Thomas SattelbergerFDP - Innovation, Bildung und Digitalisierung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wirtschaftsnobelpreisträger Amartya Sen weist immer wieder darauf hin: Wohlstand hängt wesentlich ab von Befähigungen und Verwirklichungschancen des Einzelnen. – Deshalb erinnere ich in dieser Nachhaltigkeitswoche an die Bildungsrepublik Deutschland, die Angela Merkel vor zwölf Jahren ausrief: Analphabetisierung bekämpfen, Frauen für MINT-Ausbildungsberufe gewinnen, Schulabbrecherzahl halbieren.
Doch vergleichen Sie, Frau Ministerin – sie ist nicht auf der Regierungsbank –, bitte die Zahlen von 2008 mit denen von heute. 6,2 Millionen Menschen in Deutschland können kaum oder nicht lesen und schreiben. Bei PISA sind wir zurückgefallen auf die Werte von vor 17 Jahren, in Mathematik und Naturwissenschaften fast so schlecht wie beim letzten PISA-Schock. Übrigens gibt es auch bei Spitzenleistungen einen ähnlichen Rückgang, ebenso beim Lesen. Es besteht ungedeckter Betreuungsbedarf für mehr als ein Drittel der unter Dreijährigen. Und viel zu wenige junge Geflüchtete lernen Deutsch oder erhalten frühkindliche Bildung.
Hinzu kommt: Unsere digitale Bildungsrepublik erhält derzeit eine Ohrfeige nach der anderen. Citrix-Studie, Digitalreport, Bitkom-Umfrage zeigen: Deutschland ist Schlusslicht beim digitalen Lernen, Absturz um 52 Plätze. Eltern geben den Schulen die Note mangelhaft für Homeschooling und digitalen Unterricht. Mangelhaft, Herr Meister! Bitte an Frau Karliczek weitergeben. Sie verfehlt das Klassenziel. Das hat Ihnen durch die Blume am Montag sogar Ihre Kollegin Dorothee Bär zugerufen.
Wir Freie Demokraten machen seit Monaten konstruktive Vorschläge für guten digitalen Unterricht: Positivlisten für Digitalplattformen, schnelle Fortbildung für Lehrer, Entbürokratisierung des DigitalPakts.
(Oliver Kaczmarek [SPD]: Fangen Sie doch in Nordrhein-Westfalen an! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Gebauer in NRW!)
Aber statt zu handeln und anzupacken, spielt Frau Karliczek Topfschlagen. Ihr Ministerium dekoriert bunte Schaufenster, Attrappen. Es hat keine echte Ware; es fehlt an Produktion und Vertrieb. Beim BMBF geht es zu wie in einer Briefkastenfirma.
(Stephan Albani [CDU/CSU]: Nun ist aber gut! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)
So wird Deutschlands Bildung in dieser Legislatur nicht mehr zukunftsfit!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Sie führen nicht, Frau Karliczek, Sie agieren nicht wie eine Ressortchefin, sondern wie eine Nachlasspflegerin,
(Heiterkeit bei der FDP – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Unsinn!)
übrigens auch bei der Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen – da kommt noch was Kräftiges –, und vor allem bei der Batteriezellenforschung in Ibbenbüren, die von allen gerügt wird; da kommt auch noch etwas.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, der Speck rutscht weg, Frau Karliczek!
(Heiterkeit bei der FDP – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)
Unser Anspruch als G-7-Industrienation ist eben nicht Regionalliga, sondern Champions League.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Wie kommt Deutschlands Bildung da wieder hin? Lesen Sie bitte unseren Antrag zur Bildungsrepublik 2.0. Die Stichworte sind: DigitalPakt 2.0, Exzellenzinitiative Berufliche Bildung, Midlife-BAföG, digitale Lehr- und Lernmittelfreiheit, Unterrichtspflicht für den Staat gesetzlich verankern – analog wie digital, in Präsenz wie in Distanz –, Förderung von Spitzenbegabungen.
(Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])
Dies, meine Damen und Herren, wären die Pfeiler einer Bildungsrepublik der Zukunft. Packen wir es endlich an!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie in NRW? Frau Gebauer in NRW!)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort die Kollegin Sybille Benning.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 19 |
Session | 176 |
Agenda Item | Innovation, Bildung und Digitalisierung |