Christoph MeyerFDP - Verkehr und digitale Infrastruktur
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was haben wir in den letzten drei Jahren erlebt? Einen Minister, der Projekte nicht fertig bekommt, immer zu viel Geld ausgibt, mit seinem zentralen Prestigeobjekt, der Pkw-Maut, ein Debakel erlebt hat und immer – auch in dieser Rede, Herr Scheuer, heute wieder – von der Zukunft schwelgt. Die Umsetzung hinkt dann leider – das haben wir eben auch von einem Vorredner gehört – immer ein bisschen hinterher.
Sie haben Ihren Etat unter die Überschrift „Zuversicht“ gestellt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit Zuversicht bei Ihnen noch weiterkommt. Am Schreibtisch des Ministers sitzt das Generalversagen, und ich glaube, das weiß auch jeder hier im Haus, wenn man sich die Bilanz der letzten Jahre anguckt.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Victor Perli [DIE LINKE] und Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: So ein Quatsch! – Marianne Schieder [SPD]: Das ist ein bisschen dick aufgetragen! Finden Sie nicht?)
Als Haushälter reiben wir uns ja schon öfter die Augen. Doch was Sie in den letzten Jahren mit Blick auf den Etat des BMVI abgeliefert haben, ist schon speziell. Ich sagte es schon: die gescheiterte Pkw-Maut, anhaltender Milliardeninvestitionsstau, langsamer Breitbandausbau, das Versagen als Gesellschafter beim Berlin-Brandenburg Flughafen, bei der Deutschen Bahn und – so eine Art Evergreen – die konstante Kritik des Bundesrechnungshofs an Ihrem Etat, immer Rekordzahlen, was die Kritik angeht, immer Kritik, aber von Ihnen keine Handlungen, die diese Kritik sinnvoll und durchgreifend abstellen. Das ist so viel Minus, dass die fünf Minuten, die ich habe, hier an der Stelle nicht reichen. Sie versagen schon im Kleinen. Der Berliner Flughafen ist hochverschuldet, schlittert vermutlich in die Insolvenz. Sie glauben immer noch an Bilanzmärchen und Mondplanung. Sie winken einfach immer mehr Geld durch. Wann wollen Sie sich ehrlich machen, Herr Scheuer?
Und wenn wir aufs Große gucken: Am Minuskonzept der Deutschen Bahn ändert sich nichts, obwohl das Staatsunternehmen mittlerweile über 30 Milliarden Euro Schulden wieder angehäuft hat, über 6 Milliarden Euro Eigenkapitalspritze. Der Eigenbeitrag der Deutschen Bahn, der versprochen wurde, ist noch nicht mal in Umrissen klar. Warum haben Sie bei den Beraterverträgen der Deutschen Bahn nicht weiter aufgeklärt? Und so lässt sich die Liste munter fortführen. Breitbandausbau? Sie wollen schnelles Internet, und blinden Aktionismus liefern Sie, Herr Scheuer.
(Beifall bei der FDP)
In der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses haben Sie uns berichtet, dass Sie eine neue Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft haben gründen lassen. Dabei haben wir schon drei Einrichtungen, die sich mit Netzabdeckung befassen. Das wirklich Ärgerliche ist, dass private Investoren, private Betreiber vor der Tür stehen. So was ist keine solide Politik. Das ist eine Bankrotterklärung an die Wirtschaftlichkeit von politischem Handeln, was Sie machen.
(Beifall bei der FDP)
Da Sie sich für die Investitionsquote loben, die Sie in Zukunft verbessern wollen: Gucken wir uns die letzten Jahre an! Sie haben einen Milliardeninvestitionsstau zu verantworten, und das Konjunkturpaket bei den Coronahilfen ist nur ein Deckmantel, um dieses Investitionsversagen der Bundesregierung aus den letzten Jahren zu verschleiern. Beispiel Gigabitausbau: Ende 2019 wurden von rund 1,5 Milliarden Euro Fördermitteln gerade mal 107 000 Euro ausgezahlt: 0,007 Prozent. Da ist sogar Frau Karliczek schneller als Sie, Herr Minister.
(Otto Fricke [FDP]: Ui, ui! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Das geht nicht!)
Das ist kein Investitionsstau, das ist eine Vollsperrung. Ich glaube, man muss immer wieder verdeutlichen, dass Sie als Minister dafür Verantwortung tragen. Sie tragen zwar Verantwortung dafür, dass wir hier einen zielgerichteten Mitteleinsatz nach dem tatsächlichen Bedarf sehen. Aber alles, was Sie anfassen, dauert nur länger, kostet mehr oder wird gar nicht abgerufen.
Zu Beginn der Legislaturperiode haben Sie sich ja mit Ihrem Neuigkeitenraum, dem Newsroom, geschmückt, der Ihre Erfolgsprojekte in die Welt hinaus berichten soll. Wenn man sich jetzt diesen Kanal anguckt, hat man das Gefühl, dass sogar dem Newsroom nichts mehr einfällt, wie man Ihre Bilanz verbessern kann. Ich glaube auch nicht, was die Vorredner formuliert haben, nämlich dass wir diesen Haushalt in den Haushaltsberatungen durchgehend deutlich besser machen können. Es bleibt eigentlich nur, dass Sie für Ihr Versagen geradestehen und die Konsequenzen ziehen, vielleicht schon vor der Schlusslesung, spätestens im nächsten Jahr. Machen Sie den Weg frei für einen Neuanfang im Verkehrsministerium!
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP – Marianne Schieder [SPD]: Ihr wolltet doch nicht, oder? Ihr braucht auch nicht zu regieren!)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion Die Linke der Kollege Victor Perli.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473221 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 178 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr und digitale Infrastruktur |