Hagen ReinholdFDP - Nachhaltig leben und konsumieren
Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte in dieser Woche der Nachhaltigkeit mit einer Anmerkung beginnen: Nachhaltigkeit kann nur gelingen, wenn wir alle mitnehmen, die komplette Gesellschaft. Da reicht keine Debatte im Bundestag und nicht die bestgemeinte Verordnung.
Und so, wie ich wenige Abgeordnete kenne, mir eigentlich gar keiner persönlich bekannt ist, der morgens aufsteht und sagt: „Heute mache ich aber ein besonders schlechtes Gesetz, das mit Sicherheit vor dem Verfassungsgericht scheitert“, kenne ich auch keinen Menschen, der morgens aufsteht und sagt: Aber heute zerstöre ich mal so richtig meine Heimat; heute zerstöre ich die Umwelt, die Natur, und versaue das Klima so sehr, dass meine Kinder darunter leiden. – So jemanden kenne ich nicht, ist mir nicht bekannt.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Volkswagen!)
Und deshalb stört es mich, wenn selbsternannte Messiasse losgehen und für sich die einzige Wahrheit gepachtet zu haben scheinen, Steine ins Wasser schmeißen, sich an Bäume ketten und glauben, mit diesen einzelnen Sachen tun sie Gutes. Denn sie tun nichts anderes, als den Leuten, die jeden Morgen aufstehen und die Umwelt und ihre Heimat genauso schützen, vorzuwerfen: „Nur wir tun was für das Klima, und andere tun das eben nicht.“
(Beifall bei der FDP)
Wenn ich mir die Anträge heute so anschaue, dann sehe ich viel Klein-Klein – das greift ja um sich –, und ich sehe viele, viele Trippelschritte. Ich glaube aber, mit Trippelschritten geht man keinesfalls voran, viel öfter eher hinterher. Auf gar keinen Fall kommt man am Ziel an. Bevor ich nämlich die Haltbarkeitsdauer eines Mixers vorschreibe – was ja schwieriger wird als bei der Milch; das kennen wir zumindest –, hätte ich mir gewünscht, viel größere und mächtigere Hebel anzusetzen.
Ich stehe in einem; Sie sitzen in einem drin: Das ist ein guter, ziemlich nachhaltiger, haltbarer Gegenstand, nämlich ein Haus, ein altes Haus. Das ist auch gut so; denn alt ist die Mehrheit der Häuser, die in Deutschland stehen. Nur 20,4 Prozent der Wohnungen in Deutschland sind nach 1990 gebaut, der Rest davor. Bei 41 Millionen Wohnungen werden auch 2050, an diesem so wichtigen Datum, noch 80 Prozent der Wohnungen Altbestand sein. Das ist auch gut und richtig so. Den kann man gut sanieren, zumindest den alten Altbestand. Da sind Putzfassaden dran, die sind super zu entsorgen, natürlich ressourcenschonend; mit Dämmung geht das nicht.
Jetzt schauen wir uns mal an: Wie nachhaltig ist denn das, was wir gerade machen? Ist es nachhaltig, dass wir die Dicke der Dämmung vorschreiben und sie immer dicker machen: eines Produkts aus Rohöl, das mit einem Treibstoff produziert wird, wobei CO
Ist es eigentlich nachhaltig, dass Rathäuser, die durch Krankheit, Gleitarbeitszeit oder Homeoffice zum Teil leer stehen, oder Gemeindehäuser, Veranstaltungszentren, die leer stehen, nicht besser genutzt werden, zum Beispiel durch Start-ups oder Bildungseinrichtungen? Was kann man in diesen leer stehenden Häusern und Gebäuden nicht alles machen? Ist das nachhaltig?
Was ist uns eigentlich wichtig? Ist uns Dämmung wichtig, Bewehrung, Bitumenabdichtung oder Heizanlagengröße? Nein! Ressourcen sind uns wichtig, Klima und Umwelt. Dann sollten wir aber auch dafür sorgen, dass die Ziele darauf ausgerichtet sind. Viel wichtiger wäre es, Primärenergie sauber, ökologisch und nachhaltig zu machen.
(Beifall bei der FDP)
Dann ist es nämlich völlig egal, wie viel ich im Haus verbrauche. Das passt irgendwie auch zu den 80 Prozent der alten Gebäude, die dann noch da sein werden. Das ist nachhaltig.
Mein Wunsch nach diesen zwei Tagen Debatte wäre, dass bei vielen die Erkenntnis gereift ist:
Erstens. Es klappt nicht mit „Vollgas – linke Spur“; das ist kein Konzept für die Zukunft.
Zweitens. Gesellschaft, Wirtschaft und Bildung sind im Wandel, mehr denn je. Forschung und Entwicklung sind der Schlüssel, Ressourcen zu schonen und effizienten Mitteleinsatz zu gewährleisten.
Und wer den Zauber der Zukunft dadurch zerstört, dass er die Zukunft totredet,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie jetzt gerade gemacht!)
dass er sie totreglementiert, der schafft es nicht – –
Kollege Reinhold, kommen Sie bitte zum Schluss.
Sorry, jetzt war ich ein bisschen raus. – Es mag manchmal eine Kleinigkeit geben, die regional gelöst werden muss. Aber langfristige Lösungen sind global, zumindest europäisch; der Emissionshandel ist eine davon. Im Klein-Klein werden wir diese Welt nicht besser machen.
Schönen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Niema Movassat das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7470574 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Nachhaltig leben und konsumieren |