Hagen ReinholdFDP - Meeresschutzgebiet im Weddellmeer (Antarktis)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Millionen von Jahre brauchen ökologische Systeme, um zu wachsen, um in den Zustand zu kommen, den wir heute auf unserem Planeten entdecken können. Da erscheinen zwei Jahre und noch mal zwei Jahre und noch mal zwei Jahre fast wie ein Wimpernschlag.
Selbst die Zeit von 1959 bis heute, die wir uns als Weltgemeinschaft schon genommen haben, um die Antarktis in den Blick zu nehmen und für schutzwürdig zu erklären, erscheinen wie ein Wimpernschlag, und trotzdem werde ich ungeduldig. Ich hoffe, das geht uns allen so. Deshalb ist dieser Antrag genau richtig; denn er soll dafür sorgen, dass das Weddellmeer – und nicht nur das – geschützt wird.
Ich glaube aber, mit der Unterschutzstellung wird es nicht getan sein. Wir brauchen innovative Systeme, um diese Schutzgebiete zu überwachen. Dafür ist Technologie und Forschung eminent wichtig. Deshalb will ich darauf auch einen Fokus legen, und zwar aus zweierlei Gründen:
Zum Ersten. Ja, viele richten ihren Blick auf die Ressourcen, die es in der Antarktis gibt. Aber wer Ressourcen in sensiblen Ökosystemen schützen will, muss auch dafür sorgen, dass wir uns technologisch weiterentwickeln, Innovation zulassen, um Ressourcen an Land, wo wir sie schon seit Jahrhunderten bergen können, vielleicht effektiver zu bergen. Wenn ich an Land vielleicht viel tiefer graben kann, Ressourcen viel besser erarbeiten kann und Recycling viel besser umsetzen kann, dann kann ich sensible ökologische Systeme in Ruhe lassen. Deshalb muss derjenige, der Schutz auf der einen Seite will, auch Innovation und Fortschritt auf der anderen Seite zulassen.
(Beifall bei der FDP)
Der zweite Punkt, den ich erwähnen muss, ist: Wir haben bestimmt alle mit gespannten Blicken auf die Videos von der „Polarstern“ gewartet. Wir haben sie uns in den letzten Monaten angeguckt. Sie sind von genialer Qualität – glücklicherweise. Sie wurden nicht mit einer Kamera aus den 80ern – das Schiff ist aus dieser Zeit –, sondern mit einer modernen Kamera aufgenommen. Aber das Schiff ist ein Problem; das habe ich beim letzten Mal schon angesprochen.
Die Ausschreibung für die „Polarstern 2“ haben wir gerade aufgehoben und sind noch keinen Schritt weitergekommen. Das können wir den Wissenschaftlern, die die Grundlage dafür legen, dass wir heute über dieses Thema reden können, eigentlich nicht weiter zumuten. Es braucht jetzt eine neue Ausschreibung und eine neue „Polarstern“, damit es den Wissenschaftlern in nächster Zeit gelingt, auch weitere Systeme zu erforschen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Klaus-Peter Schulze [CDU/CSU])
Ich würde mir im Übrigen wünschen, wir würden aufhören, das Schiff in der Ausschreibung von der letzten Schraube bis zum Mast im Detail beschreiben zu wollen. Es wäre viel besser, wenn wir Funktionen beschreiben würden, die die Wissenschaftler brauchen. Ich glaube, das hilft ihnen weiter. Auch da ist Innovation und Forschung wichtig. Ob das Schiff dann rund, viereckig oder flügelförmig ist, sollten wir der Innovationsfähigkeit der Werften überlassen. Wir sollten nur beschreiben, welche Funktionen gebraucht werden. Ich glaube, damit würden wir ein Stückchen weiterkommen. Das gehört zur Wahrheit dazu.
(Beifall bei der FDP)
Ich bin dem Kollegen Schulze dankbar; denn er hat eine andere Innovation angesprochen: Für die Entwicklung der Genschere wurde der Nobelpreis vergeben. Auch das hilft. Deshalb fordere ich uns alle auf: Wer es ernst meint, der sollte Innovation und Zukunft da unterstützen, wo er es kann.
Zum Schluss will ich einen Dank aussprechen, weil mir eines gut gefallen hat: Die Debatte hier und auch der Antrag zeigen, dass lebendige Demokratie funktionieren kann. Es wurden fast keine Farbenspiele betrieben. Uns eint ein großes Ziel – ich will jetzt mal weg vom Weddellmeer; wer den Antrag gelesen hat, weiß, dass es um deutlich mehr geht –: Es geht um 108,3 Millionen Quadratkilometer Fläche dieses Planeten, 30 Prozent der Meeresfläche. Das sind 302‑mal Deutschland. Wer glaubt – das sage ich für die interessierten Zuhörer, die gerade dazugekommen sind –, es gehe hier nur um das Weddellmeer, der irrt. Mit diesem Antrag geht es um deutlich mehr. Und diesen Antrag beschließen wir heute gemeinsam – fraktionsübergreifend. Ich wünschte mir mehr von dieser lebendigen Demokratie –
Kommen Sie zum Schluss bitte.
– und mehr Zusammenarbeit abseits von Farbenspielen; denn dann gelingen uns ganz offensichtlich – auch wenn das manchmal still und heimlich passiert – große Schläge in der Politik, und das gefällt mir ausgezeichnet.
Ich danke allen, die daran mitgearbeitet haben.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Reinhold.
Herr Präsident, meine Rede ist zu Ende, und ich erspare Ihnen die Ermahnung.
Ich habe über Ihre innovative Idee nachgedacht, kugelförmige Schiffe aufs Meer zu bringen. Ich werde mal in Kiel nachfragen, ob das geht.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Eva-Maria Schreiber, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7475390 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Meeresschutzgebiet im Weddellmeer (Antarktis) |