Johannes FechnerSPD - Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine lieben Zuschauerinnen und Zuschauer! „ Wer recht hat, der muss auch recht bekommen.“
(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Unter diesem Motto haben wir mit der Musterfeststellungsklage eine ganz wichtige Maßnahme für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland eingeführt. Damit haben wir dafür gesorgt, dass sie gemeinsam gebündelt ihre Rechte durchsetzen können. Auf diesem Weg müssen wir weitergehen. Wir brauchen mehr kollektiven Rechtsschutz in Deutschland.
Gerade die Musterfeststellungsklage hat gezeigt, wie erfolgreich der kollektive Rechtsschutz sein kann. Vergleichsweise kurz dauerte das Musterfeststellungsverfahren der Verbraucherzentrale gegen VW. VW hat eingesehen, dass man dabei nur verlieren kann, und hat rasch Vergleiche abgeschlossen. Man kann also mit kollektivem Rechtsschutz den Verbraucherinnen und Verbrauchern schnell zum Erfolg verhelfen.
(Beifall bei der SPD)
Entgegen den damaligen Unkenrufen von den Grünen hat sich dieses Verfahren bewährt;
(Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben die Sachverständigen anders gesehen!)
die Bürgerinnen und Bürger haben schnell ihre Entschädigungen erhalten.
Unter den Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, dem KapMuG, über dessen Verlängerung wir heute diskutieren, gibt es durchaus positive Beispiele, die zeigen, dass auch dieses Verfahren funktionieren kann. Dies haben wir in der Anhörung von einigen Praktikern, von Rechtsanwälten und auch von Richtern, bestätigt bekommen. Es ist notwendig, dass wir dem Rat der Sachverständigen folgen und dieses Gesetz heute wie vorgesehen verlängern.
(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Natürlich sind viele Verbesserungen erforderlich; das haben wir auch in der Sachverständigenanhörung gehört. Ein Negativbeispiel ist das Telekom-Verfahren, wo auch nach vielen Jahren Prozessdauer noch nicht absehbar ist, ob es überhaupt und, wenn ja, wann es eine Entscheidung geben wird. Für uns ist deshalb klar: Wir müssen das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz verlängern, damit geprellte Anleger und Aktionäre die Möglichkeit haben, gemeinsam ihre Schäden geltend machen zu können.
Das KapMuG, das wissen wir, darf in dieser Form jedoch nicht bestehen bleiben. Es hat sich als zu ineffektiv, zu langwierig, zu umständlich und zu komplex erwiesen; aber es jetzt ganz abzuschaffen, wäre auch ein falscher Schritt.
In die notwendige Reform sollten die Erfahrungen mit der Musterfeststellungsklage einfließen. Es sollten nicht losgelöst einzelne Verbesserungen vorgenommen werden, sondern das sollte in einem größeren Kontext geschehen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorschläge der Europäischen Union. Sie wissen, es gibt eine umfassende Richtlinie mit vielen Vorschlägen. Ich freue mich, dass das Bundesjustizministerium und Ministerin Lambrecht sich schon mit Hochdruck Gedanken machen, wie wir das Ganze in Deutschland am besten umsetzen können. Ein solches System würde dann auch eine Leistungsklage umfassen; das ist uns wichtig.
Da werden wir sicher noch viele interessante Diskussionen führen; denn eines ist klar – ich sagte es schon eingangs –: Wenn wir wollen, dass derjenige, der recht hat, auch tatsächlich recht bekommt, dann brauchen wir mehr kollektiven Rechtsschutz in Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Die Digitalisierung bietet dabei sehr große Chancen, weil dadurch ohne großen Bürokratieaufwand massenweise Verbraucherrechte geltend gemacht werden können, zum Beispiel von Verbänden. Das wiederum bietet die Chance, dass gerade diejenigen Verbraucher ihre Rechte geltend machen, die heute vielleicht den Ärger scheuen, der mit einem Gerichtsverfahren verbunden ist, aber auch den Aufwand und die Kosten, und deshalb gerade kleinere Ansprüche nicht geltend machen. Davon versprechen wir uns in der SPD für die Verbraucherinnen und Verbraucher einen großen Fortschritt, sodass gerade diese Verbraucher dann doch zu ihrem Recht kommen und eben nicht aus Sorge vor zu viel Ärger und Verfahrensaufwand auf ihre Ansprüche verzichten.
Es braucht in Deutschland die Möglichkeit für Verbraucher, gemeinsam Ansprüche geltend machen zu können, sei es in Musterverfahren von Verbänden oder sei es in Sammelklagen. Und das wird, ohne zu übertreiben, sicherlich eine der ganz spannenden Fragen in der Rechtspolitik werden. Da werden wir, ohne hier zu untertreiben, unser zivilrechtliches Haftungssystem in Deutschland grundsätzlich neu ordnen.
Das werden spannende Diskussionen werden. Das wird sich nicht in einigen Wochen oder in einigen Monaten klären. Wir wollen aber ausgewogene und wirklich durchgreifende Verbesserungen im kollektiven Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger. Wir freuen uns darauf, diese grundlegenden Verbesserungen einzuführen.
Lassen Sie uns heute aber regeln, dass wir zumindest das KapMuG weiter nutzen können, damit die Anlegerinnen und Anleger die Chance haben, gemeinsam ihre Ansprüche geltend zu machen. Ich freue mich dann auf alle weitere Diskussion.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Stephan Brandner, AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7470721 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 177 |
Tagesordnungspunkt | Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz |