29.09.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 178 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 16

Heidrun BluhmDIE LINKE - Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

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Frau Präsidentin! Frau Ministerin, auch von mir herzliche Glückwünsche! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will das Fazit meiner Rede vorwegnehmen: Es ist aus meiner Sicht zu erkennen, dass diese Regierung ein Jahr vor der Bundestagswahl keine neuen Projekte wagt. Alles, was nicht exponentiell sichtbar Problem ist, wird also in die nächste Regierung verschoben.

Die Koalition präsentiert uns für 2021 einen Etatentwurf, der im Wesentlichen dem entspricht, was auch für das laufende Jahr 2020 vorgesehen war, und das in Zeiten, in denen umweltpolitisch sicherlich nicht von Entwarnung, Entspannung oder auch Besserung der Lage gesprochen werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun denn, so etwas sagt ja die Regierung auch nicht. Stattdessen heißt es in der Erläuterung der Kabinettsvorlage: Auch in diesem Haushaltsjahr werden in erheblichem Umfang Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und des Klimas, insbesondere zur internationalen Klimaschutzfinanzierung, zur internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes und zur Anpassung an den Klimawandel, finanziert. Die Erhöhung der Mittel – es ist hier schon genannt worden – für die Internationale Klimaschutzinitiative auf 600 Millionen Euro in 2021 trägt dabei den besonderen Bedarfen einer klimafreundlichen Erholung der Wirtschaft nach dem Schwerpunkt der Coronapandemie Rechnung. – Da frage ich mich: Wodurch eigentlich? Das ist hier bisher nicht beantwortet worden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sieht auf den ersten Blick nach Engagement, Durchsetzungsvermögen oder auch Weitsicht aus. Dahinter verbirgt sich aber gewissermaßen ein Taschenspielertrick, der lautet: Wir von der Regierung wissen, dass wir für Umweltschutz und Nachhaltigkeit bei Weitem zu wenig tun; aber das, was wir tun, machen wir richtig und seriös. – Ich finde nicht nur, dass das nicht reicht. Ich finde auch, dass die Koalition mit diesem Umweltetat die Bürgerinnen und Bürger eigentlich für dumm verkauft. Das dürfen wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Seit Jahren benennt Die Linke die Widersprüche in der Regierungspolitik. Hier: vollmundige Versprechungen, Kanzlerrunden, Klimagipfel, Nachhaltigkeitskommissionen. Dort auf der anderen Seite: die praktische Politik, Stillstand, Agonie, Problemverwaltung und Innovationsverweigerung. Der Stellenwert der Umweltpolitik war noch nie so hoch wie heute, und im Kabinett ist er angesichts der jetzigen Probleme so unterbewertet wie zu keiner Zeit vorher.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Bemühen der Umweltministerin um die stärkere Verankerung der Umweltpolitik im Regierungshandeln scheint keine wirklichen Früchte zu tragen. Denn der Etat des Ministeriums hat sich kaum verändert. Er stagniert wie schon in den Vorjahren bei 0,6 Prozent des Gesamthaushaltes.

Ich glaube, Frau Ministerin, trotz Geburtstag: Ihre gewählte Taktik funktioniert nicht. Viel Zeit, diese Taktik zu ändern, haben Sie aber auch nicht mehr. Mit Sicherheit ist in dieser jetzigen Phase weltpolitischer Unsicherheiten, ökonomischer Unwägbarkeiten und gesundheitspolitischer Belastungen wegen der Coronapandemie ein robustes und nachhaltiges Krisenmanagement gefragt. Dass die Bundesregierung hierfür die kontraproduktive und antisoziale Schuldenbremse aussetzt, finden wir richtig; besser wäre jedoch, sie ganz aufzuheben.

(Beifall bei der LINKEN)

Und richtig ist auch, großflächige Hilfsmaßnahmen für die von der Pandemie besonders Betroffenen einzusetzen. Aber deswegen haben doch der Klimawandel und die Erderwärmung nicht aufgehört.

(Timon Gremmels [SPD]: Das sagt ja auch keiner!)

Wir haben in Mitteleuropa sehr trockene Sommer erlebt, auch diesen Sommer wieder. Waldbrände, Unwetter prägen die Klimarealität.

(Timon Gremmels [SPD]: Deswegen machen wir ja auch den Kohleausstieg!)

Jetzt zeigt uns ein Beispiel ausgerechnet aus den USA, welche politischen Möglichkeiten auch beim Klimaschutz auf der Ebene der Administration bestehen. Der US-Bundesstaat Kalifornien hat verkündet, fossile Verbrennungsmotoren in Neuwagen ab 2035 zu verbieten. Ob das reicht, weiß ich nicht; aber ein richtiges Zeichen ist es sehr wohl.

(Beifall bei der LINKEN)

Man kann es daher nicht oft genug wiederholen: Eine separierte und isolierte Umweltpolitik ist nicht möglich. Sie funktioniert einzig und allein im Zusammenspiel zwischen Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft – mit nachhaltiger Entwicklung und vor allem mit der Einsicht, dass nur eine neue Lebensweise mit neuem und anderem Wachstum, ohne Profitstreben und Ausbeutung von Mensch und Natur unseren Lebensraum erhalten kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn es eine progressive Pandemieerfahrung des Jahres 2020 gibt, dann doch wohl die, dass uns weniger Reisen trotzdem gut leben lässt und dass wir dafür auch eine Atempause in Bezug auf die Klimabelastung bekommen haben. Das weiterzuführen – und nicht überall hinfliegen und überall den Sonderangeboten nachjagen –, muss für uns ein Anreiz sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss zum Ende dieser Rede kommen. Deshalb will ich an dieser Stelle noch mal deutlich sagen: Als Hauptberichterstatterin werde ich dafür werben, dass wir mit diesem Haushalt, wie er eingebracht wurde, nicht am Ende sind, sondern hier im parlamentarischen Verfahren noch große Qualifizierungen vornehmen.

Ich freue mich auf die Beratungen mit den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss und in den Berichterstattergesprächen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Steffi Lemke das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7473244
Wahlperiode 19
Sitzung 178
Tagesordnungspunkt Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
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