – für ein Konjunkturpaket für die Rüstungsindustrie, meine Damen und Herren. Bildung ist dagegen nach wie vor auf Sparflamme unterwegs. Das Bildungsministerium muss man permanent zum Jagen tragen. Geld fließt nicht ab. Jetzt ist etwas Geld da. Es fehlt Qualität, es fehlt Personal. Meine Damen und Herren, so wird das nichts mit der Bildungsrepublik Deutschland. Der Antrag der Grünen trifft durchaus viele, wenn auch nicht alle Nägel auf den Kopf und geht in die richtige Richtung. Wir sind freudig gestimmt.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Maik Beermann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7468981 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Ganztagsbildung im Grundschulalter |