Frank JungeSPD - Stand der Deutschen Einheit 2020
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In wenigen Tagen begehen wir den Feiertag anlässlich des 30. Jahrestags der deutschen Einheit, und für mich und meine Fraktion ist das ein wunderbarer Grund zum Feiern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Heute, nach 30 Jahren in einem geeinten Deutschland, belegt der aktuelle Bericht zweifelsfrei, dass bei der Angleichung der Lebensverhältnisse der Osten an den Westen aufgeschlossen hat und an vielen Stellen gleiche Verhältnisse geschaffen worden sind. Das ist eine Tatsache, die zweifelsfrei belegbar ist und die man zur Kenntnis nehmen muss, wenn man mit offenen Augen durch diese Welt geht. Alles andere, alles, was dazu führt, dieses Erreichte schlechtzureden oder in Grund und Boden zu stampfen, kann nur politisch motiviert sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Pro-Kopf-Einkommen – darauf hat Herr Wanderwitz hingewiesen – und die Wirtschaftskraft haben sich im Osten seit der Wende verdoppelt, und unmittelbar vor Corona hatten wir den höchsten Beschäftigungsstand im Osten, den es jemals gab. Mir zeigt das, Herr Chrupalla, dass unsere wirtschaftliche Strukturpolitik sehr gut funktioniert und dass Kulissen wie zum Beispiel die GRW unverzichtbar für die Wirtschaftsförderung im Osten waren und sind. Eine Bemerkung noch: An dieser Aufholjagd haben Sie mit verantwortlicher politischer Handlung keine Aktie, Sie haben keinen Deut dafür getan; das muss man hier auch noch einmal feststellen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt aber auch Defizite und Herausforderungen. Ich möchte drei Punkte berühren:
Erstens – auf diesen Punkt, Herr Wanderwitz, kamen Sie auch schon zu sprechen –: Wir haben ein gesamtdeutsches Fördersystem – das ist gut so –, das nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern auf Bedürftigkeit für Förderung ausgerichtet ist. Dieser Aspekt darf allerdings nicht dazu führen, dass der Empfängerkreis größer wird, das finanzielle Volumen aber nicht. Ich sage das vor allen Dingen deshalb, weil aus diesem gesamtdeutschen Fördersystem die Wirtschaftsförderung für die neuen Länder natürlich fortgeführt werden muss; hier brauchen wir zukünftig auch noch mehr Unterstützung.
Zweitens. Wir müssen die Verfahrensweise der Exzellenzförderung für unsere deutschen Hochschulen ändern. Universitäten und Hochschulen in den alten Bundesländern sind in Bezug auf starke Forschungsnetzwerke denen in den neuen Ländern um Jahrzehnte voraus; das hat schwer beeinflussbare strukturelle Gründe. Die Folge davon ist, dass es die ostdeutschen Standorte schwer haben, in einen Wettbewerb auf Augenhöhe mit den westdeutschen Standorten zu treten, und das vor allen Dingen dann, wenn es um erhebliche Mittel des Bundes für ihre Arbeit geht. Damit können die so dringend benötigten wertvollen Synergien und Impulse für die Wirtschaft im Umfeld ostdeutscher Unis gar nicht erst entstehen. Darum müssen wir hier tätig werden und die Länder im Bereich Forschung und Innovation stärker unterstützen.
Drittens. Die neuen Bundesländer stehen in besonderer Weise vor einem eklatanten Fachkräftemangel. Infolge des rigorosen Strukturbruchs, der den gesamten Osten nach der Wende erschüttert hat, hat eine ganze Generation Ostdeutschland verlassen. Ein Rückzug bzw. ein Zuzug von Fachkräften in den Osten ist aber überhaupt nur dann denkbar, wenn nicht nur die Lebens-, sondern auch die Arbeitsbedingungen stimmen. Das geht vor allen Dingen auf Grundlage von guten Löhnen, die endlich Westniveau erreichen müssen,
(Beifall bei der SPD)
und das wiederum funktioniert nur, wenn wir starke Gewerkschaften als starke Tarifpartner und verbindliche Tarifverträge haben.
(Beifall bei der SPD)
Für mich ist das nicht nur mit Blick auf die Bekämpfung des Fachkräftemangels ein dringendes Gebot der Stunde, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist das auch eine längst überfällige Maßnahme der sozialen Gerechtigkeit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Frank Junge. – Der nächste Redner: für die FDP-Fraktion Gerald Ullrich.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Mark Hauptmann [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7470745 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 177 |
Tagesordnungspunkt | Stand der Deutschen Einheit 2020 |