Niema MovassatDIE LINKE - Bundesverfassungsgerichtsgesetz (Auslandeinsätze)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag muss bewaffneten Einsätzen der Bundeswehr zustimmen. Stimmt der Bundestag nicht zu und die Bundesregierung würde trotzdem bewaffnete Soldaten ins Ausland entsenden, dann kann jede Fraktion vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Aber die inhaltliche, also die materiell-rechtliche Frage, ob die Entsendung der bewaffneten Truppen trotz Zustimmung des Parlamentes verfassungsgemäß ist, spielt für das Bundesverfassungsgericht bisher eine nur sehr untergeordnete Rolle.
Als wir als Linksfraktion in Karlsruhe gegen den Einsatz der Bundeswehr in Syrien im Rahmen der Anti-IS-Koalition klagten, haben wir mangels Antragsbefugnis verloren; denn das Bundesverfassungsgericht durfte nur prüfen, ob eine Zustimmung des Parlamentes vorlag – die lag vor – und ob die völkerrechtliche Auffassung der Bundesregierung vertretbar ist. Da diese laut Karlsruhe nicht evident absurd war, wurde unser Antrag abgewiesen. Eine umfassende rechtliche Prüfung konnte gerade nicht stattfinden; denn dafür gibt es bisher schlicht keine Verfahrensart. Es ist unhaltbar, dass bei einer so wichtigen Frage wie der von Krieg und Frieden keine inhaltliche verfassungsgerichtliche Prüfung möglich ist. Und das muss sich endlich ändern.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb ist es gut – und wir unterstützen das als Linke –, dass die Grünen einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, um eine materiell-rechtliche Prüfung zu ermöglichen.
Die hochspannende Frage bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist, ob sie inhaltlich verfassungsgemäß sind. Das ist auch beim Syrien-Einsatz der Bundeswehr genau die spannende Frage; denn ein UN-Mandat existiert für diesen Einsatz nicht, und die Konstruktion kollektiver Selbstverteidigung gegen den IS ist völkerrechtlich kaum tragfähig. Hätte es eine materiell-rechtliche Prüfung gegeben, wäre Ihnen von der CDU/CSU und SPD, die Sie für den Einsatz gestimmt haben, dieser wohl um die Ohren geflogen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In einem Rechtsstaat muss jedes staatliche Handeln überprüfbar sein. Es gibt die Normenkontrollklage, weil auch der Gesetzgeber manchmal verfassungswidrige Gesetze macht. Deshalb brauchen wir auch für Auslandseinsätze der Bundeswehr ein Verfahren, bei dem auf Antrag das Bundesverfassungsgericht umfassend prüfen darf.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nur durch so ein Verfahren, ausgestattet als Minderheitenrecht, kann der Bundestag seiner Kontrollfunktion nachkommen. Das Gegenargument von Herrn Ullrich, dass damit die außenpolitische Handlungsfreiheit Deutschlands eingeschränkt würde, ist wirklich zynisch, muss ich sagen. Bundesregierung und Bundestag müssen doch ein gemeinsames Interesse daran haben, verfassungskonform zu handeln.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wer von einer Einschränkung des Spielraums Deutschlands spricht, fordert nichts anderes, als dass die Bundesregierung weiterhin in der Lage sein soll, die Bundeswehr in rechtswidrige Kampfeinsätze zu schicken. Das verhöhnt auch die Präambel des Grundgesetzes, in der steht: „von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“. In diesem Sinne: Stimmen Sie für die rechtliche Überprüfbarkeit von Auslandseinsätzen der Bundeswehr.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Movassat. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Katja Keul, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7470659 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Bundesverfassungsgerichtsgesetz (Auslandeinsätze) |