Leni BreymaierSPD - Arbeit im Wandel
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch in Zeiten von Digitalisierung, Strukturwandel und Pandemie gibt es drei wesentliche Sachen, die Erwerbstätige mit ihrer Berufsarbeit verbinden: Sie wollen davon gut leben können. Sie wollen für die großen Lebensrisiken abgesichert sein, sprich: bei Krankheit, bei Erwerbslosigkeit und eben auch im Alter. Auch die nichtbezahlte Familienarbeit und das Ehrenamt müssen mit der Erwerbsarbeit kompatibel sein. – Es geht nie um Beruf und Familie. Das schaffen die Männer alle locker. Es geht immer um Beruf und Familienarbeit. Die wunderbare Käthe Leichter, eine Sozialwissenschaftlerin aus Österreich, hat schon vor 100 Jahren gesagt: „Für die Frauen ist zu Hause nur Schichtwechsel!“.
Wir wissen – das ist jetzt auch mehrfach gesagt worden; es ist ja schön, dass bei dem Thema die Frauenpolitikerinnen zu Wort kommen –: Frauen haben weniger Geld, sie bekommen weniger Rente, und sie haben weniger bezahlte Zeit. Ich halte die Analyse von Frau Pahlmann an der Stelle für falsch; aber, ich glaube, über den Weg sind wir uns einig: Es dürfte insgesamt alles ein bisschen schneller gehen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir leben heute davon, was Generationen vor uns für uns erstritten und gestaltet haben, und zwar im Guten wie im Schlechten. Wir sind verantwortlich für das, was wir den nächsten Generationen hinterlassen. Daher müssen wir – und darüber reden wir hier die ganze Woche – nachhaltig handeln.
Wo wir gerade überhaupt nicht nachhaltig handeln, das ist aus meiner Sicht hinsichtlich der Situation im Einzelhandel. Wenn ich sehe, wie sich der Versandhandel an der Pandemie eine goldene Nase verdient hat und wesentliche Versandhändler meinen, sie könnten sich in Deutschland den ihnen passenden Tarifvertrag aussuchen, im Fall von Amazon konkret den Tarifvertrag für Spedition und Logistik und nicht den Tarifvertrag des Versandhandels: Das ist nicht richtig. Und parallel dazu bibbert die Verkäuferin von Karstadt, die sich an die normalen Tarifverträge halten, um ihren Arbeitsplatz in der Innenstadt. Ich habe die Tage mit einer Betriebsrätin von Karstadt Kaufhof telefoniert. Sie sagte: Bei uns ist Weihnachtsstimmung. Die Kunden klauen aus den Sicomaticdeckeln die Gummis, und die Frauen wissen nicht, ob sie in vier Wochen ihren Arbeitsplatz noch haben. – Ja, es ist gelungen, einige Filialen zu retten, aber es gibt noch ganz viele, die bibbern. An dieser Stelle will ich, da es ja um Arbeit im Wandel geht, auch mal an diese Frauen erinnern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In der SPD freuen wir uns über die Grundrente, von der überwiegend Frauen profitieren. Wir arbeiten weiter an einem gerechten Alterssicherungssystem. Ich halte es für unsäglich, wenn Herr Brinkhaus sagt, das sei nicht nachhaltig. Sozial nachhaltiger geht es überhaupt nicht. Das ist unser Gesetz, und es werden viele, viele Frauen davon profitieren.
(Beifall bei der SPD)
Wir wollen, dass in der Pflege mehr verdient wird und in der Altenpflege bessere Arbeitsbedingungen herrschen. Aber wir können und müssen uns da auch ehrlich machen: Verdi wird es mit einer Lohnforderung von 4,8 Prozent nicht richten. Wir müssen zusehen, dass wir in das System insgesamt mehr Geld bekommen – aus Steuern, aus Beiträgen. Durch Klatschen kommt es zu keiner plötzlichen Geldvermehrung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Wir brauchen gute Kitas, und wir geben dafür richtig viel Geld aus, weil wir die Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse wollen.
Für gleiches Entgelt brauchen wir ein Entgelttransparenzgesetz mit Biss.
Wir müssen auch an die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf anderen Kontinenten denken. Darum ist das Lieferkettengesetz so wichtig. Es sind überwiegend Frauen in den Fabriken der armen Länder, die unter unsäglichen Arbeits- und Umweltbedingungen schuften. Wir alle haben die Bilder der brennenden Textilfabriken im Kopf. Das Lieferkettengesetz ist ein Frauengesetz.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wegen all dem unterstützen wir sowohl die EU-Kommissarin Dalli wie auch unsere Ministerin Franziska Giffey bei der Umsetzung ihrer jeweiligen Gleichstellungsstrategien. 2021 wird die Bundesregierung in New York den Bericht zur nachhaltigen Entwicklung vorstellen. Ich hoffe, da gibt es viel über Taten zu berichten und auch einiges über Vorhaben.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Leni Breymaier. – Der letzte Redner in dieser Debatte: Thomas Heilmann für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 176 |
Agenda Item | Arbeit im Wandel |