Ulrike BahrSPD - Berufliche Bildung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Deutschlands duales Bildungssystem ist top. Das wissen nicht nur wir, sondern auch alle, die am Dienstag die „Tagesschau“ geschaut haben. Dort wurden die Ergebnisse der neuesten OECD-Studie präsentiert, die Deutschland gute Noten für die Ausgestaltung der beruflichen Bildung attestiert.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Im Vergleich!)
Ich habe in der Sommerpause viele Unternehmen besucht. Vor allem von den kleineren Betrieben wurde mir aber auch berichtet, dass es immer schwerer fällt, Nachwuchs zu finden. Corona verschärft natürlich die Situation. All diese Gespräche decken sich mit den Ergebnissen des Berufsbildungsberichts. 70 Prozent der Jugendlichen machen die Wahl einer Ausbildung von den künftigen Berufschancen abhängig. Das heißt im Umkehrschluss nichts anderes, als dass wir abwechslungsreiche Anschlussqualifizierungen und damit Perspektiven für die jungen Menschen schaffen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das gilt insbesondere für diejenigen Berufe, die vielleicht nicht so gefragt sind wie der Kfz-Mechatroniker oder die Kauffrau für Büromanagement. Da müssen wir hin.
Mit dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz haben wir zu Beginn des Jahres schon einen guten Schritt in diese Richtung gemacht. Das gilt vor allem für die finanzielle Unterstützung einer individuellen Weiterbildung. Das neue Aufstiegs-BAföG ist seit dem 1. August in Kraft und wird seinen Teil beitragen, auch die berufliche Erstausbildung attraktiver zu machen; denn es schafft eben diese von den Jungen erwarteten Aufstiegs- und Zukunftsperspektiven.
Trotzdem gibt es das Problem mit dem Spagat zwischen den Aus- und Weiterbildungen nach dem BBiG oder der Handwerksordnung und den meist landesrechtlich geregelten Sozial- und Gesundheitsberufen. Noch gestern habe ich hier im Plenum zur Ausgestaltung des vereinbarten Rechtsanspruchs auf eine Ganztagsbetreuung gesprochen. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Ein Rechtsanspruch bedeutet, dass es gute Qualitätskriterien dafür geben muss. Für mich gehört dazu immer auch ein guter Fachkräfteschlüssel. Und da haben wir enormen Nachholbedarf. Trotzdem bleiben sozialpädagogische Ausbildungswege unübersichtlich.
Und es ist ein Unding, dass die außerhalb des BBiG und der Handwerksordnung geregelten Berufsausbildungen keine konkreten Laufbahnen vorgeben, was aber wichtig wäre für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger und Studierende.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Insofern stimme ich meiner Kollegin Yasmin Fahimi vollkommen zu. Wir sollten darüber nachdenken, ob es nicht zielführender ist, ebendiese Ausbildungsberufe in ein neues Bundesberufegesetz zu überführen, in dem es klare und überall gleichermaßen geltende Regelungen für alle gibt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Dann können Sie ja unserem Antrag zustimmen!)
– Der ist nicht schlecht. – Denn das würde nicht nur Ordnung und Übersichtlichkeit schaffen, sondern auch Frauen stärken, die drei Viertel aller Berufsanfängerinnen in den Bereichen Gesundheit, Erziehung und Soziales ausmachen. Damit bringen sie sprichwörtlich positive Trends in den an einigen Stellen negativ ausfallenden Bildungsbericht.
Am Dienstag war der Weltalphabetisierungstag. Und die SPD-Fraktion hat aus diesem Anlass ein Fachgespräch durchgeführt. Darin wurde deutlich, dass die Problemlagen funktionaler Analphabeten im Bildungsbereich zu wenig berücksichtigt werden. Wir haben gerade erst den Rechtsanspruch auf das Nachholen eines Berufsabschlusses verankert. Gut so! Dazu muss man aber auch in der Lage sein. Doch wer bereits die Schule ohne Abschluss verlässt, weist häufiger geringere Lese- und Schreibkompetenzen auf; und das hat Auswirkungen auf die Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche. Mehr Brückenangebote und Sensibilisierungen an den Schulen, Berufsschulen und Betrieben könnten Abhilfe schaffen. Doch das passiert zu selten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Astrid Mannes [CDU/CSU])
Es leben weiterhin 6,2 Millionen Menschen in Deutschland, die nicht richtig lesen und schreiben können. Dieser Realität muss der Berufsbildungsbericht künftig ebenfalls Rechnung tragen. Das Problem fehlender Grundbildung und geringer Literalität sollte daher besser dargestellt, und die Auswirkungen auf das Bildungsgeschehen sollten dokumentiert werden.
Ihre Redezeit ist vorbei.
Daraus ließen sich dann auch gute Hilfsangebote entwickeln. – Ich bin schon fertig.
Danke sehr.
(Beifall bei der SPD)
Danke schön, Ulrike Bahr. – Letzte Rednerin in dieser Debatte: Katrin Staffler für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7469384 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 174 |
Tagesordnungspunkt | Berufliche Bildung |