17.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 176 / Tagesordnungspunkt 11

Niema MovassatDIE LINKE - Nachhaltig leben und konsumieren

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. So produzieren wir in Deutschland Lebensmittel, von denen Jahr für Jahr laut WWF 18 Millionen Tonnen im Müll landen. Davon werden alleine 2,5 Millionen Tonnen vom Groß- und Einzelhandel weggeworfen. So kann es nicht weitergehen, wenn wir nachhaltig und ressourcenschonend leben wollen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn ein Großteil dieser weggeworfenen Lebensmittel ist noch genießbar. Doch werfen die Supermärkte sie in die Tonne, weil sie nicht mehr eins a aussehen oder weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Dabei heißt es aus gutem Grund „Mindesthaltbarkeitsdatum“ und nicht „Tödlich ab-Datum“. Wir brauchen in Deutschland endlich ein Antiwegwerfgesetz wie in Frankreich.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber, meine Damen und Herren, in Deutschland passiert genau das Gegenteil. Menschen, die weggeworfene Lebensmittel aus Supermarkttonnen retten – man nennt das „containern“ –, werden strafrechtlich verfolgt und können im Knast landen, und das ist vollkommener Irrsinn.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn überhaupt irgendwer bestraft gehört, dann derjenige, der genießbare Lebensmittel in die Mülltonne wirft.

(Beifall bei der LINKEN)

In diesem Haus wird oft beklagt, dass Polizei und Justiz überlastet seien. Gleichzeitig aber Delikte wie das Containern von Lebensmitteln, deren Unrechtsgehalt gegen null tendiert, verfolgen zulassen, ist schlicht absurd.

(Beifall bei der LINKEN)

Anstatt ständig mehr Polizei oder mehr Stellen in der Justiz – die übrigens im letzten Jahr in keinem einzigen Bundesland zu 100 Prozent besetzt werden konnten – zu fordern, hat der Bundestag mit dem Antrag der Linksfraktion die Chance, für Entlastung zu sorgen; denn wir beantragen heute, das Containern zu entkriminalisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Entkriminalisierung von Bagatellen ist übrigens auch die freiheitliche Alternative zur steten Forderung nach mehr Polizei und Justiz.

Unser Antrag heute hat auch einen sehr aktuellen Anlass. Das Bundesverfassungsgericht hat vor Kurzem eine Verfassungsbeschwerde zweier Aktivistinnen nicht zur Entscheidung angenommen. Die beiden wurden wegen Diebstahls verurteilt, weil sie weggeworfene Lebensmittel aus der Mülltonne eines Supermarktes gerettet hatten. Das Bundesverfassungsgericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass es unsere Sache als Gesetzgeber ist, darüber zu entscheiden, wie weit der strafrechtliche Eigentumsschutz reichen darf. Wir Linke sind davon überzeugt, dass sich dieser Schutz nicht auf weggeworfene, oft noch genießbare Lebensmittel erstrecken darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung auf unserer Seite. Laut einer Umfrage von forsa von Anfang September sind 86 Prozent der Bevölkerung in Deutschland dafür, das Containern zu entkriminalisieren. Meine Damen und Herren, Sie haben die Chance, sich diesem Willen der Mehrheit im Land anzuschließen. Beenden wir die Kriminalisierung nicht strafwürdigen Verhaltens, und leisten wir einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit! Containern ist kein Verbrechen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Kollegin Tabea Rößner das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7470575
Wahlperiode 19
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Nachhaltig leben und konsumieren
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta