18.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 177 / Zusatzpunkt 24

Daniela De RidderSPD - Aktuelle Stunde - Hinrichtung Navid Afkaris und die deutsche Iranpolitik

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Navid Afkari war ein mutiger junger Mann. Er war ein aufstrebender Ringer, der im Sommer 2018 mit seinen Brüdern und Hunderten anderer Menschen in Schiras auf die Straße ging, und sein Ziel war es, dort die katastrophalen Verhältnisse in seinem Land Iran anzuprangern.

Seinen Mut hat Navid Afkari trotz heftiger internationaler Proteste nun mit dem Leben bezahlt. Afkari soll nach Angaben der iranischen Justiz bei der Demonstration einen Sicherheitsbeamten getötet haben. Aber wir alle haben doch ganz erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit seines Verfahrens, das schließlich dazu führte, dass er trotz erheblicher Proteste gehängt wurde. Der Sportler, seine Familie und Menschenrechtsorganisationen führen an, dass sein Geständnis auf Folter beruht und somit erzwungen wurde. Und alle Gnadengesuche haben nicht gefruchtet. Das ist frustrierend für die Außenpolitik, das ist enttäuschend.

Ich bin meiner Kollegin Bärbel Kofler als Menschenrechtsbeauftragte sehr dankbar, dass sie dies verurteilt hat, genauso wie die Bundesregierung und insbesondere der Außenminister.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch wir hier sollten dieses Verbrechen aufs Schärfste verurteilen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ja, es sollte, lieber Bijan, ein Exempel statuiert werden. Davon bin auch ich überzeugt. Es sollte ein Signal ausgehen – so wollten es die Mullahs –, dass jeder, den der Protest auf die Straße treibt, um sein Leben fürchten muss. Allerdings stimmt es auch, dass der Protest der iranischen Bevölkerung weiter andauert und der Protest gegen das Regime wächst. Ob man aber den Fall dieses jungen Mannes, wie es die AfD tut, für populistischen Zwecke missbrauchen sollte, stelle ich doch arg infrage.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN)

Es gibt Sanktionen gegen den Iran. Wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Der Iran ist gerade durch die Sanktionspolitik eines der Länder, das am meisten isoliert ist, wirtschaftlich und auch kulturell. Es gibt Einschränkungen des Handels – Rohöl, Erdgas, Gold –, und man verhindert auch, dass der Iran Uran anreichern kann. Dazu dient im Übrigen der Atomvertrag JCPoA.

Es gibt auch Einschränkungen im Finanzsektor, im Verkehrssektor; es gibt Reisebeschränkungen. 2011 ist das Stichjahr, in dem die EU auch restriktivere Maßnahmen im Zusammenhang mit den Verstößen gegen Menschenrechte im Iran eingeführt hat. Dazu gehört insbesondere das, was wir, meine Herren von der AfD, jetzt auch für Russland diskutieren,

(Beatrix von Storch [AfD]: Sehen wir aus wie Männer?)

nämlich das Einfrieren der Vermögen oder das Nichterteilen von Visa.

Ich weiß nicht, ob es bei Ihnen auf Informationsmangel beruht, wenn Sie das Gegenteil behaupten, Herr Braun. Wahr ist doch vielmehr, dass es wichtig ist, dass wir gerade dafür Sorge tragen, eben alle Gesprächskanäle offenzuhalten, gerade weil es um die Menschen im Iran und nicht nur um ein fragwürdiges Regime geht. Dafür sollten wir uns hier gemeinsam einsetzen.

(Beifall des Abg. Niema Movassat [DIE LINKE])

Ich will Ihnen deutlich sagen: Ich empfinde Ekel, wenn ich sehe, wie Sie auf dem Rücken eines gehängten Mannes Ihre populistischen Thesen hier von diesem Hohen Haus in die Welt entsenden.

(Corinna Miazga [AfD]: Unfassbar! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Unverschämtheit!)

Ich möchte mich im Namen meiner Fraktion

(Zuruf von der AfD: Entschuldigen!)

bei Navid Afkari, seinen Brüdern, allen Menschen,

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie sollten sich schämen!)

die zu Unrecht im Gefängnis sitzen und gefoltert werden, dafür entschuldigen.

(Beatrix von Storch [AfD]:Unglaublich!)

Ihr rechthaberischer Duktus hilft keinem einzigen Menschen, der von Unterdrückung und Verfolgung bedroht wird.

(Zuruf der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

Das ist das Thema, und das müssen Sie sich anhören. Es tut mir leid, dass Sie hier sitzen dürfen und das Schicksal dieser jungen Menschen so missbrauchen

(Beifall bei der SPD – Jürgen Braun [AfD]: Sie sollten sich schämen!)

und auch unsere Zeit dafür in Anspruch nehmen, statt wirklich zu gucken, wo Sanktionen wirken können.

Frau Kollegin, auch Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Vielen Dank, Herr Präsident.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Braun [AfD]: Menschenverachtend! – Gegenruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ihr seid menschenverachtend! Die ganze Bande da hinten!)

Niema Movassat, Die Linke, ist der nächste Redner.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf: Ihr braune Bande da hinten! – Beatrix von Storch [AfD]: Das ist menschenverachtend, oder was? Bei Ihnen knallt’s doch! – Gegenruf: Na, na!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7471198
Wahlperiode 19
Sitzung 177
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Hinrichtung Navid Afkaris und die deutsche Iranpolitik
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