Siemtje MöllerSPD - Verteidigung
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die schönsten Begegnungen für mich sind immer die mit den Angehörigen der Bundeswehr, sei es in der Heimat oder im Einsatz,
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Auf der „Gorch Fock“!)
wenn sie von ihren Eindrücken, von ihren Erfolgen, von dem Glück der Gemeinschaft, der Kameradschaft berichten und davon, wie bereichernd bei aller Herausforderung – interkulturell, persönlich und beruflich – die Einsätze der Bundeswehr im Ausland sind. Aber auch von ihren Nöten und Sorgen erzählen sie; von den Engpässen bei Material, den zähen Beschaffungs- und Instandsetzungsprozessen, dem Rumschlagen mit feinstem Verwaltungsdeutsch und der Mühsal, die sich daraus ergibt. Viele Sorgen höre ich und zugleich von der unerschütterlichen Bindung an das Grundgesetz und die Bundesrepublik, der die Soldatinnen und Soldaten und auch die Zivilbeschäftigten treu zu dienen geschworen haben.
Artikel 87a unseres Grundgesetzes legt fest: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“ Genau das ermöglichen wir mit dem vorgelegten Haushalt. Satte 46 Milliarden Euro wollen wir zur Verfügung stellen, um diesem Verfassungsgrundsatz nachzukommen. Ich finde das, genauso wie meine Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion, richtig; im Übrigen tragen wir das seit 2014 mit. Es ist richtig, weil es darum geht, dass wir die Menschen, die wir in die Einsätze schicken, die ihrer Treueverpflichtung nachkommen, die bereit sind, im Fall der Fälle ihre Haut zu riskieren und ihr Leben zu lassen, mit den notwendigen Ausrüstungen und dem notwendigen Material ausstatten.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Aber auch die zu Hause!)
Für diese staatliche Aufgabe, die sich aus der Verfassung ergibt – für die Sicherheit unseres Landes und auch für die Sicherheit der eingesetzten Kräfte zu sorgen –, Geld auszugeben, ist richtig und sinnvoll. Aber, sehr geehrte Frau Ministerin, das Geld, das wir Ihnen zur Verfügung stellen, will auch sinnvoll ausgegeben werden. Wenn die Einsatzbereitschaft von Material und Personal das Ziel ist – und nichts anderes besagt Artikel 87a Satz 1: „Der Bund stellt bewaffnete Streitkräfte zur Verfügung“ –, dann bedarf es dringender Verbesserungen im Bereich „Beschaffung und Instandhaltung“, um zur Gestellung ebenjener bewaffneter, einsatzbereiter Streitkräfte zu kommen: Streitkräfte, die sich nicht mit Kleinstbeschaffungen monatelang aufhalten müssen und schon beinahe bessere Verwaltungswirte denn bestens ausgebildete Soldaten sind, Streitkräfte, die nicht bibbern, wenn sie mal ihr Schiff an die Kette legen, und fürchten müssen, dass es jahrelang ausfällt, weil es vor Gericht Auseinandersetzungen gibt, Streitkräfte, die sich nicht per Learning by Doing ihre Waffensysteme selber erschließen, Streitkräfte, die sich am Ende darauf verlassen können, dass in allen Geschäftsbereichen Artikel 87a Satz 1 Grundgesetz oberstes Ziel ist.
Wir erwarten deshalb, Frau Ministerin, dass Ihr Haus nicht taktiert, sondern die für die Beschaffung notwendigen 25-Millionen-Vorlagen auch liefert. So können wir im Haushalts- und Verteidigungsausschuss die Beschlüsse zum Wohle der Bundeswehr und zum Schutze der Soldatinnen und Soldaten auch treffen.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Welche wollen Sie denn haben?)
– Ich hab da eine ganze Reihe, Herr Kollege, und die kennen Sie.
Ein weiterer Baustein davon ist, Teile der Wehrindustrie als Schlüsseltechnologie einzustufen und die regierungseigenen Strategiepapiere dann auch konsequent anzuwenden. Am Ende muss der nationalen Sicherheit mehr Gewicht beigemessen werden als dem dogmatischen Festhalten am europäischen Vergaberecht, das nirgends sonst als in der Bundesrepublik Deutschland Anwendung findet.
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das ist eine Legende! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kriegt man mehr Verschwendung von Geldern! Dann wird es nicht besser! Teures und nicht funktionierendes Gerät! Wir brauchen mehr europäischen Wettbewerb!)
Natürlich umfasst der Schlüsseltechnologiebereich ebenso die Instandhaltung wie auch den Neubau. Unsere Bundeswehr muss sich darauf verlassen können, dass ihre Ausstattung, egal ob es PC, Uniform oder Mehrzweckkampfschiff ist, zügig beschafft wird und einwandfrei funktioniert.
Schon bei der Verabschiedung des letzten Haushaltes war klar: Der Beschaffungsprozess ist so, wie er ist, viel zu langwierig, kostet unnötig Zeit, Geld und Nerven. Das dient weder unseren Soldatinnen und Soldaten noch unserer Sicherheit. Halten wir doch Moltke in Ehren, der sagte:
Fester Entschluss und beharrliche Durchführung eines einfachen Gedankens führen am sichersten zum Ziel.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Möller. – Der nächste Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Dr. Reinhard Brandl.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473533 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |