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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Monaten sind unsere Soldatinnen und Soldaten im Coronaeinsatz in Krankenhäusern, Gesundheitsämtern, Pflegeheimen. Einen herzlichen Dank von uns an alle, die da so aktiv teilnehmen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das sind momentan primäre Aufgaben der Bundeswehr.

Gleichzeitig wurden die Ausbildungsmissionen in den Einsatzgebieten Mali, Afghanistan, Irak zwar nicht ausgesetzt, zumindest jedoch deutlich reduziert. Das heißt nicht, dass die Welt während und gerade wegen der Pandemie sicherer geworden ist; das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren. Terror und Gewalt haben durch das entstandene Vakuum zugenommen. Denn eines muss uns klar sein: Terroristen warten nicht darauf, bis der Virus bekämpft ist oder wir einen Impfstoff gefunden haben.

Fakt ist: Die Anforderungen an die Bundeswehr steigen stetig weiter. Folgerichtig steigt der Verteidigungsetat – nicht überproportional, in der Tat. Aber umso wichtiger ist, dass er steigt; denn, meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie Sie das machen: Zuerst sichert man die Haustür, bevor man das Haus innen nett einrichtet.

Das ändert allerdings nichts an der Frage, wie effizient das bereitgestellte Geld eigentlich ausgegeben wird. Die jüngste Entscheidung, die Ausschreibung für den schweren Transporthubschrauber – es wurde gerade genannt – auszusetzen, hinterlässt wahrlich nur Kopfschütteln, und es ist ein Paradebeispiel dafür, wie absurd die Abläufe im Ministerium sind, wenn es um die Beschaffung wichtiger Geräte geht. Seit Jahren werden nicht die Dinge beschafft, die dringend erforderlich sind, obwohl im Haushalt bereits vorgesehen, entweder weil die Mittel wegen anderer Projekte umgeschichtet werden, oder sie werden nicht ausgegeben, weil das Beschaffungsamt es nicht auf die Kette bekommt.

Meine Damen und Herren, jetzt trifft es genau diesen Transporthubschrauber, obwohl klar ist, dass wir diese Fähigkeit dringend brauchen. Wir hatten bis vorgestern die Wahl zwischen zwei marktverfügbaren Modellen. Ja, Frau Ministerin, man darf sich von der Industrie nicht durch den Ring führen lassen; aber es hätte in der Tat einer anderen Antwort bedurft. Ich kann nur sagen: Sie ziehen jetzt vor, dass Geld weiter in die Entwicklung eines komplett neuen taktischen Luftverteidigungssystems gesteckt wird, ein System, das schon jetzt Milliarden verschlungen hat und bei dem uns niemand sagen kann, ob es kommt, wann es kommt und welchen Mehrwert es uns eigentlich bringt.

(Beifall bei der FDP)

Frau Ministerin, Sie laufen erneut sehenden Auges in die jähe Fähigkeitslücke. Es ist jetzt Ihr Haushalt und nicht mehr der Ihrer Vorgängerin wie vor einem Jahr: teuer für die Steuerzahler, vor allen Dingen aber verantwortungslos unseren Soldatinnen und Soldaten gegenüber, die nämlich jetzt mit dem alten Material irgendwie zurechtkommen müssen.

Das ist auch deswegen kurios, weil Sie, wie auch gerade wieder, immer neue Ansprüche haben. Ich erinnere mich: Die Bundeswehr soll in Syrien etwas machen, in der Straße von Hormus, soll im Sahel massiver auftreten. Jetzt plötzlich kommt noch der Indopazifik dazu. Ich weiß nicht, wer Sie beraten hat. Ich habe gedacht, alle Berater, die uns im Untersuchungsausschuss begegnet sind, sind inzwischen woanders; aber offensichtlich gibt es immer noch ein paar, die das machen.

Wie wollen Sie das alles hinbekommen, diese außenpolitische, ambitionierte Sache, wenn die Brot-und-Butter-Artikel für die Soldatinnen und Soldaten nicht mal zu Hause, vor der Haustür erreichbar sind?

(Beifall bei der FDP – Henning Otte [CDU/CSU]: Wenn das jemand schafft, dann Frau Kramp-Karrenbauer!)

– Das freut mich. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Nein, ist so!)

– Ja, man sieht ja gerade, was erreicht wird.

Es werden zentrale Projekte gestrichen, übrigens auch des Heeres, und die Ausgabentitel – können Sie nachschauen – Munition, Materialerhalt und Bekleidung sind wieder reduziert worden.

Jetzt noch ein Letztes zur NATO. Ja, es ist ein richtiges Signal, auch an unsere NATO-Verbündeten, dass der Verteidigungshaushalt zumindest nicht sinkt. Aber: Herr Schwarz von der SPD, Sie sprachen gerade so glücklich darüber, wir würden uns dem 2-Prozent-Ziel nähern. Ich meine, das ist ja Zynismus pur, nach dem Motto: Wenn der Haushalt so richtig schlecht ist – super! –, dann erreichen wir 2 Prozent. – So kann man es auch rechnen. Herr Felgentreu, Sie haben recht: Die SPD kann Krise.

(Beifall bei der FDP)

Frau Ministerin, ich darf Sie an Ihre Worte erinnern – da bin ich übrigens auch bei Ihnen –: Nicht allein die Ausgaben zählen, sondern es zählt, welche Fähigkeiten wir der NATO zur Verfügung stellen. Eine zentrale Verpflichtung ist die Gestellung der NATO-Speerspitze VJTF 2023. Dafür sollte das Heer eine voll ausgestattete Brigade aufstellen. Dafür reicht dieser Haushalt erneut nicht.

Manchmal frage ich mich, was im Ministerium dem ein oder anderen durch den Kopf geht, was die Soldatinnen und Soldaten – Sie sagten es ja gerade –, die für unsere Freiheit in Frieden da sind, eigentlich denken müssen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir brauchen mehr Soldatinnen und Soldaten. Aber dieser Aufwuchs wird nur gelingen, auch in diesen Coronazeiten, wenn die Einsatzbereitschaft gewährleistet ist; denn nur Einsatzbereitschaft ist Attraktivität.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Der nächste Redner ist der Kollege Dr. Alexander Neu, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7473529
Wahlperiode 19
Sitzung 179
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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