01.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 180 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 15

Sabine DittmarSPD - Gesundheit

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Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Ich denke, der Großteil dieses Hauses ist sich einig: Die Coronapandemie hat uns eines gezeigt: Unser Gesundheitssystem arbeitet gut, es arbeitet zuverlässig, und es arbeitet auf einem qualitativ hohen Niveau.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich möchte deshalb die Haushaltsdebatte auch dafür nutzen, um allen Beschäftigten im Gesundheitsbereich zu danken, egal ob sie im Krankenhaus, im ambulanten Bereich, im Seniorenheim tätig sind. Danke, dass Sie für die Patientinnen und Patienten Tag für Tag mit Rat und in erster Linie mit Tat da sind!

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, sicher werden wir zum gegebenen Zeitpunkt Resümee ziehen, was in der Krise gut funktioniert hat und wo nachgebessert werden muss. Da kristallisieren sich jetzt schon einige Tätigkeitsfelder heraus. Ich nenne nur Schutzausrüstung und Öffentlicher Gesundheitsdienst. Beides haben wir bereits angepackt. Den Aufbau einer nationalen Reserve an medizinischer Schutzausrüstung werden wir mit 1 Milliarde Euro unterstützen. Und den Öffentlichen Gesundheitsdienst als tragende Säule in der Pandemiebekämpfung werden wir mit dem Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst mit 4 Milliarden Euro stärken. Die Gelder sollen vor allem für die Personalsituation und für die IT-Ausstattung verwendet werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, was aber auch zum Ausdruck kam, sind die großen Defizite bei der Digitalisierung. 40 Prozent unserer Krankenhäuser arbeiten kaum digital; damit bleiben unsere Krankenhäuser weit hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Hier müssen wir besser werden. Deshalb war es richtig und wichtig, dass wir vor 14 Tagen das Krankenhauszukunftsgesetz verabschiedet haben. Wir haben damit die gesetzliche Grundlage geschaffen, um im Haushalt 2021  3 Milliarden Euro für Investitionen in eine moderne digitale Krankenhausausstattung zur Verfügung stellen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Fakt ist, dass wir Corona bisher besser als die meisten Länder bewältigt haben – das sage ich, wie auch der Minister, nicht mit Stolz, sondern mit sehr viel Demut –, weil wir schnell und entschieden gehandelt haben. Wir sind uns aber auch einig, dass es sich hier um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt und wir nicht allein die Beitragszahler zur Kasse bitten können. Deshalb ist es richtig, dass unser Finanzminister alles getan hat, um die Lasten der Pandemie gerecht zu verteilen.

Zur Bewältigung der coronabedingten Mehrausgaben sind bereits 2020  3,5 Milliarden Euro zusätzliche Bundesmittel an den Gesundheitsfonds geflossen. Damit wurden in erster Linie Intensivbetten und Tests finanziert, aber auch die wichtigen Schutzschirme für Heilmittelerbringer, Sozialdienste und Rehabilitationseinrichtungen. Natürlich werden wir auch prüfen, welche Maßnahmen und Schutzschirme verlängert oder angepasst werden müssen. Hier habe ich ganz besonders die Rehabilitationseinrichtungen oder Einrichtungen für Mutter-Vater-Kind-Kuren im Blick.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Im Haushalt 2021 erreicht der Bundeszuschuss mit fast 20 Milliarden Euro eine nie dagewesene Höhe, und auch die zusätzlichen 5 Milliarden Euro decken nach heutigem Kenntnisstand die pandemiebedingten Zusatzausgaben der Krankenversicherungen.

Zur Stabilisierung der Krankenversicherungsbeiträge plant nun der Minister bzw. die Bundesregierung, neben dem Bundeszuschuss auch 8 Milliarden Euro von den 20 Milliarden Euro Rücklagen der Kassen zum Einsatz kommen zu lassen. Ich gebe zu: Das ist nicht schön. Ich kann den Unmut von vielen Verwaltungsräten in der gesetzlichen Krankenversicherung verstehen. Das ist ein Eingriff in die Finanzautonomie, der sehr tiefgehend ist und der unter normalen Bedingungen sicher nicht zu dulden wäre. Aber die Alternative wäre eine Verdoppelung der Zusatzbeiträge, und ich bin davon überzeugt, dass eine solche Beitragssteigerung jetzt, in der Krise, mit Blick auf die notwendige konjunkturelle Erholung ein falsches Signal wäre.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt, Kolleginnen und Kollegen, ist Solidarität gefragt. Aber die Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung endet – im Gegensatz zur privaten Krankenversicherung – eben nicht an der eigenen Haustür. Die gesetzlichen Krankenkassen bilden insgesamt eine leistungsfähige Solidargemeinschaft, die sich auf 70 Millionen Versicherte erstreckt. Diese Solidarität fordere ich auch von der PKV, von der privaten Krankenversicherung, wenn es darum geht, die Lasten gerecht zu verteilen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn von den getroffenen Maßnahmen und Investitionen, seien sie nun pandemiebedingt oder Resultat unserer gesundheitspolitischen Gesetzgebung, profitieren alle Bürgerinnen und Bürger.

Kolleginnen und Kollegen, wir haben viele gute Gesetze auf den Weg gebracht, aber, sehr geehrter Herr Minister, für die SPD sind zwei Themen noch besonders wichtig. Das ist zum einen die Reform der Notfallversorgung; denn es ist notwendig, dass Patientinnen und Patienten abhängig von der Schwere ihrer Erkrankung in der richtigen Versorgungsebene behandelt werden. Das Zweite ist der Bereich der Pflege. Hier müssen Sie in dieser Legislaturperiode noch liefern. Wir müssen dringend die Eigenanteile der Bewohner der Pflegeheime begrenzen, das Angebot der Kurzzeitpflege ausweiten und die Leistungen in einem Entlastungsbudget zusammenführen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, ich denke, Corona wird die Agenda der Gesundheitspolitik weiter bestimmen. Wir alle wissen nicht, was im Herbst und im Winter auf uns zurollt. Die aktuellen Zahlen, auch mit Blick auf das europäische Ausland, sind mehr als beunruhigend. Wir müssen alles dafür tun, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten. Deshalb begrüße ich auch die Beschlüsse von Bund und Ländern.

Ich sage Ihnen eines: Wir sind jetzt alle gefordert, das gemeinsam Erreichte nicht zu gefährden. Deshalb: Achtsam bleiben, Abstand halten, Mund-Nasen-Schutz tragen, die Hygieneregeln einhalten und nicht in Risikogebiete reisen. Ich denke, das hilft.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dittmar. – Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Kollege Karsten Klein.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7473847
Wahlperiode 19
Sitzung 180
Tagesordnungspunkt Gesundheit
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