Michael Georg LinkFDP - Auswärtiges Amt
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister, Sie haben heute stellvertretend für den Minister geredet. Lassen Sie mich das zum Anlass nehmen, auch von meiner Fraktion aus alle guten Wünsche auszusprechen. Wir hoffen, dass der Minister bald wieder ganz normal hier mit uns arbeiten kann und dass die Quarantäne bald erfolgreich beendet ist.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und der SPD)
Kolleginnen und Kollegen, gestern hat der Finanzminister einen Kanzlerkandidatenhaushalt vorgelegt. Hat der Außenminister heute auch einen Haushalt eines UN-Sicherheitsratsmitglieds vorgelegt oder eines Kandidaten für einen ständigen Sitz? Fehlanzeige! Denn der Etat des Auswärtigen Amtes – in dem Fall helfen auch die rosigen Bemerkungen des Kollegen Hardt nicht – sinkt im Verhältnis zu 2020 um über 580 Millionen Euro auf 6 Milliarden Euro; das ist eine Absenkung um ganze 8,8 Prozent. Und – schlimmer noch –: Beim Auswärtigen Amt soll in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2023/24 der Plafond um über 1 Milliarde Euro sinken. Das ist absolut nicht angemessen.
(Beifall bei der FDP – Zuruf von der FDP: Skandalös!)
Jetzt sind wir als FDP beileibe nicht diejenigen, die leichtfertig Mehrausgaben fordern – wahrlich nicht. Deshalb bestehen wir auch darauf, Kollege Karl, dass die Haushaltsreste, die im Auswärtigen Amt erheblich sind – erheblich! –, abgebaut und dass die unbesetzten Stellen erst mal gefüllt werden. Aber da muss man sich doch ehrlich machen angesichts des Mehrbedarfs, den wir international für Multilateralismus, für zivile Krisenprävention, für humanitäre Hilfe, für das UN-System und für vieles andere mehr haben. Dabei ersparen doch rechtzeitig ausgegebene Mittel für Diplomatie und humanitäre Hilfe so manchen sehr viel teureren Konflikt, der hinterher vielleicht erst gar nicht entsteht. Wieso, Herr Minister, machen Sie einen solchen Kurs mit? Das ist die große Frage, die ich mir stelle.
Kolleginnen und Kollegen, ich kann es nicht anders sagen: Auf mich wirkt Minister Maas wie ein Minister auf Durchreise – nicht greifbar, nicht auf Fragen und Anregungen eingehend und vor allem nicht kämpfend für sein Haus.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dabei leitet Minister Maas eines der wichtigsten Ministerien dieser Republik, ein Haus, das eigene strategische Weichenstellungen machen und umfassend handlungsfähig sein sollte.
Gestern hat der Außenminister im UN-Sicherheitsrat geredet – eine schöne, eine gute Rede für die regelbasierte Weltordnung. Aber welch ein Kontrast zur Realität des Haushalts, in dem Sie zum Beispiel beim UNHCR die Grundbeträge um 23 Prozent kürzen, beim UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, OCHA, um 10 Prozent und – es ist zwar BMZ, aber nach außen hin ist es ja eine Bundesregierung, vor allem international – beim Welternährungsprogramm sogar um 42 Prozent. Da passen doch, Kolleginnen und Kollegen, Worte und Taten nicht zusammen. Dabei bräuchten diese Organisationen doch gerade jetzt mehr Mittel und vor allem weniger Zweckbindung, damit sie auf Krisen schnell und präzise reagieren können.
(Beifall bei der FDP)
Als Freie Demokraten sagen wir deshalb: Multilateralismus darf man nicht nur loben; man muss ihn leben. Deshalb: UN-System stärken. Das ist ganz entscheidend und wichtig. Dabei könnte diese Bundesregierung auch im Bereich des BMZ – wir werden später darüber reden – noch deutlich mehr tun; aber es passiert eben nichts.
Es ist schön – um auch mal was ganz Positives anzumerken –, dass Sie jetzt eine eigene, eine sehr starke Kandidatin für den Posten der Generalsekretärin der OSZE haben – die OSZE ist ein wichtiger Teil der multilateralen Ordnung, die wir so schätzen und die wir stärken wollen –: Helga Schmid. Fantastisch! Unsere guten Wünsche begleiten sie.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es wäre ein superstarkes Zeichen, wenn es gelingen würde, Helga Schmid tatsächlich in diese so wichtige und oft unterschätzte OSZE-Position zu bringen.
Europarat: Bald steht der deutsche Vorsitz an. Ich bin sehr gespannt, was Sie daraus machen, wie Sie ihn nutzen. Sie haben letztes Jahr, als die Duma in die Parlamentarische Versammlung des Europarats zurückkehren durfte, Russland einen großen Vertrauensvorschuss gewährt. Russland hat ihn bisher nicht honoriert. Beispiele, glaube ich, brauche ich hier nicht zu bringen.
Deshalb die Bitte – es soll ja jetzt darum gehen, ein neues Verfahren zu finden, wie zum Beispiel Untersuchungen durch den Europarat durchgeführt werden können –: Wenn das jetzt während Ihrer Vorsitzzeit läuft und konkretisiert wird, passen Sie auf, dass die Verfahren des Europarats nicht weiter verwässert werden. Denn das ist das erklärte Ziel der Russischen Föderation. Also: Der Druck auf Menschenrechtsverteidiger steigt, und umso mehr sollte die Bundesregierung sich gerade in UN, OSZE und Europarat für diese Gruppe der Menschenrechtsverteidiger einsetzen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Schwabe [SPD])
Es ist gut, dass Sie endlich auch Frau Tichanowskaja empfangen. Es ist gut, dass die Bundesregierung endlich diesen Schritt macht; er ist überfällig. Ich würde mir sehr wünschen, dass die Bundesregierung mehr macht, insbesondere auch im Bereich deutsch-belarussische Zivilgesellschaftsförderung. Ich weiß, es gibt Pläne, jetzt bei den Visa nachzusteuern, dass sie günstiger werden, dass man sie schneller bekommen kann. Das ist absolut überfällig; wir brauchen das dringend.
Wenn ich mir als Haushälter anschaue, wie viel Geld – unausgegebene Reste – im Bereich „Ausbau der Zusammenarbeit mit Ländern der Östlichen Partnerschaft“ im Haushalt übrig ist, dann fasse ich es nicht. Wir Parlamentarier und Koalitionshaushälter Doris Barnett, Alois Karl und ich haben gemeinsam mit Ekin Deligöz von den Grünen dafür gesorgt, dass hier mehr Geld reinkommt. Aber dieses Geld wird nicht ausgegeben – jedenfalls nur teilweise. So kann man mit dem ausdrücklichen Wunsch des Parlaments nicht umgehen. Wir wollen, dass Sie hier mehr machen. Auch hier müssen Worten Taten folgen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kollege Link, Sie können selbstverständlich weiterreden; aber das tun Sie jetzt auf Kosten Ihres Kollegen.
Und deshalb komme ich jetzt zum Schluss. – Danke für die Aufmerksamkeit, und ich freue mich auf die Ausschussberatungen.
(Beifall bei der FDP – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist mal fair gegenüber dem Kollegen!)
Das Wort hat der Kollege Michael Leutert für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473320 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Auswärtiges Amt |