Stephan ThomaeFDP - Justiz und Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen! Verehrte Kollegen! Frau Ministerin, lassen Sie mich mit einem Blick auf den Fall des Giftanschlages auf Alexej Nawalny beginnen. Was hat das hier in dieser Debatte verloren? Dieser Fall enthält auch eine rechtspolitische Komponente. Denn Russland hat in der Zwischenzeit drei Rechtshilfeersuchen an uns gestellt, die bislang unbeantwortet geblieben sind, was Russland veranlasst, uns vorzuhalten, dass wir die Ermittlungen in Russland behindern würden – was natürlich völliger Unsinn ist.
Wer glaubt allen Ernstes, dass Russland, dessen staatliche Stellen selbst im Verdacht stehen, an diesem Anschlag beteiligt zu sein, ihn verübt zu haben, einen echten Aufklärungswillen hat? Diesen Glauben hat niemand. Deswegen, Frau Ministerin, fordere ich Sie auf: Weisen Sie diese Ersuchen Russlands entschieden zurück. Meine Aufforderung an Sie wäre, sich stattdessen für eine internationale Untersuchungskommission starkzumachen, um den Fall Nawalny international aufzuklären, wie es das schon einmal im Jahr 2005 bei dem Fall Hariri gab. Dann kann auch Putin unter Beweis stellen, dass er an der Aufklärung des Falles Nawalny mitwirkt.
(Beifall bei der FDP)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Rahmen der Haushaltsberatungen, die jetzt beginnen, möchte ich einige Worte zu einer modernen Justizpolitik sagen; Kollegin Ihnen sprach es schon an. Ich lege Ihnen sehr ans Herz, auf die Themen „Digitalpakt für die Justiz“ und „Pakt für den Rechtsstaat“ ein wichtiges Augenmerk zu legen. Zum Digitalpakt haben wir als FDP schon vor über einem Jahr einen Antrag zur Einführung der technischen Aufzeichnung in Hauptverhandlungen von Landgerichten und Oberlandesgerichten in Strafverfahren vorgelegt. Sie haben eine Expertenkommission eingesetzt, die allerdings leider erst im Sommer 2021 ihren Abschlussbericht vorlegen wird. Das heißt, dass dieses wichtige Vorhaben noch einmal um eine Wahlperiode verschoben wird; das bedauern wir sehr. Wir haben schon vor über einem Jahr den Anstoß dazu gegeben. Sie hätten einfach nur übernehmen müssen, was wir vorgeschlagen haben. Leider kommt es jetzt zu dieser Verzögerung.
(Beifall der Abg. Ulla Ihnen [FDP])
Vor allem aber will ich für die kommenden Haushaltsberatungen das Augenmerk noch einmal auf den Pakt für den Rechtsstaat richten. Auf die Justiz kommen mehr und mehr Lasten und Aufgaben zu: Mehrbelastungen allerorts, Entlastungen nirgends. Sie haben jetzt einen Gesetzentwurf zum Thema Verbandssanktionsrecht vorgelegt, wohinter sich eigentlich nichts anderes verbirgt als das alte Unternehmensstrafrecht. Mir ist der Mehrwertwert dieses Gesetzes unklar. Was kann denn abschreckender wirken als die persönliche Haftung der Handelnden? Der Mehrwert ist mir höchst unklar; die Mehrbelastung hingegen wird es allenthalben geben. Das wird ein Problem werden, das wir auch andernorts haben: immer mehr Belastungen für die Justiz, aber bei geringem Mehrwert. Deswegen denke ich: Auch das müssen wir angehen. Wir müssen eine Aufgabenkritik durchführen und überlegen: „Wo kann man die Justiz entlasten?“, damit wir sie fitmachen für das 21. Jahrhundert – für eine moderne Justiz.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion Die Linke der Kollege Niema Movassat.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473786 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 180 |
Tagesordnungspunkt | Justiz und Verbraucherschutz |