Thomas LutzeDIE LINKE - Verkehrspolitik
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die sogenannte AfD schreibt in ihrem Antrag zur Gleichsetzung von Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb gleich zu Beginn – ich zitiere –:
Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für einen maßgeblichen Einfluss auf das Weltklima durch vom Menschen verursachte CO
(Zuruf von der AfD: Ja!)
Die angeblichen Beeinträchtigungen beruhen auf unbelegten, hypothetischen Annahmen.
(Beifall bei der AfD)
Sorry! Wer im Jahr 2020 so einen Unsinn zu einer Bundestagsdrucksache macht, der streitet wahrscheinlich auch ab, dass Autos vier Räder haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Karsten Hilse [AfD] – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Zu früh geklatscht!)
Vor diesem Hintergrund macht es überhaupt keinen Sinn, sich mit den weiteren Positionen Ihrer Fraktion ernsthaft auseinanderzusetzen. Für Sie ist die Erde eine Scheibe. Dass das alle normalen Menschen irgendwie anders sehen, ist Ihnen egal. So was ist peinlich hoch zehn.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zum Thema. Wir brauchen eine Verkehrswende weg vom motorisierten Individualverkehr hin zu einem flächendeckenden und attraktiven öffentlichen Verkehr.
(Beifall bei der LINKEN)
Alle Bemühungen, Autos umweltfreundlich umzurüsten, indem man auf E‑Motoren oder Wasserstoff setzt, sind derzeit keine echten Mobilitätslösungen. Gerade beim Wasserstoff ist der Stand der Technik der, dass eher große Anlagen für Wasserstoff einen besseren Nutzungsgrad haben als zum Beispiel kleinere in Automobilen.
(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Deshalb bauen wir ja große!)
Wasserstoff muss aufwendig mit viel Energie hergestellt werden. Will man es richtig machen, muss man diesen Wasserstoff aus regenerativen Energien herstellen; Stichwort „Grüner Wasserstoff“. Dieser ist aber unbegrenzt noch nicht verfügbar. Man kann also nur so viel verwenden, wie auch tatsächlich hergestellt wird. Für den Grünen Wasserstoff wäre die Schwerindustrie, die energieintensiv ist, ein viel wichtigerer Abnehmer als der automobile Straßenverkehr.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn es eine sozialökologische Verkehrswende gibt, werden mit Sicherheit Automobile nicht mehr das dominierende Verkehrsmittel sein.
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Aha!)
Wir müssen weg vom Auto, das im Durchschnitt gerade mal eine Stunde am Tag benutzt wird und den Rest des Tages irgendwo rumsteht. Autos sind im Durchschnitt 1,5 Tonnen schwer, transportieren aber gerade mal 1,3 Personen. Besonders effektiv ist das nicht. Wir brauchen also mehr Förderung für Carsharing, für Leihautos und für Taxis, und dann gern auch mit Elektroantrieb oder von mir aus mit Wasserstoff.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als Zweites thematisiert die sogenannte AfD den alltäglichen Baustellenwahnsinn auf deutschen Autobahnen. Ja, es ist nervend, wenn man zum Beispiel die 200 Kilometer von Frankfurt nach Saarbrücken fährt und dabei gefühlt 23 Baustellen passieren muss. Doch auch hier blendet die Höcke-Partei die Ursachen vollständig aus.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Franziska Gminder [AfD]: Was für eine Partei? – Enrico Komning [AfD]: Was für eine Partei? Höcke-Partei?)
Autobahnen, besonders die teuren Autobahnbrücken, gehen bekanntlich nicht von allein kaputt. Es ist der Schwerlastverkehr, der den Bauwerken hart zusetzt. Ein 40-Tonner belastet eine Brücke bezüglich des Verschleißes rund 15 000-mal mehr als ein normales Auto. Auch hier brauchen wir eine Verkehrswende.
(Beifall bei der LINKEN)
Der Güter- und Schwerlastverkehr muss wieder auf die Schiene. In den 80er- und 90er-Jahren wurde die Schieneninfrastruktur aber drastisch zurückgebaut. Damals hatte noch fast jedes Unternehmen einen eigenen Gleisanschluss. Versuchen Sie heute mal als ökologisch engagierter Unternehmer, Ihre Waren auf der Schiene zu transportieren. Viel Spaß zu wünschen, wäre dabei fast schon sarkastisch.
Richtig aber: Wenn man mit dem Auto unterwegs ist, hat man manchmal den Eindruck, dass auf vielen Baustellen nichts passiert oder eine neue Baustelle eingerichtet wird, bevor eine andere fertig ist. Auch hier könnten sich die Abgeordneten von rechts außen mal ansehen, was die zuständigen Landesämter dazu sagen. Aber so eine Information holen Sie sich nicht. Sie haben als Datenquelle offensichtlich lediglich die „Bild“-Zeitung, und dann kommen solche Anträge dabei raus.
(Thomas Ehrhorn [AfD]: Die Quellen sind alle angegeben! Können Sie mal nachlesen!)
Fakt ist: Die Behörden und die Unternehmen vor Ort unternehmen alles Mögliche, um Unannehmlichkeiten so gering wie möglich zu halten. Kurzbaustellen eröffnen zum Beispiel Freitagabend und sind Montagfrüh wieder frei. Hier arbeiten Kolleginnen und Kollegen am Wochenende, die dann nicht bei ihren Familien sind. Ich habe Respekt vor diesen Menschen, die im Regen, im Schnee oder bei brütender Hitze ihren Job machen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Anzahl der längeren Baustellen wird eher zunehmen. Gerade der Ersatz und die Instandsetzung von Brücken sind sehr teuer und nicht in 14 Tagen erledigt. Und wenn Sie eine Autobahnbrücke sperren müssen, weil sie baufällig und damit gefährlich ist, dann nützt auch kein Gesetz. Sicherheit geht vor, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall bei der LINKEN)
Als Linksfraktion wollen wir auf neue Straßenbauprojekte verzichten. Stattdessen muss die Infrastruktur auf der Schiene ausgebaut werden, und dies vor allem in der Fläche. Realität ist aber, dass in Deutschland noch immer mehr Straßen neu gebaut werden als Schienenwege. Aktuell haben wir einen Rekord bei den Pkw-Zulassungszahlen. Autobahnen sind eine rollende Lagerhalle für Lkws. Wenn dieser verkehrspolitische Wahnsinn nicht bald umgekehrt wird, erreichen wir auch keine Klimaziele.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Das Geld, das in teure Autobahnen fließt, sollte besser im sozialen Wohnungsbau oder im Ausbau der digitalen Infrastruktur angelegt werden.
Vielen Dank und ein herzliches Glückauf!
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Stephan Kühn, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7469358 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 174 |
Tagesordnungspunkt | Verkehrspolitik |