17.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 176 / Tagesordnungspunkt 18

Fabian JacobiAfD - COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einer Woche haben wir hier in erster Lesung diesen Gesetzentwurf behandelt, durch den die Regierungsfraktionen die Geltung der Insolvenzordnung betreffend die Antragspflicht wegen Überschuldung erneut und weiterhin aussetzen wollen. Ich habe an dieser Stelle bereits letzte Woche gesagt, dass uns die sehr knappe schriftliche Begründung des Entwurfs nicht überzeugt, weil sie sich letztlich allein auf die unzutreffende Behauptung stützt, es bestehe weiterhin fundamentale Ungewissheit über die Folgen der Coronapolitik der Regierung. Das genügt als Begründung für einen so massiven Eingriff in die Rechtsordnung nicht, und daran hat sich seit letzter Woche auch nichts geändert.

(Beifall bei der AfD)

Die Gründe, welche die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im März noch vertretbar gemacht haben, liegen so nicht mehr vor.

(Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht verstanden, Herr Jacobi, oder?)

Nun wurde hier in der ersten Beratung von der CDU vorgetragen, dass es den Regierungsfraktionen eigentlich weniger um eine vorübergehende Aussetzung als vielmehr um eine endgültige Abschaffung des Insolvenzgrundes der Überschuldung gehe. Allerdings eröffnet das dann eine ganz andere Debatte als die über eine zeitlich befristete Notmaßnahme. Dann reden wir über einen dauerhaften, gravierenden Eingriff in unser Insolvenzrecht.

Der Insolvenzgrund der Überschuldung betrifft nur Gesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter, also insbesondere Kapitalgesellschaften. Er soll sicherstellen, dass diese Gesellschaften nur so lange am Geschäftsverkehr teilnehmen, wie sie ein eigenes Vermögen haben, das ihre Schulden abdeckt. Ist das nämlich nicht der Fall, dann stellen solche überschuldeten Gesellschaften eine Gefahr für alle anderen Teilnehmer am Wirtschaftsleben dar, die sich auf Geschäftsverbindungen einlassen.

Kapitalgesellschaften auch dann unbegrenzt weiterwirtschaften zu lassen, wenn sie längst kein Vermögen mehr aufweisen, das ihre Schulden deckt, und ihre Zahlungsfähigkeit nur durch immer weitere Schulden aufrechterhalten, würde den Schutzzweck des Insolvenzrechts verfehlen und dessen Ordnungsfunktion bedrohen.

(Beifall bei der AfD)

Dieses Vorhaben ist bezeichnend. Weitet man den Blick nur ein weniges, lässt es sich in einen grundlegenden kulturellen Wandel einordnen. Kredite mögen in einer neuzeitlichen Marktwirtschaft bis zu einem gewissen Grad funktionsnotwendig sein; gleichwohl bedeuten Schulden immer Abhängigkeit und damit Unfreiheit. Sie stellen zudem einen Übergriff der Gegenwart auf die Zukunft dar. Früher gab es wohl eher ein kulturelles Bewusstsein dafür, dass Schulden, wenn sie sich irgend vermeiden ließen, auch zu vermeiden seien. Dieses Bewusstsein ist seit Langem im Schwinden begriffen. Es wird in allen Bereichen – den staatlichen und überstaatlichen, den privaten, den wirtschaftlichen – durch eine Kultur des Lebens, des Konsumierens und des Investierens auf Pump ersetzt. Wir halten das nicht für einen Fortschritt.

(Beifall bei der AfD)

So stellt sich etwas, das hier als akute Notmaßnahme in einer konkreten, wenngleich womöglich selbstverschuldeten Wirtschaftskrise daherkommt, bei näherer Betrachtung als Baustein einer übergreifenden kulturellen Fehlentwicklung dar, einer Fehlentwicklung, der sich die frühere konservative Volkspartei in diesem Land geradezu wollüstig hingibt. Wir wollen das nicht unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion der FDP die Kollegin Judith Skudelny.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7470675
Wahlperiode 19
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz
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