Kerstin Griese - Anpassung der Regelbedarfe nach dem SGB XII
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Alle fünf Jahre legt das Statistische Bundesamt neue Daten über das Ausgabeverhalten in Deutschland vor, die sogenannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, EVS. Auf dieser Grundlage müssen die Regelbedarfe sowohl im Sozialgesetzbuch II, also der Grundsicherung für Arbeitsuchende, und im Sozialgesetzbuch XII, der Sozialhilfe, und auch die Leistungssätze im Asylbewerberleistungsgesetz neu festgelegt werden. Es geht also um die Weiterentwicklung der Grundsicherung. Auf diese Grundsicherung können sich die Menschen verlassen. Das hat sich auch und gerade in der Coronapandemie gezeigt,
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nein!)
und weiterhin gilt, dass die Grundsicherung pünktlich von den Jobcentern ausgezahlt wird. Darauf können sich die Menschen, die Hilfe brauchen, verlassen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Drei Punkte sind mir in diesem Gesetzentwurf ganz besonders wichtig:
Erstens. Mit dem von der Bundesregierung hier eingebrachten Entwurf für ein neues Regelbedarfsermittlungsgesetz halten wir an dem bisherigen Verfahren fest. Dieses wurde auch 2014 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Damit stellen wir sicher, dass die sozialen Sicherungssysteme auch in Krisenzeiten ein menschenwürdiges Existenzminimum garantieren und dass sie ein Mindestmaß an Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen. Aber es handelt sich bei dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nicht einfach nur um ein Weiter-so, sondern um eine sorgfältige Prüfung der EVS-Daten.
Zweitens. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf haben wir im Unterschied zu den beiden vorausgegangenen Regelbedarfsermittlungen der Jahre 2011 und 2017 eine wichtige Weiterentwicklung vorgenommen. Wir halten damit Schritt mit den gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen: Es gibt nämlich mehr Geld für Kommunikation, weil erstmals auch die mobile Kommunikation, also Handykosten, berücksichtigt werden.
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wahnsinn!)
Bislang wurden ausschließlich die Verbrauchsausgaben für eine Flatrate für Festnetzanschlüsse von Telefon und Internet berücksichtigt. Das entspricht nicht mehr dem Standard, und deshalb werden künftig sämtliche Kommunikationsausgaben berücksichtigt. Das ist nicht nur zeitgemäß, sondern wirkt sich auch unmittelbar und sehr deutlich erhöhend auf die Regelbedarfe aus.
Drittens. Wir berücksichtigen die aktuellen Preis- und Lohnentwicklungen. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf steigen die Regelbedarfe bereits deutlich. Die letzte Stufe der Fortschreibung bis zum Inkrafttreten am 1. Januar nächsten Jahres ist dabei aber noch gar nicht enthalten; denn erst jetzt liegen die dafür notwendigen aktuellen Daten vor. Deshalb wird es noch einmal deutliche Erhöhungen der Regelsätze geben. Wir berücksichtigen mit dieser Fortschreibung die aktuelle Entwicklung der Preise und Einkommen bis einschließlich Juni 2020; das ist wichtig, weil damit die Preissteigerungen, die es während der Coronapandemie gegeben hat, berücksichtigt werden. Die Mehrwertsteuersenkung ab 1. Juli dieses Jahres wird allerdings nicht berücksichtigt, und deshalb ergeben sich hier Fortschreibungen, sprich: Erhöhungen; das soll durch einen Änderungsantrag in den Ausschussberatungen eingefügt werden.
Danach werden die Regelbedarfe zum 1. Januar 2021 für alle sechs Regelbedarfsstufen ansteigen. Das heißt zum Beispiel konkret, dass sich der Regelbedarf für Alleinstehende um 14 Euro auf 446 Euro erhöht. Vor allem – das ist mir wichtig zu betonen – sind diese neuen Regelsätze für die Kinder hilfreich. So erhalten 14- bis 17-jährige Kinder künftig 45 Euro mehr – das entspricht einer Erhöhung um 14 Prozent –, und auch für die unter 6-jährigen Kinder gibt es mit 33 Euro mehr eine deutliche Erhöhung von 13 Prozent. Das ist besonders für die Kinder eine deutliche Erhöhung. Die Grundsicherung wird mit diesem Gesetz nicht nur weiterentwickelt und deutlich erhöht – übrigens so hoch wie noch nie –, vielmehr ist sie weiterhin krisenfest.
Ich bitte Sie deshalb um gute Beratung und um Unterstützung des vorliegenden Gesetzentwurfs, damit die Grundsicherung, wie geplant, zum 1. Januar 2021 erhöht werden kann. Die Grundsicherung ist als soziale Sicherung für Menschen, die Hilfe brauchen, ein guter und wichtiger Pfeiler unseres Sozialstaates. Wir sollten sie nicht schlechtreden, sondern weiterentwickeln.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das sehen viele Betroffene anders!)
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin! – Nächster Redner ist der Kollege Uwe Witt, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7475261 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 182 |
Tagesordnungspunkt | Anpassung der Regelbedarfe nach dem SGB XII |