08.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 183 / Tagesordnungspunkt 12

Albrecht GlaserAfD - Übereinkommen zu steuerabkommensbezogenen Maßnahmen

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das in Rede stehende Übereinkommen wurde im November 2016 von 100 Staaten verabschiedet und anschließend im Juni 2017 von Deutschland und 67 anderen Staaten unterzeichnet. Es umfasst wichtige Punkte eines Aktionsplanes der OECD und der G-20-Staaten, um Gewinnverlagerungen aus steuerlichen Gründen zwischen Staaten möglichst zu verhindern.

Was soll nun durch dieses Übereinkommen erreicht werden? Erklärtes Ziel ist die Verhinderung einer gezielten Ausnutzung der bestehenden abkommensrechtlichen Regelungen durch multinationale Konzerne. Wurde dieses Ziel erreicht? Leider nein. Warum bleibt aber das Übereinkommen, das immerhin rund 80 Seiten umfasst, trotz aller Lobpreisungen des Finanzministers wirkungslos?

Erstens. Durch das Übereinkommen nimmt die Komplexität des internationalen Steuerrechts zu und die Rechtssicherheit in erheblichem Umfang ab – ein Umstand, der von Sachverständigen deutlich bestätigt worden ist. Darüber hinaus ist die Streitbeilegung nur sehr unzureichend geregelt, was insbesondere für deutsche Unternehmen außerordentlich kompliziert und unbefriedigend ist.

Zweitens. Das Abkommen sollte dazu führen, dass die zahlreichen Doppelbesteuerungsabkommen – immerhin rund 100 Stück allein für Deutschland – in kürzerer Zeit im Rahmen eines Vertragsnetzwerks effizient angepasst werden können. Leider auch hier kein Erfolg: Seit drei Jahren warten wir auf die Umsetzung. Übriggeblieben sind lediglich 14 Vertragsstaaten, die durch das Übereinkommen erfasst werden. Mit allen anderen Staaten muss wie bisher bilateral verhandelt werden.

Ein Grund für diese magere Ausbeute ist die Tatsache, dass nur diejenigen Vertragsstaaten unter das Abkommen fallen, die auch ihrerseits Deutschland als Vertragsstaat auswählen. Noch dürftiger wird das Ergebnis, wenn man bedenkt, dass jeder Vertragsstaat die identischen Klauseln des Staates anerkennen muss, der mit ihm kontrahiert.

Drittens und am wichtigsten: Das Übereinkommen geht am Kern des Problems vorbei; denn es gibt Staaten, die zur Steigerung ihrer wirtschaftlichen Attraktivität besondere Anreize steuerlicher Natur offerieren, damit sich dort Unternehmen ansiedeln, häufig in Form sogenannter Patentboxen. Damit können große Unternehmen, beispielsweise auch US-amerikanische Konzerne, ihre Steuerlast minimieren. Das alles passiert intensiv – auch und gerade innerhalb der EU. Hier werden zum Teil abenteuerlich niedrige Steuersätze offeriert, die den medial aufgebauschten Äußerungen zur europäischen Einigkeit und Solidarität Hohn sprechen. Frankreich bietet für Patentbox-Unternehmen einen Steuersatz von 10 Prozent, Spanien von 8, Niederlande von 7, Irland von 6 und Belgien von 4 Prozent. Und wie verhält sich Deutschland dazu? Bei uns gibt es diese Lösung gar nicht. Es geht dabei immerhin um forschungsintensive Unternehmen. Wir haben überhaupt keine vergleichbare Landschaft.

Aber auch verbindliche Vereinbarungen mit den lokalen Steuerbehörden, sogenannte Steuerrulings, die hier überhaupt nicht vorkommen, sind ein Problem. Wie in Irland: Dort hat Apple, wie Sie alle wissen, durch ein Steuerruling 0,005 Prozent Steuern auf den Gewinn bezahlt und damit gegenüber dem regulären Steuersatz insgesamt 13 Milliarden Euro Steuern eingespart. Schon seit Jahren sind diese Probleme innerhalb der EU bekannt; eine Lösung ist nicht in Sicht.

Wir kommen also zu dem Schluss, dass viel Aufhebens um Maßnahmen gemacht wird, die die Rechtsunsicherheit und die Komplexität fördern, während naheliegende und innerhalb der EU lösbare Probleme überhaupt nicht angegangen werden. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir bei allem Anerkennen der guten Absicht, aber angesichts der schlechten Durchsetzung uns der Stimme enthalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Fritz Güntzler.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7475817
Wahlperiode 19
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Übereinkommen zu steuerabkommensbezogenen Maßnahmen
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