Dennis RohdeSPD - Allgemeine Finanzdebatte
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesfinanzminister hat uns heute einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der in die Zukunft gerichtet ist, einen Entwurf, der klar erkennbar eine soziale Handschrift trägt, eben die Handschrift eines Staates, der sich als starker Partner in dieser Krise sieht.
Der heutige Haushaltsentwurf kommt in einer Zeit großer finanzpolitischer Herausforderungen. Seit über einem halben Jahr ist unser Land von der Coronapandemie betroffen. Bei der einen oder anderen Rede, die bisher hier gehalten wurde, hatte man das Gefühl, dass das nicht der Fall wäre. Aber diese Pandemie ist eine der größten Herausforderungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Die aktuellen Zahlen des ifo-Instituts sehen einen Wirtschaftsrückgang im Jahr 2020 von 5,2 Prozent voraus. Das ist weniger, als wir befürchtet haben. Aber es ist, auch im Verhältnis zur letzten Weltwirtschaftskrise, immer noch besorgniserregend.
Diese Entwicklung stellt die Maxime unserer bisherigen Haushaltspolitik auf den Kopf. Es war uns als Deutschem Bundestag in den letzten Jahren immer möglich, all unsere Ausgaben durch die Steuereinnahmen des Jahres zu decken. Wir mussten keine neuen Schulden machen. Wir mussten keine Kredite hierfür aufnehmen. Und noch mehr: Es war uns in dieser Zeit sogar möglich, Rücklagen zu bilden, Rücklagen, die wir in den kommenden Jahren brauchen werden und die wir in den kommenden Jahren auch nutzen werden. Denn ich bin überzeugt: Die Haushaltspolitik der vergangenen Jahre – darüber besteht in der Koalition gar kein Dissens – ist Grundstein dafür, dass wir heute und morgen weiterhin aus dem Vollen schöpfen können.
(Beifall bei der SPD)
Das müssen wir auch. Wir erleben, dass ein ganz großer Teil der Bevölkerung sich an die Regeln hält, die wir uns auferlegt haben, um durch diese Krise zu kommen. Ein ganz großer Teil der Bevölkerung trägt Maske. Ein ganz großer Teil der Bevölkerung hält Abstand und nimmt die Einschränkungen in Kauf, die auch wir als Belastung empfinden. Vor diesem Hintergrund sage ich: Ohne die Disziplin der Bevölkerung würde unser Land heute weder gesundheitlich noch ökonomisch so gut dastehen, wie wir im Kontext dieser Krise heute dastehen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU])
Unsere Aufgabe als Parlament und als Koalition ist es, auf der einen Seite für den gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung zu sorgen, auf der anderen Seite aber auch den dringend notwendigen Konjunkturimpuls für die Wirtschaft und somit für die Sicherung von Arbeit und Wohlstand zu setzen. Beiden Herausforderungen sind wir nachgekommen mit zwei Nachtragshaushalten im Jahr 2020, und dieser Herausforderung wird auch der Regierungsentwurf für das Haushaltsjahr 2021 gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dass die Wirtschaftskennzahlen sich heute besser entwickeln, als wir noch vor einigen Wochen erwartet haben, geht zurück auf die Disziplin unserer Bevölkerung. Es geht aber eben auch zurück auf das entscheidende und konsequente Handeln von Regierung und Parlament in den letzten Wochen. Ich will Beispiele nennen.
Ich erlebe überall, dass durch die Absenkung der Mehrwertsteuer für viele gerade jetzt ein entscheidender Kaufanreiz gesetzt wurde, ein Kaufanreiz, der Geld von den Sparbüchern in den Wirtschaftskreislauf geholt hat und der dafür gesorgt hat, dass Arbeitsplätze gesichert wurden, Arbeitsplätze von Menschen, die wiederum investieren können und nicht von Sozialversicherungsbeiträgen abhängig sind.
(Beifall bei der SPD)
Wir haben das deutsche Erfolgsmodell: das Kurzarbeitergeld. Es war richtig, dass Hubertus Heil das Instrument gleich zu Beginn der Krise voll nutzbar gemacht hat. Millionen Jobs in Deutschland sind durch das Kurzarbeitergeld nicht verloren gegangen, Millionen Menschen in Deutschland haben weiterhin eine Perspektive bei ihrem bisherigen Arbeitgeber. Ich sage: Es ist richtig und wichtig, dass wir diese Brücke verlängern. Unternehmen müssen nach der Krise wieder erfolgreich sein können, und wir müssen ihnen dabei helfen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir tun das alles nicht zulasten der abhängig Beschäftigten. Dass wir die Sozialversicherungsbeiträge deckeln und nicht einseitig den Beitragszahlern aufbürden, ist Ausdruck dafür, dass niemand etwas für diese Krise kann und dass die Bewältigung dieser Krise eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.
(Beifall bei der SPD)
Wir schauen nach vorne. Wir nehmen Geld in die Hand, um diese Krise hinter uns zu lassen. Wir nehmen Geld in die Hand, um das Land für die kommenden Jahrzehnte fit zu machen. Uns ist klar: Die Investitionen, die wir heute tätigen, sind die Steuereinnahmen von morgen. Olaf Scholz schlägt daher richtigerweise vor, in den kommenden Haushalten zusammen 200 Milliarden Euro zu investieren. Das sind im Vergleich zur letzten Legislaturperiode immerhin 81 Milliarden Euro mehr. Wir liegen damit deutlich über Vorkrisenniveau. Das sind die geforderten starken und deutlichen Impulse für unsere Wirtschaft; das ist der Beitrag, den wir als Parlament leisten, um unsere Wirtschaft aus dieser Krise zu führen.
(Beifall bei der SPD)
So investieren wir 73 Milliarden Euro für Straße, Schiene und Wasserstraße. Wir investieren in den Ausbau des schnellen Internets, in 5 G, aber auch schon in 6 G. Es sind 2,8 Milliarden Euro etatisiert für künstliche Intelligenz und für Quantentechnologie. Wir stellen Geld für den Ausbau von Kindertagesstätten zur Verfügung, für die ja gerade in dieser Krise deutlich hervorgetretene und immer noch große Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir setzen endlich die Grundrente um. Wir sorgen dafür, dass die Lebensleistung von Menschen anerkannt und respektiert wird. Das alles wird aus Steuern finanziert.
(Beifall bei der SPD)
Wir helfen massiv beim Strukturwandel in den Regionen, die vom Kohleausstieg betroffen sind. Wir lassen die Kumpel in den Revieren nicht alleine. Wir stehen an ihrer Seite und helfen den Regionen, sich neu aufzustellen. Wir unterstützen die Länder bei der Schaffung von preiswertem Wohnraum, und wir entlasten die Kommunen. Wir entlasten die politische Ebene, die für die Ausgestaltung des Lebens vor Ort verantwortlich ist. Das alles tun wir nachhaltig mit jährlich 4 Milliarden Euro.
(Beifall bei der SPD)
Uns ist aber auch bewusst, dass die Bekämpfung der Folgen der Coronapandemie keine rein nationale Aufgabe ist. Die Bundesrepublik Deutschland, wir, wir haben die Kraft, mit großen Unterstützungsprogrammen, mit großen Konjunkturpaketen die deutsche Wirtschaft zu stützen und sie wieder neu zu beleben. Aber gerade unsere Wirtschaft kann nur erfolgreich sein, wenn der Krise auch international begegnet wird. Deshalb stehen wir zu unserer Verantwortung innerhalb der Europäischen Union. Wir unterstützen europäische Programme wie SURE, das europäische Kurzarbeitergeld. Der Minister hat es gesagt: Anträge im Umfang von 80 Milliarden Euro – ein Riesenerfolg. Wir unterstützen den Wiederaufbaufonds, das größte Konjunktur- und Investitionsprogramm in der Geschichte der Europäischen Union. Und wir unterstützen die Garantiefonds der Europäischen Union für kleine und mittlere Unternehmen.
Noch mal: 60 Prozent der deutschen Exporte gehen in den europäischen Binnenmarkt. Unsere Wirtschaft ist eng verflochten mit Betrieben in Österreich, in Frankreich, in Spanien oder in Italien. Unsere Wirtschaft wird nur dann genesen können, wenn die europäische Wirtschaft in Gänze wieder auf die Beine kommt. Auch dieser Herausforderung werden wir gerecht.
(Beifall bei der SPD)
Wir stehen zu unserer Verantwortung darüber hinaus. Die Haushaltsansätze für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit erreichen mit über 16 Milliarden Euro ein neues Rekordniveau. Das ist in Zahlen gegossener Ausdruck unserer Verantwortung für die internationale Staatengemeinschaft.
(Beifall bei der SPD)
Uns ist bewusst, dass wir die Pandemie und ihre Folgen national bekämpfen müssen. Uns ist aber auch bewusst, dass wir die wirtschaftlichen Folgen in Gänze nur dann nachhaltig bekämpfen können, wenn wir diese Aufgabe auch international angehen. Ab heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, schlägt dafür die Stunde des Parlaments. Es liegt jetzt an uns, einen Haushalt zu beraten und zu verabschieden, der diese Krise wirksam bekämpft. Herr Finanzminister, lieber Olaf Scholz, ich danke Ihnen für diesen Regierungsentwurf. Es liegt jetzt an uns. Machen wir aus einem sehr guten Regierungsentwurf einen noch besseren Haushalt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473200 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 178 |
Tagesordnungspunkt | Allgemeine Finanzdebatte |