11.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 174 / Zusatzpunkt 14

Torsten HerbstFDP - Beschleunigung von Investitionen

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer von Ihnen das Beispiel des Neubaus der Bundesstraße 178 in Ostsachsen kennt; meine sächsischen Kollegen kennen das vermutlich. Da reden wir unter anderem über einen Lückenschluss von 5 Kilometern, 5 Kilometer zwischen einer Autobahn und einem schon ausgebauten Abschnitt einer Bundesstraße, 5 Kilometer, auf die die Bürger seit 20 Jahren warten, und ihnen kann heute niemand sagen, wann die Bagger rollen. Meine Damen und Herren, das ist ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Jeder kennt, glaube ich, in seiner Region, in seinem Wahlkreis genau diese Beispiele, die nicht nur eine Frage der Verkehrspolitik oder der Wirtschaftsförderung oder der Lebensqualität in der Region sind. Nein, sie wecken Frust sowie Zweifel an der Handlungsfähigkeit des Staates. Deshalb ist Planungsbeschleunigung ein existenzielles Anliegen, dessen Umsetzung auch dazu führen wird, dass wieder Vertrauen in den Staat und in die Demokratie herrscht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wer in diesem Sommer so geschaut hat, was hier als Erfolg der Verkehrspolitik ausgeben wird, der wundert sich zum Teil. Schauen wir nach Berlin: Dort wurden die sogenannten Pop-up-Radwege, die jetzt vom Gericht kassiert wurden, als großer Erfolg gefeiert. Dort wird einfach mit einem Farbstrich ein Radweg geschaffen, und man sagt, das sei der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. – Das ist der Erfolg.

Wenn wir uns die letzten sieben Jahre angucken, stellen wir andererseits fest, dass wir es nicht einmal schaffen, pro Jahr 100 Kilometer Eisenbahnstrecke in Deutschland zu elektrifizieren. Meine Damen und Herren, das ist infrastrukturelle Selbstverzwergung der viertgrößten Wirtschaftsnation der Welt.

(Beifall bei der FDP)

Die Koalition ist jetzt aus ihrem Schlaf erwacht, hektisch geworden und legt den Entwurf eines vierten Planungsbeschleunigungsgesetzes vor. Wir werden dem auch zustimmen, so wie wir das in der Vergangenheit gemacht haben, selbst wenn er aus unserer Sicht nicht weit genug geht und viel zu spät kommt.

Ich meine, die CSU stellt seit 2009 den Verkehrsminister. Hätte man beispielsweise in der letzten Legislaturperiode die Gesetze vorgelegt, hätten sie jetzt bereits Wirkung gezeigt. Deshalb bedauern wir, dass Sie hier nicht weit genug gehen und dass Sie sich auch gegenüber dem Umweltministerium nicht durchgesetzt haben. Ich denke da etwa an die Stichtagsregelung für Einsprüche von Umweltverbänden, an die Streichung von Doppelprüfungen und an die Präklusionsregelung zur Entlastung der Gerichte. All das hätten wir uns gewünscht.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir reden hier viel über Schiene, und das ist auch uns wichtig. Auch wir glauben, dass der Ausbau der Schieneninfrastruktur Impulse für dieses Land geben kann, aber wir dürfen dabei die Straße nicht aus den Augen verlieren. Zwischen 2012 und 2018 hatten wir auf unseren Autobahnen 300 Prozent mehr Staukilometer. Auch in diesem Bereich müssen wir etwas tun. Wir legen einen eigenen Entwurf eines Bundesfernstraßen-Baubeschleunigungsgesetzes vor, um auch bei Autobahnen und Bundesstraßen zu mehr Tempo zu kommen.

Wir wollen bei ausgewählten Projekten von nationaler Bedeutung als Bundestag selbst Bauherr werden – weg von dem reinen Verwaltungsakt hin zu einer politischen Entscheidung, das Ganze verbunden mit einer umfassenden frühen Bürgerbeteiligung –, weil auch wir glauben, dass nur durch die Einbeziehung der Bürger Konflikte befriedet werden können und langwierige rechtliche Auseinandersetzungen vermieden werden.

(Beifall bei der FDP)

Nun sagen gerade einige von den Grünen: Das geht alles nicht, das können wir alles nicht machen. Da empfehle ich mal den Blick nach Dänemark. Die dänischen Kollegen zeigen mit großen Infrastrukturvorhaben – Stichwort: Fehmarnbeltquerung –, wie es gelingt, in wenigen Jahren als Parlament dafür zu sorgen, dass die Bagger rollen können.

(Zuruf des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das brauchen wir auch in Deutschland, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wir feiern in diesem Jahr 30 Jahre deutsche Einheit. Sie kennen vielleicht die berühmten Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, 1991 beschlossen; da ist wirklich viel passiert, und wir können stolz darauf sein. Aber es gibt immer noch Projekte, die bis heute nicht fertig sind. Denken Sie an die A 44 zwischen Kassel und Eisenach: Da feiern wir bald 30 Jahre Nichtfertigstellung. Meine Damen und Herren, das ist eines Landes unserer Leistungsfähigkeit nicht würdig.

(Timon Gremmels [SPD]: Zehn Jahre FDP Wirtschaftsministerium! Was haben Sie denn gemacht? Die FDP hat auch mal Verantwortung gehabt! Doppelmoral!)

Das kann nicht sein, das schafft Frust bei den Bürgern vor Ort.

Ich glaube, die Beschleunigung ist dringend notwendig. Wir müssen hier ganz neue Wege gehen, und zwar nicht nur Trippelschritte, sondern Sprünge. Das wollen wir als Freie Demokraten. Wir unterstützen die Koalition aber auch, wenn sie Trippelschritte geht; besser Trippelschritte als keine Schritte, meine Damen und Herren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Timon Gremmels [SPD]: Schönen Gruß an Herrn Posch!)

Sabine Leidig, Die Linke, hat als Nächste das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7469340
Wahlperiode 19
Sitzung 174
Tagesordnungspunkt Beschleunigung von Investitionen
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