Ulla IhnenFDP - Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte Ihnen an dieser Stelle heute gerne zum Geburtstag gratulieren. Dass Sie heute da sind, ist natürlich sehr schön. Leider kann ich im Namen der Freien Demokraten nicht zu Ihrem Haushaltsentwurf gratulieren.
(Beifall bei der FDP und der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Aber zum Geburtstag klatschen wir!)
Dieser Haushaltsentwurf steht nicht unter dem Vorzeichen sprudelnder Steuereinnahmen, sondern beinhaltet, wie auch der Haushalt des aktuellen Jahres, eine massive Neuverschuldung. Generationengerecht ist das nicht und damit eben leider auch nicht nachhaltig. Deshalb muss wenigstens sichergestellt sein, dass die Ausgaben auf Pump, die Sie in Ihrem Haushaltsentwurf einplanen, eine kluge Investition in die Zukunft des Landes sind. Und haben Sie, Frau Ministerin, für uns bisher zukunftsgewandte Politik gemacht? Nach zweieinhalb Jahren kann man, glaube ich, konstatieren: eher nicht. Denn die Eisberge schmelzen, und die Schuldenberge wachsen ins Unermessliche.
Meine Damen und Herren, der Haushaltsentwurf des Bundesumweltministeriums sieht für 2021 Gesamtausgaben in Höhe von 2,68 Milliarden Euro vor. Hinzu kommen weitere milliardenschwere Programme, die im Energie- und Klimafonds veranschlagt sind; große Summen.
Aber was bringt das, wenn die verfügbaren Mittel nicht abfließen? Ein Beispiel: Für Ihr Programm zur Dekarbonisierung in der Industrie standen in diesem Jahr 80 Millionen Euro bereit. Aber die Programmmittel fließen bislang nicht ab, weil – da zitiere ich Sie – die für die Projekte notwendigen Investitionsentscheidungen in den Unternehmen fehlten. Das müssen wir uns aber mal auf der Zunge zergehen lassen, Frau Ministerin. Das heißt doch nichts anderes, als dass ihr Programm in der Wirtschaft gar nicht angenommen wird.
(Beifall bei der FDP)
Es gibt viele weitere Beispiele. Zu Ende gedacht bedeutet das jedenfalls für uns: Ihre Politik der Förderprogramme ist schwerfällig, bürokratisch und leider ineffizient.
(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Warum werden dann immer mehr Anträge gestellt?)
Die Folge: Sie haben aus dem Jahr 2019 für dieses Jahr sagenhafte 495 Millionen Euro an Ausgaberesten angehäuft. Und wie passend: Ihr Haus liefert zur ersten Lesung dieses Haushaltes keine Istzahlen für dieses Jahr über den Mittelabfluss. Wir als Haushälter sind wirklich gespannt, wie der Mittelabfluss sein wird. Wo sind Ihre Anstrengungen, Frau Ministerin, für eine zielgerichtete Aufgaben- und Förderkritik?
Die Konsequenz für uns Freie Demokraten ist: So kann keine Zukunft gestaltet werden. Die deutsche Umwelt- und Klimapolitik braucht einen Neustart. Als Serviceopposition unser Rat: Wettbewerb ist immer noch der beste Klimaschützer.
(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD und der LINKEN)
Meine Damen und Herren, spätestens seit gestern – Sie haben es erwähnt, Frau Ministerin – ist das Thema der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle wieder präsent. Ich stimme Ihnen für die Freien Demokraten zu: Alle beteiligten Akteure müssen jetzt den Suchprozess transparent gestalten, die Bevölkerung mitnehmen und auch Verantwortung übernehmen, und das gilt für alle Bundesländer.
(Beifall der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber dieser Suchprozess kostet natürlich wie die gesamte Zwischen- und Endlagerung enormes Geld. Allein für 2021 sind dafür über 1 Milliarde Euro in Ihrem Haushalt vorgesehen.
Meine Damen und Herren, bei den Zukunftstechnologien steht sich die Bundesregierung leider selbst im Weg. 1,7 Milliarden Euro für die Wasserstoffstrategie stehen für 2021 zwar im Haushaltsentwurf; diese Gelder sind jedoch gesperrt, weil um die Mittelverteilung – wie schon bei der für dieses Jahr – ein Kleinkrieg – wenn ich das so sagen darf – zwischen den Ressorts Energie, Bildung, Verkehr und Umwelt über die Verteilung dieser Mittel tobt. Die Bundesregierung selbst verhindert, dass Deutschland beim Zukunftsthema Wasserstoff endlich vorankommt. Wir fordern Sie auf, dieses Problem mit Ihren Kollegen zu lösen.
(Beifall bei der FDP)
Frau Ministerin, nicht nur beim Klimaschutz sollte das Verursacherprinzip gelten – Stichwort „erfolgreicher Emissionshandel“ –, sondern auch in der Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Dieses Prinzip wird konterkariert durch die Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie. Die Produktproduzenten sollen künftig die Kosten der Entsorgung ihrer Produkte tragen, nicht die Verursacher des Mülls. Wollen Sie, Frau Ministerin, die Hersteller der dringend benötigten Masken an den Kosten der Entsorgung der Masken beteiligen? Es kann doch nicht sein, dass wir Hersteller von Produkten pauschal für die Entsorgung von Müll bezahlen lassen. Auf die Ökobilanzen hat die Kollegin Dött, die ich da sehr unterstütze, schon hingewiesen.
Macht die Bundesregierung also zukunftsgewandte Umweltpolitik? Nein! Ganz egal ob Wasserstoff, Emissionshandel oder Naturschutz: Für das Können gibt es nur einen Beweis, Frau Ministerin: das Tun. Fangen Sie am besten im Haushaltsverfahren damit an. Schulden sind ein süßes Gift.
Wir können den Wind nicht ändern; aber wir können die Segel richtig setzen – sagte Aristoteles.
Frau Kollegin, Sie können selbstverständlich weitersprechen. Sie tun es aber auf Kosten Ihres Kollegen.
Ich bin fertig. – Sorgen Sie, Frau Ministerin, dafür, dass Sie in Ihrem Ressort nachhaltig wirtschaften. Das wäre generationengerecht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Das regelt der Markt!)
Frau Ministerin, ich nutze die Gelegenheit, Ihnen zu gratulieren. Ich wünsche Ihnen alles Gute.
(Beifall)
Damit ist die Beschwerde von dieser Seite des Hauses geheilt, dass man die Glückwünsche vorhin nicht entsprechend unterstreichen konnte, weil der Glückwunsch gleich mit der Kritik gekoppelt war.
Das Wort hat die Kollegin Heidrun Bluhm-Förster für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 178 |
Agenda Item | Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit |