Katrin Helling-PlahrFDP - Gesundheit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! 2020 ist alles anders. Wir haben hier in diesem Jahr Entscheidungen getroffen, von denen wir uns nie ausgemalt hätten, dass wir sie je treffen würden, vor allem in haushaltspolitischer und demokratischer Hinsicht. Diejenigen von uns, die sich ernstlich in Verantwortung für dieses Land sehen, mussten das tun.
Wenn man den Pfad der Tugend verlassen musste, sollte man aber alles daransetzen, schnellstmöglich auf ihn zurückzukehren.
(Beifall bei der FDP)
Hierzu fehlt Ihnen, Herr Minister, fehlt der Großen Koalition ganz offenkundig nicht nur der Ehrgeiz, sondern sogar der Wille, in haushalterischer wie in demokratischer Hinsicht. Das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite betreffend waren wir es, die erst erkämpfen mussten, dass nicht Sie die epidemische Lage nach eigenem Gutdünken ausrufen können, sondern dass wir als Parlament darüber zu entscheiden haben,
(Beifall bei der FDP)
ob das Bundesgesundheitsministerium weitreichendste Kompetenzen bekommt.
Und jetzt haben Sie es sich mit Ihren Befugnissen ganz bequem gemacht. Ja, wir haben eine Epidemie, aber wir haben keine epidemische Lage von nationaler Tragweite mehr. Wir sind als Parlament entscheidungsfähig. Deshalb gehören Entscheidungen in die Hände der gewählten Abgeordneten.
(Beifall bei der FDP)
Ja, wir haben leider wieder besorgniserregend steigende Fallzahlen und dürfen nicht nachlassen – aber die Gefahr ist eben lokal ganz unterschiedlich ausgeprägt. Dass Sie an der epidemischen Lage von nationaler Tragweite festhalten, ist absurd.
Natürlich geben Sie, Herr Minister, Macht, die Sie einmal haben, nicht gerne ab. Das ist nicht verwunderlich, denn Sie hatten ja schon immer, sagen wir, Machtausbaufantasien. Wir denken an den Versuch, die Selbstverwaltung auszuhebeln und sich die Entscheidungskompetenz darüber anzueignen, was die Kassen zahlen.
(Beifall bei der FDP)
Im April hat die Kanzlerin gesagt, die Coronakrise sei eine Katastrophe für die Demokratie. Inzwischen sind Sie es als Bundesregierung selbst, die behindert. Herr Minister, Sie können gewiss sein, dass wir alles daransetzen, um Sie auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. Die epidemische Lage von nationaler Tragweite gehört unverzüglich beendet.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Paul Viktor Podolay [AfD] – Karin Maag [CDU/CSU]: Das wäre dann aber unsere Entscheidung!)
Was unsere Bürgerinnen und Bürger nicht brauchen, sind Drohungen mit weiteren Lockdowns, brachialem Durchgreifen, Schreckensszenarien von 20 000 Neuinfektionen und Durchhalteparolen.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Er hat gerade das Gegenteil gesagt!)
Sie brauchen eine Perspektive, wie sie ihr Leben gestalten können, wie wir größtmögliche Normalität erhalten, die Freiheit möglichst wenig antasten. Und sie brauchen Transparenz, um mitgehen zu können.
(Beifall bei der FDP)
Dabei würde eine zielgerichtete nationale Teststrategie, wie wir sie vorgelegt haben, enorm helfen. Die Ergebnisse müssen Getesteten zwingend innerhalb von 24 Stunden zur Verfügung gestellt werden. Dazu müssen wir die Voraussetzungen schaffen mit digitalen Meldewegen und 24/7-Betrieb von Laboren und Gesundheitsämtern. Werden Sie hier endlich tätig!
Herr Minister, es ist richtig, dass wir bis jetzt ganz gut durch die Krise gekommen sind. Aber man muss sagen: Sie haben sich eher zum Erfolg gestolpert. Es gab ja eine richtige Serie von Pleiten, Pech und Pannen. Das Beschaffungschaos – sei es im Hinblick auf Masken oder Beatmungsgeräte, über die nun Rechtsstreitigkeiten geführt und die verschenkt werden – wird uns im Ausschuss noch lange beschäftigen und den Steuerzahler vollkommen unnötig belasten. So etwas gilt es in Zukunft mit einer planvollen Vorratshaltung unbedingt zu vermeiden.
Dass wir bis dato so gut dastehen, ist vor allem das Verdienst derjenigen, die in den Gesundheits- und Pflegeberufen und an anderen Schlüsselpositionen trotz aller Widrigkeiten wie fehlenden Schutzausrüstungen und persönlicher Risikodisposition angepackt haben. Der Pflegebonus nur für die Altenpflege – die ihn zweifelsohne auch verdient hat – muss da doch wie Hohn zum Beispiel für die Beschäftigten in den Kliniken wirken.
(Karin Maag [CDU/CSU]: Deswegen kriegen die das jetzt!)
Wertschätzende Politik sieht anders aus! Wertschätzung bedeutet, dass sich Leistung auch lohnen muss. Das gilt im Übrigen auch für die vielen Hausärzte, die ja das Gros der Covid-19-Patienten behandeln und deren tatsächlich erbrachte Leistungen schon lange nicht mehr vergütet werden. Deshalb: Weg mit der Budgetierung!
(Beifall bei der FDP)
Schließen möchte ich mit einem Dank an all diejenigen, die unser Gemeinwesen in der Krise aufrechterhalten. Seien Sie gewiss: Wir Freie Demokraten stehen an Ihrer Seite.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Harald Weinberg für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7473854 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 180 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |