Christine Aschenberg-DugnusFDP - Apothekenrecht, Arzneimittelversorgung
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf ist leider mit heißer Nadel gestrickt worden, und was das Schlimmste ist: Nach unserer Auffassung ist er europarechtswidrig und kann sogar zu Schadensersatzforderungen gegen Deutschland führen. Da hört es für uns auf. Das machen wir nicht mit.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie wollen die sogenannte Gleichpreisigkeit statt über das Arzneimittelgesetz über das Sozialgesetzbuch V regeln. Das bedeutet, ausländische Versandapotheken sollen über das Sozialgesetzbuch der deutschen Preisbindung unterworfen werden. Das ist doch – das muss ich so deutlich sagen – ein Taschenspielertrick, der dazu dient, die EuGH-Rechtsprechung – die Kollegin hat es schon angesprochen – aus dem Jahr 2006 zu umgehen. Die Bundesregierung wurde diesbezüglich schon mehrfach von der EU ermahnt.
(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)
Sie sah sich einem Vertragsverletzungsverfahren ausgesetzt. Ich finde, es ist keine großartige Leistung, die die Bundesregierung bisher gezeigt hat.
(Beifall bei der FDP)
Wir haben durch unsere Kleine Anfrage erfahren, dass zwischen August 2019 und Juli 2020 insgesamt neun Gespräche zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesregierung stattgefunden haben, allerdings ohne Ergebnis. Eine Einigung mit Brüssel, wie sie die Kollegen von der SPD so wie wir zu Recht einfordern, sieht anders aus und liegt leider nicht vor. Das SPD-geführte Justizministerium geht ebenfalls von einer Europarechtswidrigkeit des vorliegenden Gesetzentwurfes aus.
(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)
Ich sage es ganz deutlich: Der Gesetzentwurf basiert auf der falschen Annahme, die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln durch Vor-Ort-Apotheken sei durch die Bonigewährung durch den ausländischen Versandhandel gefährdet. Dafür gab und gibt es keinerlei Belege oder Anhaltspunkte. Im Gegenteil – ich kann das immer wieder nur bestätigen –: Die Patientinnen und Patienten sind da schon viel weiter. Im Qualitätswettbewerb zwischen der Offizinapotheke und dem ausländischen Versandhandel entscheiden sich die Patienten bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln trotz Boni weiterhin für ihre Vor-Ort-Apotheke, weil sie dort ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben. Der Marktanteil bei Versandapotheken liegt hier bei 1 Prozent.
(Beifall bei der FDP)
Insofern wäre ein Notifizierungsverfahren von Anfang an der richtige Weg gewesen, aber wahrscheinlich hatten Sie Angst vor dem Ergebnis.
Wir haben realisierbare Vorschläge unterbreitet, die ich noch einmal kurz nennen möchte: Wir haben uns für einen fairen Wettbewerb, also für gleich lange Spieße, eingesetzt und können uns einen schmalen Korridor bzw. Leitplanken für Boni vorstellen. Damit wäre dem EuGH-Urteil Rechnung getragen, und vor allen Dingen wäre unser inländischer Versandhandel nicht länger benachteiligt.
(Christian Dürr [FDP]: Richtig! So ist es!)
Wir finden gut, dass die Polypharmazieberatungen besser vergütet werden. Sie haben es angesprochen, Herr Minister: Die bessere Vergütung des Nacht- und Notdienstes war übrigens eine Erfindung eines FDP-Ministers, nur um das klarzustellen.
Meine Damen und Herren, wir als FDP-Fraktion haben erhebliche europarechtliche Bedenken gegenüber dem vorliegenden Gesetzentwurf. Ich kann meiner Kollegin Dittmar von der SPD nur zustimmen: Ein zweites Debakel wie bei der Maut dürfen wir uns beim Apothekengesetz nicht leisten. Ich freue mich auf die Anhörung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Petra Sitte für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7469409 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 174 |
Tagesordnungspunkt | Apothekenrecht, Arzneimittelversorgung |