Daniela KolbeSPD - Fachkräfteeinwanderung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht, dass ich eigentlich immer mit etwas Positivem beginne. Ich habe den Antrag gelesen und gesucht. Und ich habe tatsächlich etwas Positives gefunden: Sie nutzen Zahlen des IAB. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit ist wirklich ein sehr gutes Forschungsinstitut.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen; die machen wirklich eine sehr gute Arbeit. Deswegen will ich gerne den Leiter des Forschungsbereichs „Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung“, Herrn Professor Brücker, zitieren, der zum Thema sagt: Deutschland wird alt. – Das kann man nachvollziehen, auch mit Blick auf Ihre Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ihre Fraktionsmitglieder sind im Schnitt deutlich über 50; damit stellen Sie die älteste Fraktion hier im Haus.
Die gute Nachricht ist: Migration dämpft die Folgen des demografischen Wandels in Deutschland schon jetzt. Ihre Rente, wenn Sie mal eingezahlt haben sollten, wird zu einem guten Teil durch die Arbeit von Migrantinnen und Migranten finanziert werden.
Schon jetzt ist ein großer Teil der systemrelevanten Berufe darauf angewiesen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte hier arbeiten: Ärzte, Pflegekräfte, aber auch Beschäftigte aus anderen Bereichen, zum Beispiel Postboten. Und ich finde es wohlfeil, im Zweifel zur Ärztin mit ausländischen Wurzeln zu gehen oder die Oma vom Pfleger aus Vietnam pflegen zu lassen oder sich das hübsche Häuschen von Migrantinnen und Migranten bauen zu lassen und dann hier gegen qualifizierte Beschäftigung zu wettern.
(Zuruf von der AfD: Das haben Sie jetzt nicht verstanden!)
– Doch. Sie haben es, glaube ich, nicht verstanden. Überlegen Sie sich mal, wie Sie in Ihrem realen Leben agieren und was Sie hier tun.
(Zuruf von der AfD: Wiederholen Sie doch noch mal!)
Die Quelle ist zwar sehr gut, aber in Ihrem Antrag würfeln Sie die Zahlen zu qualifizierten Fachkräften und anderen Migrationsformen hübsch durcheinander. An anderen Stellen sagen Sie, man müsste das ganz gravierend trennen. Sie machen es immer so, dass es für Sie stimmig ist; da hilft auch die beste Quelle nichts.
Sie tun so, als hätte das Fachkräfteeinwanderungsgesetz das Einwanderungsrecht in unserem Land vollkommen liberalisiert. Das ist nicht der Fall. Wir hatten schon vorher ein durchaus liberales Einwanderungsrecht. Das war nur sehr unübersichtlich und sehr bürokratisch. Es ist jetzt übersichtlicher und praxisnäher geworden: Bei den beruflich Qualifizierten sehen wir davon ab, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nur auf Engpassberufe zu fokussieren, und es wird vor allen Dingen verwaltungstechnisch deutlich besser. Das ist auch wirklich angezeigt. Oder wollen wir Visumanträge wirklich weiterhin auf dem Postweg bearbeitet wissen? Das ist nicht der Fall. Da ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wirklich ein großer Fortschritt.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird wirken, wenn sich die Unternehmen bemühen, wenn sie wirklich etwas dafür tun, Beschäftigte nach Deutschland zu holen. Das Interessante ist: Das tun sie, auch in der Coronakrise. Wenn ich mit den IHKs spreche, dann sagen die, eines ihrer großen Themen derzeit ist trotz Corona die Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Die Bedarfe sind groß.
Wir wissen noch nicht, wie viele Fachkräfte infolge dieses Gesetzes wirklich einwandern werden; aber die Kritiken, die Sie hier herbeireden, die sind wirklich durch nichts zu rechtfertigen. Da kann man wieder zum IAB schauen, das sich die Westbalkanregelung angeschaut und festgestellt hat: Die Menschen, die infolge der Westbalkanregelung gekommen sind, sind dauerhaft beschäftigt; sie sind nicht im Niedriglohnsektor beschäftigt, sondern ihre Lohnhöhe entspricht der von deutschen Berufseinsteigern. Und: Sie sind hier gefragt, und das, obwohl Qualifikation an der Stelle gar kein Kriterium ist. – Wir sehen also – das bestätigt auch das IAB –, dass über Visa geregelte Arbeitsmigration dazu führt, dass Arbeitsmarktintegration sehr gut gelingt.
(Beifall bei der SPD)
Ich weiß insofern nicht, was Ihr Antrag soll. Er ist schlicht überflüssig wie ein Kropf.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD – Marianne Schieder [SPD]: Genau! Nicht nur das!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Kolbe. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus gegebenem Anlass weise ich noch einmal auf Folgendes hin: Wenn die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ihren Platz verlassen, besteht Maskenpflicht, also Mund-Nase-Schutz-Pflicht. Ich sehe schon, dass man zum Telefonieren mal schnell loslaufen will. Das Präsidium des Deutschen Bundestages wird diese Anordnung des Bundestagspräsidenten durchsetzen, heute noch mal mit Ermahnungen, demnächst mit Ordnungsrufen und schlimmeren Geschichten. Also, bitte achten Sie darauf: Wenn Sie Ihren Platz verlassen oder zu Ihrem Platz gehen, tragen Sie die Mund-und-Nase-Bedeckung.
Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege Professor Dr. Matthias Zimmer, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7475368 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Fachkräfteeinwanderung |