10.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 173 / Tagesordnungspunkt 19

Sylvia LehmannSPD - Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU

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Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauende! Der vorliegende Regierungsentwurf belegt, wie schnell gesetzliche Rahmenbedingungen angepasst werden können, wenn beispielsweise infolge des Brexits aufgrund der mit Jahresende auslaufenden Übergangsfrist die Zeit brennt. Der Regierungsentwurf belegt aber auch, wie lange sich ein Vorgang hinziehen kann – wie hier eine adäquate Umsetzung der EU-Freizügigkeitsrichtlinie, welche den Nachzug bestimmter nahestehender Personen regelt.

Zügig – was ich selbstverständlich begrüße – wurden BAföG-Regelungen angepasst. Auch 2021 können Studierende aus Deutschland ein zuvor im Vereinigten Königreich begonnenes Studium noch geregelt abschließen. Heute in Deutschland lebende Britinnen und Briten erhalten nach Ablauf der Übergangsfrist unbürokratisch einen Aufenthaltstitel.

Mit dem über Jahre anhängigen Vertragsverletzungsverfahren stehe ich bescheiden und demütig vor Ihnen, ist doch die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union eine der wichtigsten Errungenschaften des europäischen Einigungsprozesses und einer der sichtbarsten Vorzüge für die Bürgerinnen und Bürger. Es ist gut und richtig, die Kritik der EU-Kommission endlich aufzugreifen und die Einreise sowie den Aufenthalt von Lebenspartnerinnen und ‑partnern und weiteren Familienangehörigen von Unionsbürgerinnen und ‑bürgern zu erleichtern. Zukünftig soll die Antragstellung auch nahestehenden Personen ermöglicht und nicht allein auf den Verwandtschaftsgrad abgestellt werden. Die Entscheidung fällt auf Basis von individuellen Prüfungen der Gesamtumstände.

Ein Erfolg ist, dass das Anpassungsgesetz den unionsrechtlichen Vorgaben einer Erleichterung entspricht. Leicht machen es die restriktiven Bedingungen für eine Antragstellung auf Einreise und Aufenthalt den Antragstellenden jedoch nicht, was einzelne migrationspolitische Verbände wie zum Beispiel „Der Paritätische“ kritisieren. Einige Kritikpunkte aus den zu diesem Anpassungsgesetz vorliegenden Stellungnahmen sind im Gesetzentwurf bereits übernommen worden. Das sind beispielsweise die Aufnahme der Lebenspartnerinnen und ‑partner oder die Streichung der Voraussetzung einer besonderen Härte.

Hervorheben möchte ich die Stellungnahme des Bundesrates. Er fordert die Beibehaltung der fiktiven Prüfung des Aufenthaltsrechts bei der Beantragung von Sozialleistungen. Das scheint mir sozialpolitisch plausibel zu sein. Der Wegfall dieser Praxis würde dazu führen, dass viele Personen, die einen objektiven Aufenthaltsgrund erfüllen, von existenzsichernden Sozialleistungen ausgeschlossen würden. Natürlich ist mir bewusst: Freizügigkeit kann nur in vorgegebenen Strukturen mit klaren rechtlichen Normen umgesetzt werden.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion der Grünen?

Ich möchte zu Ende sprechen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dennoch sollten wir uns noch einmal fragen, ob wir wirklich wollen, dass diese europäisch verordnete Erleichterung in der strengstmöglichen aller Umsetzungen das Licht der Welt erblickt.

Mit der bereits beschriebenen Demut und Bescheidenheit danke ich Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner: der Kollege Konstantin Kuhle, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7469281
Wahlperiode 19
Sitzung 173
Tagesordnungspunkt Anpassung des Freizügigkeitsgesetzes/EU
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