17.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 176 / Zusatzpunkt 9

Jens BeeckFDP - Arbeit im Wandel

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Hochverehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 25. September, in wenigen Tagen, jährt sich zum fünften Mal die Verabschiedung der UN-Nachhaltigkeitsziele, die sich auch befassen mit dem Thema, dem wir uns in diesem Tagesordnungspunkt widmen, nämlich guter sozialer Arbeit – ein Ziel, das sich 193 Staaten mit uns für das Jahr 2030 gesetzt haben; 17 Ziele insgesamt.

Wir alle sind uns der Tatsache bewusst, dass die Besonderheiten in diesem Jahr mit der Coronakrise und anderem mehr weltweit die Erfüllung dieser Ziele deutlich erschwert haben. Trotzdem hat uns die Krise vieles gelehrt, und wir haben die Chance, aus diesen Lehren gestärkt hervorzugehen, indem wir darauf reagieren und in unserem Arbeitsmarkt die Dinge besser machen, die noch besser zu machen sind. Nur muss das am Ende funktionieren.

Die Coronapandemie hat ganz viele gebeutelt: Künstler, Familien, Kinder, Minijobber, ältere Menschen, die Gastronomie. In den Krankenhäusern hatten wir die Herausforderungen. Auch unsere Global Player und Hidden Champions stehen vor Herausforderungen, die wir im letzten Jahr noch nicht absehen konnten.

Deswegen mussten wir auch in der Arbeitswelt neue Wege finden, dieser Pandemie zu begegnen. Innerhalb kürzester Zeit sind Millionen von Menschen in Homeoffice-Arbeit geschickt worden. Analoge Arbeitsabläufe sind durch diverse digitale Kommunikationstools ersetzt worden. Wir haben die vorher nicht hinreichend angegangene digitale Transformation unserer Arbeitswelt im Schnelldurchlauf erlebt.

Wie reagieren? Herr Minister Heil, Sie haben auf Ihre künftigen Gesetzesvorhaben hingewiesen: Arbeitsschutzkontrollgesetz, Lieferkettengesetz. Sie reagieren mit immer noch mehr Bürokratie auf die Herausforderungen, die wir gemeinsam erkennen. Ich glaube zutiefst, dass es der falsche Weg sein kann, wenn man es nicht richtig macht. Wir haben in der letzten Woche das Arbeitsschutzkontrollgesetz hier diskutiert. Wir teilen die Ziele. Wir warten darauf, dass Sie nacharbeiten, um zu verhindern, dass nicht das genaue Gegenteil erreicht wird. Auch beim Lieferkettengesetz werden wir darauf achten müssen.

Wir teilen diese Ziele. Deswegen ist es umso wichtiger, dass die Ministerien und auch wir im Haus uns gemeinschaftlich guter Arbeit verpflichten, damit die Ziele mit unseren Initiativen erreicht werden können.

(Beifall bei der FDP)

Als konstruktive Serviceopposition

(Lachen der Abg. Leni Breymaier [SPD])

will ich Ihnen deswegen mit unserem Antrag zum inklusiven Arbeitsmarkt, den wir vorgelegt haben, neun ganz konkrete Punkte nennen. – Dazu ist aus dem Hause Heil, dem Hause meines sehr geschätzten niedersächsischen Kollegen in dieser Wahlperiode, außer den Reparaturgesetzen zum Bundesteilhabegesetz leider nichts gekommen. – In diesen Punkten teilen wir alle das Ziel eines offenen, inklusiven Arbeitsmarkts.

Dazu gibt es zum Teil schon Regelungen, die aber in der Praxis nicht funktionieren. Ich will als ein Beispiel die Anfrage bei den Integrationsämtern nennen: Man hat einen Arbeitsplatz und einen passsenden Menschen, und dann dauert es – das wissen Sie selbst – manchmal sechs, manchmal acht, manchmal vierzehn Wochen, bis man einen Bescheid hat. So lange kann das Unternehmen seinen Arbeitsplatz nicht unbesetzt lassen; deswegen ist er dann oft weg. Wir schlagen Ihnen vor, eine Genehmigungsfiktion von vier Wochen einzubauen. Vier Wochen reichen aus, um abzusehen, ob es keine Genehmigung geben kann. Wenn die Genehmigungsfiktion da ist, kann der Arbeitsplatz besetzt werden. Das ist gut für das Unternehmen; das ist gut für den Menschen mit Teilhabebeeinträchtigung, der diesen Arbeitsplatz bekommt. Die weiteren Verfahrensfragen, was konkret in welcher Höhe denn gefördert werden kann, lassen sich danach regeln. Nehmen Sie das Angebot an! Sorgen Sie für diese Genehmigungsfiktion! Verbessern Sie an dieser Stelle den Arbeitsmarkt!

(Beifall bei der FDP)

Ich will ein weiteres Beispiel ausdrücklich nennen: Das Budget für Arbeit ist ein großartiges Instrument in der Konstruktion, wie wir sie uns ausgedacht haben. Es ist bei allem, was wir über die Frage wissen, wie viele Budgets für Arbeit in Kraft sind, derzeit noch nicht mit der Durchschlagskraft versehen, die wir alle uns wünschen. Aber besonders unangenehm ist im Rahmen der Krise aufgefallen: Viele Arbeitgeber wollten eine Arbeitslosenversicherungspflicht auch für die Menschen, die das Budget für Arbeit in Anspruch nehmen. Sie haben freiwillig Versicherungsbeiträge gezahlt, einfach weil sie in ihrem Betrieb – bester inklusiver Gedanke – keinen Unterschied zwischen denen machen wollten, die mit Budget für Arbeit arbeiten wollten, und denen ohne Leistungen aus dem Budget für Arbeit. Nachdem man eingezahlt hat, hat man gedacht: Jetzt besteht in der Krise auch Anspruch auf Kurzarbeitergeld. – Die Reaktion der Bundesagentur für Arbeit war: Man überweist kommentarlos die eingezahlten Beiträge zurück, und die Anträge auf Kurzarbeitergeld und andere Sicherungsmechanismen aus den Versicherungssystemen sind nicht bewilligt worden. Hier fordern wir: Schaffen Sie eine Option dafür, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber freiwillig Arbeitslosenversicherungsbeiträge bezahlen können und in das Sozialversicherungssystem hineinkommen!

Übernehmen Sie die anderen sieben Punkte auch noch! Dann haben wir heute ganz konkret eine Verbesserung des inklusiven Arbeitsmarkts erreicht, und die Woche hatte einen Sinn. Wir fordern Sie auf: Nutzen Sie unsere Hilfe!

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall bei der FDP)

Viele Dank, Jens Beeck. – Nächste Rednerin: für Bündnis 90/Die Grünen Beate Müller-Gemmeke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7470514
Wahlperiode 19
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Arbeit im Wandel
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