Achim PostSPD - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mich gern wieder der Haushaltsdebatte zuwenden und den realen Herausforderungen, vor denen die Bundesrepublik Deutschland und vor denen Europa stehen.
(Beifall bei der SPD)
Nachdem ich Ihrer Parteikollegin Frau Weidel am Anfang zugehört habe, frage ich mich doch, wo Sie eigentlich in den letzten sechs Monaten waren,
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Hier in diesem Haus, Herr Post!)
in welchem Land Sie in den letzten sechs Monaten waren.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Plenum war sie wenig!)
Ich war in der Bundesrepublik Deutschland, und ich bin stolz darauf, dass 83 Millionen Bürgerinnen und Bürger in ihrer übergroßen Mehrheit sehr diszipliniert waren in den letzten sechs Monaten. Ich bin stolz darauf, dass wir eine handlungsfähige, entschlossene und geschlossene Regierung hatten, die uns durch diese schwere Krise gesteuert hat. Ich bin stolz darauf, dass dieses Parlament, wiederum mit übergroßer Mehrheit, der Ansicht ist, dass die Coronapandemie eine reale Gefahr für uns alle ist, für Deutschland, für Europa und die Welt.
(Beifall bei der SPD)
Alle, die ich gerade genannt habe, haben ihren Beitrag dazu geleistet, etwas besser zu machen. Eine Fraktion hat das nicht getan, und das sind Sie ganz rechts außen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Und wenn wir schon mal dabei sind: Gucken Sie sich doch um in Europa und der Welt, schauen Sie zu den Johnsons, zu den Bolsonaros und zu den Trumps! In deren Ländern gibt es die höchsten Todesraten, weil sie diese Krise bewusst kleingemacht haben, bewusst heruntergespielt haben und sie sich den realen Herausforderungen nicht gestellt haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE] und Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn ich zur Haushaltsdebatte zurückgehe und zu dem, was wir hier gestern und heute debattiert haben, möchte ich Folgendes sagen – Herr Lindner ist nicht mehr da –: Ja, es stimmt, die Nettokreditaufnahme ist hoch. Das ist richtig. Aber wie zum Teufel wollen Sie aus dieser Krise herauskommen? Wollen Sie wieder versuchen, durch Sparen aus dieser Krise herauszukommen? Dann haben Sie aus den großen Krisen der letzten Jahre und Jahrzehnte nichts, aber auch gar nichts gelernt, Herr Lindner und liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.
(Beifall bei der SPD – Michael Theurer [FDP]: Das erzählen die Italiener auch immer, und es wird nicht besser!)
– Ja, ja.
Machen wir einmal weiter. Kommen wir einmal von der FDP zu Anton Hofreiter, der hier mit einer sehr nachdenklichen Rede auf viele Probleme hingewiesen hat. Ich will einen Punkt aufgreifen, der mir wirklich wichtig ist. Du hast gesagt: Es ist noch nicht genug. Wir haben in Zukunftstechnologien, in Klimaschutz noch nicht genug investiert. – Da ist was dran. Es ist nie genug. Aber wir haben – und auch das ist Realität – die Investitionen von 34 Milliarden Euro in 2017 auf 55 Milliarden Euro in 2021 erhöht. Das ist kein Pappenstiel, und das geht genau in die richtige Richtung.
(Beifall bei der SPD)
Ich glaube, Toni, dass es so ist: Du könntest jetzt noch auf dem Jamaika-Balkon stehen und verhandeln. Das hättest du mit den anderen nicht hingekriegt. Davor hat dich der Lindner bewahrt.
(Beifall bei der SPD)
Kommen wir einmal zu einem Punkt, den Rolf Mützenich angesprochen hat, und zwar zur Handlungsfähigkeit von Städten und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Bundesregierung hat ein Hilfspaket, ein Solidarpaket für die Kommunen in Deutschland auf den Weg gebracht, das sich wirklich sehen lassen kann. Darauf bin ich stolz. Das haben wir übrigens gemeinsam, mit fast dem ganzen Haus, hingekriegt.
Aber eines fehlt, wenn man – ich bin noch einmal bei der FDP – die Investitionskräfte vor Ort, in den Städten und Gemeinden, wirklich entfesseln will: ein kommunaler Altschuldenfonds. Wie sollen denn Städte, die 1 oder 2 Milliarden Euro Schulden haben, investieren? Wie sollen sie das machen?
(Otto Fricke [FDP]: Das ist Aufgabe des Bundes! – Weiterer Zuruf von der FDP)
– Jeder Zwischenruf zeigt, dass es wehtut. Die Wahrheit tut weh. – Deshalb komme ich zur Idee eines kommunalen Altschuldenfonds.
(Otto Fricke [FDP]: Macht das der Bund?)
Der Name Söder ist vorhin schon einmal gefallen. Der Name Söder steht in dieser Frage leider dafür, dass kein kommunaler Altschuldenfonds eingerichtet wird. Der mag kämpfen, der mag so tun, als sei er Habeck-Süd. Aber in Wirklichkeit, wenn es um Investitionen in Deutschland, in den Städten und Gemeinden geht, hat er sich durchgesetzt gegen den Ministerpräsidenten meines Bundeslandes, Armin Laschet. Das, muss ich sagen, ist etwas wenig. Es tut mir leid, dass jemand, der die Führung der CDU haben will, sich da nicht durchsetzen kann und sich von Herrn Söder an die Wand spielen lässt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Jetzt zu Europa. Das, was diese Bundesregierung unter der Führung der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers in den letzten Wochen und Monaten hingekriegt hat, kann sich sehen lassen: ein Wiederaufbaufonds, der historisch ist. Ich bin sicher, dass es unter der Führung der deutschen Ratspräsidentschaft in den nächsten Wochen gelingen wird, dass man den Wiederaufbaufonds unter Dach und Fach bringt, dass man gleichzeitig einen Rechtsstaatsmechanismus installiert, der den Orbans wirklich wehtut, und dass man es mit neuen Eigenmitteln und mit einem neuen mehrjährigen Finanzrahmen schafft, die Finanzmittel der Europäischen Union so auszugestalten, dass auch in der EU kräftig investiert werden kann, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Wenn Sie mich fragen: „Was ist das Wichtigste in dieser Krise gewesen?“, und: „Was ist das Wichtigste, das wir bedenken müssen, wenn wir nach und nach aus dieser Krise herauskommen?“, dann sage ich Ihnen eines: Es ist ein handlungsfähiger Staat. Es ist eine dynamische, nachhaltige, soziale Marktwirtschaft. Es ist ein starker Sozialstaat, und es ist ein europäisches Deutschland.
Deshalb: Dieser Haushaltsentwurf von Olaf Scholz ist ein guter Haushaltsentwurf. Er verbindet beides, Antikrisenpolitik und richtige Zukunftsaufgaben. Wenn wir in diesem Sinne für diesen Haushaltsentwurf streiten und für diesen Haushaltsentwurf stimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann haben wir einiges erreicht. Machen Sie es der SPD nach! Wir stimmen dafür.
(Beifall bei der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir auch!)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der FDP der Kollege Otto Fricke.
(Beifall bei der FDP)
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Electoral Period | 19 |
Session | 179 |
Agenda Item | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |