Ulla IhnenFDP - Ernährung und Landwirtschaft
Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz Coronakrise haben unsere Landwirte unermüdlich gearbeitet. Im Homeoffice kann man eben keine Felder bestellen, und unsere Versorgung mit Lebensmitteln in dieser außergewöhnlichen Zeit hätte man im Homeoffice auch nicht sicherstellen können. Dafür gilt den Landwirten in Deutschland mein persönlicher, aber, ich denke, auch unser aller aufrichtiger Dank.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)
Vielen landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland geht es aber nicht so gut. Es ist kaum noch aufzuzählen, welche Belastungen Land- und Forstwirte in den vergangenen Monaten und Jahren hinnehmen mussten. Mit Regulierung, Bürokratie, praxisfernen Vorgaben, die über ihre Köpfe hinweg beschlossen wurden, macht man keine Politik für systemrelevante Berufe. Das rächt sich eben jetzt.
Ein paar Beispiele: Die Düngeverordnung sorgte für Aufruhr in der Landwirtschaft. Der Einsatz von Glyphosat steht vor dem Aus, aber Sie, Frau Ministerin, haben nicht für rechtzeitigen Ersatz an neuen Pflanzenschutzmitteln gesorgt.
(Beifall bei der FDP – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Adressieren Sie doch mal Ihre Problematik richtig!)
Das Wasserhaushaltsgesetz wurde geändert und die Bewirtschaftung von Flächen eingeschränkt. Und weitere neue Auflagen drohen und hängen wie ein Damoklesschwert über unseren Landwirten. Doch um daran etwas zu ändern, müssten eigentlich ein Konzept und der Wille zur Gestaltung aus dem Haushalt ersichtlich sein. Das können wir nicht erkennen. Zukunft gestaltet man eben nicht, indem man sie verbietet; Zukunft gestaltet man mit Innovationen und Mut. Sie aber haben nur einen einzigen Lösungsansatz: noch mehr Geld.
(Beifall bei der FDP)
Der Haushaltsentwurf für 2021 sieht insgesamt 7,6 Milliarden Euro vor, davon 4,2 Milliarden Euro für die landwirtschaftlichen Sozialsysteme. Neu in dem Haushaltsentwurf – Sie haben es selber angeführt –: gut 200 Millionen Euro für Güllelagerung, 200 Millionen Euro für Stallumbauten, 85 Millionen Euro für Insektenschutzmaßnahmen. Dahinter verbirgt sich aber am Ende des Tages ja nur eines, Frau Ministerin: Sie stellen Subventionen bereit, und im Gegenzug haben die Landwirte Ertragseinbußen und Vorschriften zu akzeptieren. – Das ist aus unserer Sicht weder wirtschaftlich, noch ist es effizient.
(Beifall bei der FDP – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Es ist aber ethisch!)
Liebe Frau Ministerin, es gibt den schönen Satz von Laotse: „Wer kein Ziel hat, kann auch keines erreichen.“ Ich sehe im vorliegenden Haushalt kein großes Ziel, das Sie verfolgen, abgebildet. Es ist zu wenig im Bereich Digitalisierung; der Kollege hat es angesprochen. Fakt ist auch, dass die Bundesregierung keine Politik mit den Landwirten macht, sondern über ihre Köpfe hinweg.
(Beifall bei der FDP)
Wir als Freie Demokraten wünschen uns – das ist unser Ziel –: Landwirtschaftspolitik mit den Menschen, die im Landwirtschaftssektor arbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ministerin hat gesagt, sie wolle heute über die Afrikanische Schweinepest nicht sprechen.
(Nicole Bauer [FDP]: Schade!)
Ich will darüber sprechen. Die Afrikanische Schweinepest ist im Land und belastet unsere Schweinehalter ganz massiv. 1 Million Euro haben wir Ihnen hier im Bundestag im Nachtragshaushalt 2020 auf Ihren Antrag hin bewilligt – für einen auf polnischer Seite zu bauenden Zaun. Der steht bis heute nicht, und die Schweinepest ist da. Und auch die Schweinepest ist doch eine Art von Pandemie. Deswegen verlangen wir, dass Sie das Krisenmanagement zu Ihrer persönlichen Chefsache machen.
(Beifall bei der FDP – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Ist doch schon lange passiert!)
Meine Damen und Herren, wir Freien Demokraten unterstützen, dass Sie, Frau Ministerin, sich jetzt für ein europäisches Tierwohlkennzeichen einsetzen. Aber was soll dann Ihr nationales, freiwilliges und teures Tierwohllabel noch? Seit einem Jahr ist da nichts passiert, und schon wieder stehen dafür im Haushaltsentwurf fürs nächste Jahr 20 Millionen Euro. Ich glaube, wir haben das oft genug gerügt, Frau Ministerin. Die Zeit ist gekommen, das Label endlich zu vergessen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Wir haben in Deutschland großflächige Waldschäden. Es stehen im Haushalt – in diesem Jahr wie im neuen Entwurf – massive Summen für Waldumbau und Aufforstung. Doch die Programme laufen leider nur sehr schleppend an. Bis heute haben Sie es nicht geschafft, für die Waldhilfen, die wir mit dem Konjunkturpaket bewilligt haben, eine Förderrichtlinie auf den Weg zu bringen. Das Geld, das der Bundestag bewilligt hat, kommt in unseren Forsten nicht an. Es ist bezeichnend, dass Sie zur heutigen Lesung des Haushaltes noch keine Istzahlen zu den Mittelabflüssen in diesem Jahr durch Ihr Haus haben vorlegen lassen. Das empfinde ich ein bisschen als Zumutung. Wir erwarten da mehr Tempo.
Wohl und Funktionsfähigkeit unserer Land- und Forstwirtschaft sind Ihnen, Frau Ministerin, anvertraut. Deshalb erwarten wir von Ihnen Akzente für eine Politik mit den Landwirten, Akzente für eine Digitalisierung. Und diese Akzente spiegelt der Haushaltsentwurf bisher nicht wider.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Ihnen. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Heidrun Bluhm-Förster, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473266 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 178 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |