17.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 176 / Tagesordnungspunkt 12

Jens MaierAfD - Wohnungseigentum

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Barmherzige denkt an sich zuerst. Eingedenk dieser Weisheit habe ich das ganze Paket zunächst mal aus der Sicht eines Zivilrichters betrachtet und kam zu einem Schluss: Dieses Gesetz, vor allem in der Fassung des Änderungsentwurfs, ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für unsere sowieso schon überlasteten Gerichte.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das kann an der Qualifikation der Gerichte liegen!)

In der Kürze der Zeit kann ich nur auf zwei Punkte eingehen. Erster Punkt: die Verwaltervollmacht. Wir hatten mit unserem AfD-Änderungsantrag als erste Fraktion im Rechtsausschuss versucht, die geplante, noch nie so dagewesene Außenvollmacht des Verwalters auf Geschäfte von bis zu 500 Euro zu beschränken. Das hat der Änderungsantrag der Koalition im Ausschuss leider nicht aufgegriffen und trotz der massiven Kritik daran die Außenvollmacht des Verwalters nur für Darlehensverträge und Grundstücksgeschäfte reduziert. Diese nun kommende umfassende prokuraähnliche Vollmacht des Verwalters birgt für die Eigentümergemeinschaft unkalkulierbare Risiken in sich, und der Verweis auf Regressmöglichkeiten vermag daran nichts zu ändern. Diese neue Regelung entwertet die Stellung des Wohnungseigentümers beträchtlich.

Schlecht geregelt sind aber auch die das Innenverhältnis betreffenden Befugnisse des Verwalters. In § 27 des Entwurfs wird der Verwalter nun nur noch dazu ermächtigt, Maßnahmen zu treffen, die eine untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Ja, was soll das sein, untergeordnete Bedeutung, erhebliche Verpflichtung? Hier flüchtet man sich wieder ins Unbestimmte mit der Hoffnung: Der Richter wird’s schon richten. Das wird in der forensischen Praxis zu einer Fülle an Einzelfallentscheidungen führen.

Der zweite Punkt: die Kostentragungspflicht bei baulichen Veränderungen. Besonders hinzuweisen ist da auf § 21 Absatz 2 des Entwurfs. Danach haben alle Wohnungseigentümer die Kosten baulicher Veränderungen nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen, die mit mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurden, es sei denn – es sei denn! –, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden. Ja, wie kann sich die überstimmte Minderheit gegen bauliche Veränderungen wehren? Nur dann, wenn sie darlegen und beweisen kann, dass die beschlossenen Maßnahmen unverhältnismäßig sind.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Genau! So einfach ist das!)

In der Begründung hierzu heißt es, dass ein objektiver Maßstab anzulegen sei. Das bedeutet: Auf die Situation des einzelnen Eigentümers kommt es überhaupt nicht an, auch auf seine finanzielle Situation nicht.

Hinzu kommt, dass nicht die tatsächlich entstandenen Kosten für die Frage „Was ist verhältnismäßig, was nicht?“ maßgeblich sind, sondern dass auf eine Ex-ante-Betrachtung abzustellen ist. Das bedeutet, dass es auf die kalkulierten und nicht auf die wirklich entstandenen Kosten ankommt. Da kann ich nur sagen: Vae victis! Wehe den Besiegten! Da kann ich mir jetzt schon vorstellen, wie arme Rentner, die in ihrer über Jahre abbezahlten Eigentumswohnung ihren Lebensabend verbringen wollen, durch Mehrheitsbeschlüsse aus der linksökologischen Schickimickiecke finanziell überfordert und aus der Eigentümergemeinschaft rausgemobbt werden. Das ist das Ergebnis.

(Beifall bei der AfD)

Und wieder mal, wie so oft, bekommt eine derartige Sozialignoranz einen Anstrich, nämlich einen grünen Anstrich – wobei: Schwarz, grün, das ist ja mittlerweile eigentlich das Gleiche.

In der Zielsetzung des Gesetzentwurfs heißt es unter anderem: „Für die Erreichung der Klimaziele ist die energetische Sanierung von Bestandgebäuden unerlässlich.“ Herr Fechner hat das ja vorhin auch angesprochen. Die Klimaziele zu erreichen, ist eben für die Kartellparteien das Allerwichtigste. Und ob da ein paar Wohnungseigentümer hinten runterfallen und das Wohnungseigentumsrecht, wie wir es jetzt sehen, insgesamt entwertet wird: Was macht das schon? Das ist völlig wurscht! Da machen wir als AfD nicht mit. Wir lehnen das Gesetz ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie braucht ja auch keiner! – Sebastian Steineke [CDU/CSU]: Sie haben es nicht einmal gelesen!)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7470608
Wahlperiode 19
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Wohnungseigentum
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