18.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 177 / Tagesordnungspunkt 29

Mechthild RawertSPD - Gleichstellung von Frauen und Männern

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauende und Zuhörende! Das Grundgesetz verpflichtet den Staat in Artikel 3 Absatz 2, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern durchzusetzen und aktiv Benachteiligungen zu beseitigen.

Als auf dem Boden des Grundgesetzes stehende Demokratinnen und Demokraten tritt meine SPD-Bundestagsfraktion für eine aktive Frauenförder-, Gleichstellungs- und Genderpolitik ein. Und wir tun sehr gut daran, wie ich auch von der Mehrheit des Hauses weiß. Wir wollen Gesetze, die Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit von Frauen und Männern unterstützen. Dafür haben wir in den vergangenen Jahren viel getan: das Elterngeld, die Quote für Frauen in Führungspositionen in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst, der gesetzliche Mindestlohn, das Rückkehrrecht zur vorherigen Arbeitszeit, die Sexualstrafrechtsreform – nur um einige wenige zu nennen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In dieser Legislatur haben wir noch Weiteres geleistet. Unter anderem haben wir die erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung verabschiedet. Wir errichten eine Bundesgleichstellungsstiftung. Wir wollen eine ernster genommene Gesetzesfolgenabschätzung hinsichtlich der Geschlechtergerechtigkeit. Wir kämpfen für Parität in allen Parlamenten. Kurzum: Wir kämpfen mit starken Hebeln für starke Frauen in allen Bereichen und auf allen Ebenen.

(Beifall bei der SPD)

Mag es zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Politik durchaus Differenzen darüber geben, ob die bisherigen Maßnahmen nur erste Schritte sind oder bereits große Erfolge hinsichtlich der Verwirklichungschancen für Frauen bedeuten, so ist doch eines gewiss: Ein Zurück in tradierte Rollenmuster wollen wir gemeinsam nicht. Vielmehr stärken wir Demokratinnen und Demokraten sowohl die Istanbul-Konvention als auch die Frauenrechtskonvention CEDAW. Wir wollen das Recht auf Gleichstellung für jede Person, für Frauen, Männer und Diverse, zu jeder Zeit ihres Lebenslaufes verwirklichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Den Gegnern von Emanzipation, Freiheit und Antidiskriminierung für jeden Menschen, die hier einen Gesetzentwurf zur Änderung des Aktiengesetzes vorgelegt haben, möchte ich nur sagen: Die Begründung ist einfach skandalös und beschämend. Sie wollen ein Gesetz ändern, weil männliche Bewerber – ich zitiere – „um die Früchte ihrer harten beruflichen Leistung“ gebracht werden.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Ach Gott!)

Schluchz, mir kommen die Tränen.

(Beifall der Abg. Leni Breymaier [SPD])

Nur Antidemokraten haben Angst vor der 1995 auf der Vierten UN-Weltfrauenkonferenz als Ziel festgelegte – ich zitiere – „Machtgleichstellung der Frau“. Nur Antidemokraten wollen, wie in einem hier ebenfalls vorgelegten Antrag, die – ich zitiere – „Gleichstellung beenden“ und diskreditieren darüber hinaus das weltweit wichtige Prinzip des Gender-Mainstreaming.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Vor drei Tagen, am 15. September, haben wir den Tag der Demokratie begangen. Zu Recht wurde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass autoritäre, neurechte und menschenfeindliche Ideologien und Bewegungen häufig versuchen, den Antifeminismus und das Antigendering als ihren Türöffner und Verstärker zu nutzen. Dabei gehört Gleichberechtigung zu den Grundrechtsgrundsätzen unserer Verfassung.

Die Verwirklichung von Gleichstellung ist ein Grundpfeiler unserer pluralen und weltoffenen Demokratie.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Doris Achelwilm [DIE LINKE] und Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir stärken daher unsere entsprechenden Gesetze und schützen sie gegen Angriffe von rechts. Ich denke da beispielsweise an das Bundesgleichstellungsgesetzes und an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, aber auch an die verschiedenen Landesgleichstellungsgesetze. Fakt ist: Im Rahmen einer pluralen und offenen Demokratie brauchen wir den staatlich geförderten strukturellen und verwaltungstechnischen Arm der Gleichstellungspolitik, so wie es uns Artikel 3 Absatz 2 vorgibt. Wir kennen die vielen Lücken der Gleichstellung genau. Grundsätzlich kann ich zusammenfassend dazu sagen: Es gibt in keiner Weise ein Erkenntnisproblem; es gibt ein Handlungsproblem.

(Beifall bei der SPD)

Faktum ist: Niemand der jüngeren und schon gar nicht der älteren Frauen will, dass weiße Männer mittleren und höheren Alters in leitenden Positionen deutlich überrepräsentiert sind. Das gilt für betriebliche Führungspositionen wie für Parteien, Parlamente, für jedwede entscheidungsgebenden Gremien.

(Dr. Marc Jongen [AfD]: Rassismus!)

Denn deren zumeist tradierter Erfahrungsschatz reicht einfach nicht aus für eine moderne und vielfältige Gesellschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frauenförderung ist wichtig. Deswegen wollen wir die Parität – darüber ist schon gesprochen worden –, und zwar in den Vorständen und vor allen Dingen hier. Deswegen unterstütze ich auch das zweite Führungspositionen-Gesetz, das Christine Lambrecht und Franziska Giffey erarbeitet haben.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Es sind auch eigene Spezies! Frauen sind auch Menschen!)

Eines ist klar: Wir brauchen eine verbindliche Quotierung, um dieser massiven Übermacht an Männern entgegenzutreten.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Es gibt weiterhin viel zu tun.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ja. – Es geht nicht nur um einen formalen Missstand. Mehr Frauen im Bundestag und mehr Frauen in Vorständen und Führungspositionen heißt auch – –

Frau Kollegin, der alte weiße Mann hinter Ihnen hat die Macht, Ihnen das Mikrofon abzudrehen.

– mehr Vielfalt an Erfahrungen und Sichtweisen im Parlament und in den Unternehmen. Packen wir es daher an!

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Rawert. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Doris Achelwilm, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7471164
Wahlperiode 19
Sitzung 177
Tagesordnungspunkt Gleichstellung von Frauen und Männern
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