Wilhelm von GottbergAfD - Ernährung und Landwirtschaft
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Klöckner! Zunächst eine kritisch-zornige Bemerkung:
(Ulli Nissen [SPD]: Oh!)
Es ist nicht in Ordnung, dass uns der zu erörternde Haushaltsplan erst am vergangenen Freitag vorgelegt wurde. Das Budgetrecht ist das wichtigste Instrument des Parlaments zur Kontrolle der Regierung. Dieses Recht hatten sich die Parlamentarier schon in vordemokratischen Zeiten erkämpft. Wir können nicht schweigend hinnehmen, dass dieses Budgetrecht durch die ganz kurzfristige Vorlage des Haushaltsplans eingeschränkt wird.
(Beifall bei der AfD)
Der Agrarhaushalt 2021 hat gegenüber 2020 einen Aufwuchs von 9 Prozent auf rund 7,7 Milliarden Euro. Dass dieser Teilhaushalt auch für das Verschwinden der schwarzen Null verantwortlich ist, darf nicht übersehen werden; denn im Finanzplan des Bundes für den Einzelplan 10 waren für die Jahre 2021 und 2022 jeweils 6,5 Milliarden Euro vorgesehen. Durch Corona ist die Missachtung dieses Planansatzes nicht zu begründen.
Ein flüchtiger Blick auf den Planentwurf gibt wenig Grund zur Kritik: 200 Millionen Euro für Stallumbauten zur Verbesserung des Tierwohls bei der Sauenhaltung, eine erste Tranche in Höhe von 250 Millionen Euro für das Investitions- und Zukunftsprogramm, ein weiterer Aufwuchs bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Im Bereich der Nachhaltigkeit wird die Förderung des ökologischen Landbaus fortgesetzt. Das Sozialstaatsgebot bei der sozialen Sicherung der Menschen wurde beachtet.
Aber bei den Haushaltsberatungen darf der Blick auf die Situation der Bauern und Landwirte nicht fehlen. Wir haben die düstere Perspektive der Schweinemäster wegen der ASP vor 14 Tagen hier im Hause erörtert. Die Ministerin hat Hilfe versprochen. Wann und wie?
Die Lage der Milchbauern ist keinen Deut besser. Die Milchbauern erhalten deutschlandweit durchschnittlich 28 Cent je Liter Milch. Um den Milchviehhaltern einen angemessenen Lohn zu gewähren, damit sie wirtschaftlich über die Runden kommen, müsste der Milchpreis auf etwa 38 Cent je Liter ansteigen. Die Milchbauern machen derzeit bei einer durchschnittlichen Milchviehherde von 100 Kühen etwa zwischen 3 000 und 5 000 Euro Minus, und dies bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 85 bis 90 Stunden. Der ruinöse Milchpreis kommt auch durch eine falsche Politik zustande. Die Russlandsanktionen der Bundesregierung haben vonseiten Russlands bereits einen Importstopp von deutschen Milchprodukten zur Folge.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Legen Sie doch mal eine neue Platte auf!)
Frau Bundeskanzlerin, verbessern Sie die Situation der Milchbauern durch Aufgabe der Russlandsanktionen!
(Beifall bei der AfD – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Streuen Sie den Bauern doch keinen Sand in die Augen! Das ist Schnee von gestern!)
Die Kartoffelbauern haben in diesem Jahr umsonst gepflanzt und geerntet. Der derzeitige Preis für einen Zentner Kartoffeln beträgt irgendwo zwischen 1 und 2 Euro. Die Kartoffelpreise für Verarbeitungsware am europäischen Terminmarkt verfielen in kurzer Zeit von 17 Euro auf weniger als 2 Euro je 100 Kilogramm. Natürlich: Die Coronapandemie hat im Wesentlichen den Kartoffelmarkt zusammenbrechen lassen. Bisher hält die Regierung Marktstützungsmaßnahmen für nicht erforderlich. Wann, wenn nicht jetzt? Das ist widersprüchlich. Es gibt keine Marktstützungsmaßnahmen für den Kartoffelanbau, aber 41,5 Millionen Euro für eine Ackerbaustrategie, um den Landwirten zu erklären, welche Fruchtfolge sie einzuhalten haben. Oder: Einerseits gibt es 200 Millionen Euro für Tierwohlmaßnahmen bei Schweinen, andererseits aber keinen Cent Beihilfe für die private Lagerhaltung von Schweinefleisch zur Stützung des Marktpreises.
Deutlicher als je zuvor tritt beim Haushaltsentwurf 2021 zutage, dass die verpflichtenden Grundsätze, nämlich Wahrheit und Klarheit sowie Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, nicht beachtet wurden. Ein Beispiel: Die Personalkosten bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung haben gegenüber dem Haushalt 2020 einen Aufwuchs von 12,3 Millionen Euro zu verzeichnen. Aber im Haushalt 2020 war bereits an dieser Stelle ein Aufwuchs von 15,3 Millionen Euro zu registrieren. Weitere derartige Beispiele lassen sich im Entwurf finden. Für Kürzungsvorschläge ist reichlich Luft nach unten. Wir werden entsprechende Vorschläge machen.
Abschließende Bemerkung. Wir begrüßen alle Bemühungen zur Verbesserung des Tierwohls. Die Vorschläge der Borchert-Kommission dazu sind hilfreich. Wir haben für die Einsetzung der Kommission, mit dem exzellenten Fachmann Borchert an der Spitze, Frau Klöckner Respekt gezollt. Aber Grundsatz muss sein: Bauernwohl vor Tierwohl.
Danke.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege von Gottberg. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Rainer Spiering.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473264 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 178 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |