01.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 180 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 09

Sabine PoschmannSPD - Wirtschaft und Energie

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Satz an Herrn Lämmel sei mir gestattet: Wer in diesem Haus gegen ein Lieferkettengesetz ist, der ist auch gegen Menschenrechte.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der AfD – Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: Unsinn!)

Deshalb: Sprechen Sie doch bitte noch mal mit dem Herrn Dobrindt, und klären Sie das in der Union; denn genau jetzt wäre der richtige Zeitpunkt. Ein Blick in den Koalitionsvertrag erleichtert die Sache vielleicht auch ungemein.

(Johann Saathoff [SPD]: Ganz genau!)

Als wir hier im letzten Jahr über den Haushalt diskutiert haben, gab es einige, die gerne eine höhere Verschuldung für Investitionen wollten, und andere wollten gerne eine steuerliche Entlastung für Unternehmen nach dem Gießkannenprinzip. Olaf Scholz und die SPD-Bundestagsfraktion haben das damals abgelehnt mit der Begründung: Der Wirtschaft ging es gut, und wir brauchten so eine Entlastung zu dieser Zeit nicht. Besser, Rücklagen bilden und für schlechte Zeiten aufheben! Dabei dachten wir natürlich eher an eine Rezession als an Corona, was uns dann eingeholt hat.

Jetzt sind wir froh, dass wir genau diesen Weg gegangen sind. Olaf Scholz hat sich wieder einmal als vorausschauender Stratege erwiesen.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN – Jan Korte [DIE LINKE]: Oijoijoi! – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Der kann über Wasser laufen!)

Deshalb konnten wir nämlich jetzt, als es brannte, schnell und entschlossen agieren. Jetzt können der Wumms und die Bazooka nämlich ziehen:

(Jan Korte [DIE LINKE]: Aber hört mal mit dem Wumms auf! Das ist peinlich! – Martin Reichardt [AfD]: Was ist denn das für eine militaristische Ausdrucksweise?)

mit den Soforthilfen, mit den Überbrückungshilfen, mit der Kurzarbeit und dem Konjunkturprogramm. Die Wirtschaft erholt sich, wenn auch langsam. Aber wir sehen doch: Die Kurzarbeit geht sogar leicht zurück. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen für dieses Land.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD: Wumms!)

Aber nicht alle Branchen können aufatmen. Aufgrund von Beschränkungen sind weiterhin viele Branchen stark betroffen: die Schausteller, die Veranstalter, die Messen und Reisebüros, Kneipiers, Hoteliers, Caterer und Clubbesitzer.

Hier sollten wir erstens noch einmal darüber nachdenken, ob Verbote und stark begrenzte Besucherzahlen wesentlich sind oder ob nicht die Hygienekonzepte entscheidender sind.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])

Eine ganze Branche über eine so lange Zeit vom Netz zu nehmen, kann auf Dauer nicht funktionieren, auch wenn Herr Söder gerne mal alleine zu Hause tanzt, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oijoijoi!)

Zweitens. Für diese Branchen braucht es weitere Hilfen. 25 Milliarden Euro sind bereitgestellt. Das Parlament hat dieses Geld aber nicht bereitgestellt, damit es im Haushalt weiter schlummert, sondern das Geld soll tatsächlich bei den Unternehmen ankommen. Bei der Umsetzung muss der Wirtschaftsminister, Herr Altmaier, noch mal einen Zacken zulegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Scholz auch!)

Die Maßnahmen sollen nämlich – dafür haben wir sie ja angesetzt – vor Insolvenzen schützen und Arbeitsplätze sichern. Daher ist es richtig, dass die Überbrückungshilfen jetzt verlängert und vor allen Dingen angepasst werden.

Dennoch sehe ich weiteren Handlungsbedarf. Unterstützung wird über Dezember hinaus gebraucht. Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Wir müssen mal aufhören, in Dreimonatsabschnitten zu denken. Auch größere Unternehmen der Branche, die jetzt länger draußen sind, brauchen Zuschüsse. Wir können sie nicht weiter nur mit Krediten in die Verschuldung treiben. Eine weiter anhaltende Durststrecke halten sie nicht durch. Diese Branchen brauchen eine Perspektive.

Ich komme zu einem weiteren Punkt. Damit die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt, braucht es starke Kommunen. Wir alle wissen: Zwei Drittel aller öffentlichen Investitionen im Land sind von den Kommunen abhängig. Das bedeutet Aufträge für die heimische Wirtschaft und vor allen Dingen fürs Handwerk. Doch finanzschwache Kommunen laufen Gefahr, weiter abgehängt zu werden. Ich fordere daher weitere Unterstützung, zum Beispiel einen Altschuldenfonds.

Wir brauchen starke Kommunen, nicht nur für Wirtschaft und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, für Schulen, für Krankenhäuser, für bezahlbares Wohnen, für den öffentlichen Personennahverkehr. Wenn wir jetzt zusammenhalten, können wir die Zukunft meistern.

Frau Kollegin Poschmann, Sie können selbstverständlich weiterreden; Sie tun es aber auf Kosten Ihres Kollegen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Dr. Martin Neumann hat nun für die FDP-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7473817
Wahlperiode 19
Sitzung 180
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta