Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer an den TV-Geräten! Heute debattieren wir den Gesetzentwurf der Regierung zur Ermittlung der Regelbedarfe für Menschen, die Hartz IV beziehen, die auf Unterstützung nach dem SGB XII, also auf Sozialhilfe, angewiesen sind, und für 1,77 Millionen Asylbewerber, die die Vorzüge des deutschen Sozialsystems zu schätzen wissen.
Eine Anpassung der Regelbedarfe im SGB II und SGB XII ist längst überfällig. Dennoch tue ich mich schwer, die sogenannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, kurz EVS genannt, als sinnvollen Maßstab zu akzeptieren. Sie spiegelt mitnichten die tatsächlich erforderliche Höhe der einzelnen Positionen der Regelbedarfe wider. Während zur früheren Erhebung noch der klassische Warenkorb als Referenzgröße genutzt wurde, ist die EVS eine nackte statistische Größe, die rein gar nichts mit der Realität an der Supermarktkasse zu tun hat.
(Beifall bei der AfD)
Des Weiteren ist es dieser Statistik bzw. der Zeitspanne, die es braucht, diese Statistik zu erstellen, zu verdanken, dass die Regelbedarfe für das Jahr 2021 auf einer Datenerhebung aus dem Jahr 2018 basieren sollen. Da können sich unsere Hartz-IV-Empfänger glücklich schätzen, dass die Jahre 2018, 2019 und 2020 relativ geringe Inflationsraten im Schnitt von 1,2 Prozent aufwiesen, sodass die mühselig ermittelten Regelbedarfe noch einigermaßen up to date sind. Dennoch erstellt das Ministerium von Herrn Heil hier eine Grundlage, die schon vor Inkrafttreten des Gesetzes veraltet ist.
Das Problem bei Ihrem Gesetzentwurf ist wieder einmal die Vermischung unterschiedlichster Gewerke auf einer großen Baustelle. Kein Architekt käme auf die Idee, Elektrikerleistungen zusammen mit dem Dachstuhl auszuschreiben und zu vergeben. Aber genau das machen Sie hier. Sie packen Hartz IV, Sozialhilfe und das Asylbewerberleistungsgesetz in eine Box, schütteln kräftig und heraus kommt eine Melange,
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil es eine Grundsicherung ist! Weil die Grundsicherung für alle gilt! Das sind alles Menschen!)
die niemandem wirklich schmecken wird – außer den Flüchtlingen, die sich über ein üppiges Taschengeld freuen werden.
(Beifall bei der AfD)
Genau hier setzt unser Antrag „Taschengeld für die in Heimen lebenden Bürger“ an.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das können Sie besser! Selbst Sie können das besser!)
Es kann nicht sein, Herr Heil, dass Sie den 1,77 Millionen Flüchtlingen – herzlichen Dank an Frau Jelpke von den Linken für die genauen Zahlen – ein Taschengeld in Höhe von 153 Euro im Monat zahlen, aber circa 200 000 Heimbewohner mit 116,64 Euro abgespeist werden.
(Beifall bei der AfD)
Diese Heimbewohner sind Menschen in Altersheimen, angewiesen auf staatliche Unterstützung, Menschen in Behinderteneinrichtungen, für die das Bundesteilhabegesetz nicht greift – ein kleiner Kreis der Schwächsten unserer Bevölkerung, die wieder einmal durch das Raster fallen sollen.
Natürlich – Herr Heil, da gebe ich Ihnen absolut recht – fühlt sich der Sozialdemokrat als solcher besser, wenn er üppig das Geld anderer Leute verteilen kann. Aber erklären Sie mir bitte, warum Sie diese relativ kleine und überschaubare Personengruppe schlechterstellen wollen! Weil sie keine Lobby haben? Weil sie sich nicht lautstark beschweren? Oder weil sie Ihnen schlichtweg egal sind?
Mir und meiner Partei sind diese Menschen nicht egal. Als behindertenpolitischer Sprecher meiner Fraktion fühle ich mich besonders verpflichtet, unseren Bürgern mit Behinderung die Möglichkeit auf ein freies und selbstbestimmtes Leben zu geben. Und dazu gehört auch ein Barbetrag, und zwar, wie es früher so treffend hieß, ein Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Ich nenne es „Taschengeld“.
(Lachen der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich komme zum Ende, Herr Präsident. – Unsere Forderung, die Höhe dieses Taschengeldes auf 36 Prozent des Regelsatzes festzulegen,
(Kerstin Tack [SPD]: Das ist ja eine super Forderung!)
ist nichts anderes als die Gleichstellung der Menschen, die vergessen und verdrängt von den Medien und Lobbyisten der Asylindustrie ihr Leben in deutschen Heimen fristen.
(Kerstin Tack [SPD]: Mein Gott! – Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat ja lang genug gedauert, die ganze Rede!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege Witt.
Noch einmal die dringende Bitte, bis zum Pult die Maske zu tragen und sie auch nach der Rede wieder aufzusetzen. Wir üben das einfach noch. Ich sehe aber auch, dass einige Kolleginnen und Kollegen den Saal betreten oder verlassen und die Mund-Nase-Bedeckung unterhalb der Nase tragen. Dieses Gerät heißt „Mund-Nase-Bedeckung“, weil die Nase auch bedeckt werden soll.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will nur darauf hinweisen. Das hat schon seinen Sinn.
Nächster Redner ist der Kollege Tobias Zech, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7475262 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 182 |
Tagesordnungspunkt | Anpassung der Regelbedarfe nach dem SGB XII |