Albrecht GlaserAfD - Finanzielle Entlastung der Kommunen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zielt zum einen darauf ab, dauerhaft die Mitfinanzierung des Bundes bei den kommunalen Ausgaben für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 22 SGB II zu erhöhen, und zwar von ungefähr 49 auf knapp 74 Prozent. Dies löst nach Artikel 104a Grundgesetz den Effekt aus, dass die Länder bzw. Kommunen dadurch als Auftragsverwaltung des Bundes tätig werden. Auf diese Weise wird dann dem Hauptkostenträger Bund die Fachaufsicht ermöglicht, nach dem Motto: Wer bezahlt, muss auch kontrollieren dürfen.
Zum allgemeinen Erstaunen der Fachwelt will die Große Koalition diesen logischen Mechanismus durch eine Verfassungsänderung außer Kraft setzen. Die vorhandene Systematik des Grundgesetzes soll also so geändert werden, dass eine unkontrollierte und damit, wie vom Bundesrechnungshof in vergleichbaren Fällen festgestellt, unwirtschaftliche Mittelverwendung bei den Kommunen geradezu provoziert wird. Ein Schildbürgerstreich, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Pfusch!)
Im Prinzip ist es richtig, den Kommunen zu helfen. Im vorliegenden Fall geht es um 3,4 Milliarden Euro zusätzliche Bundesmittel. Dabei ist die dauerhafte zusätzliche Übernahme von Lasten der Arbeitslosigkeit durch den Bund deshalb vernünftig, weil der Bund am ehesten einen Einfluss auf das Arbeitsmarktgeschehen hat. Irritationen kommen allerdings auf, wenn Länder und Städte unbegrenzt und freiwillig Migranten aufnehmen wollen und anschließend ihre Armut beklagen.
(Zuruf von der SPD: Oh Gott! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dürfen sie ja nicht!)
Zum anderen soll den Gemeinden gemeinsam durch Bund und Länder ein Ausgleich für die in diesem Jahr entstehenden Ausfälle bei der Gewerbesteuer in Höhe von 12 Milliarden Euro verschafft werden. Auch dafür soll das Grundgesetz geändert werden, da eine unmittelbare Bundeshilfe die föderale Zuständigkeit der Länder für ihre Kommunen nicht zulässt.
Warum zusätzlich dieser leichtfertige Umgang mit der Verfassung durch die Große Koalition?
(Otto Fricke [FDP]: Nein, leicht ist es nicht!)
Der vorgeschlagene Eingriff in die Systematik der Finanzverfassung des Grundgesetzes, soweit sie denn überhaupt noch rudimentär existiert, aus dem alleinigen Anlass der in diesen Monaten wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen ist völlig unangemessen. Man ändert die Verfassung nicht für ein Jahr.
(Beifall bei der AfD)
Der richtige Weg zur Hilfe bei Gewerbesteuerausfällen der Kommunen in der Coronakrise ist, dies im bestehenden System durch einfaches Gesetz zu bewerkstelligen. Dann muss man auch nicht so viele Nachtkonferenzen machen, bis man die verfassungsändernde Mehrheit beisammenhat. Richtig wäre also, das Finanzausgleichsgesetz für ein Jahr so zu ändern, dass der Kommunalanteil an der Umsatzsteuer um circa 12 Milliarden Euro erhöht wird und die Bund- und Länderanteile jeweils um 6 Milliarden Euro verringert werden. Das ist ein ganz einfacher Vorgang, wenngleich verbunden mit einem – das ist richtig – zustimmungspflichtigen Gesetz.
(Beifall bei der AfD)
Damit würde der identische Geldbetrag, der von der Großen Koalition vorgesehen ist, an die Kommunen fließen, und zwar direkt und zu deren eigener Disposition, und Bund und Länder wären in gleicher Weise belastet wie durch den neuen Artikel 143h GG beabsichtigt. Selbstverständlich würde durch diesen Vorgang auch gesichert, dass die Länder die Umsatzsteuerzahlung an die Kommunen weiterleiten. Das ist bisher bestritten worden; es wurde behauptet, das gehe nur über den Artikel 143h GG. Einfacher ist die hier vorgesehene Vorgehensweise allemal. Ob sie weniger zielgenau wäre als das Verteilungsverfahren des Gesetzentwurfes, steht dahin.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir kennen die Höhe der Gewerbesteuereinnahmen dieses Jahres noch lange nicht; Jahresabschlüsse gibt es noch nicht. Es gibt viele Stundungen, die die Zahlen über die Jahresgrenze hinweg verschieben. Also: Die Verteilungsmathematik, die da beabsichtigt ist – zumal die Verteilung auch noch schnell erfolgen soll; denn das Geld soll ja schnell fließen –, wird nicht funktionieren. Die eben genannte Lösung würde funktionieren.
Herr Glaser, kommen Sie bitte zum Ende.
Ich komme zum Ende. – Der von der Großen Koalition vorgesehene Weg einer Verfassungsänderung und einer einfachgesetzlichen Hilfspflicht der Länder stellt demgegenüber die Kommunen rechtlos. Es liegt danach allein im Ermessen der Länder, wie sie damit umgehen. Die AfD spricht sich mit Nachdruck gegen die von der Großen Koalition beabsichtigten unnötigen und kontraproduktiven Eingriffe in die Verfassung aus.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Danke schön. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Eckhardt Rehberg.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7470634 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Finanzielle Entlastung der Kommunen |