Jürgen MartensFDP - Bundeswahlgesetz (Wahlversammlungen)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Frieser, Sie haben es eingangs erwähnt: Die Covid-19-Pandemie stellt auch uns als Gesetzgeber vor besondere Herausforderungen. Die Lage überträgt uns eine besondere Verantwortung, gerade auch im Hinblick auf die Organisation der Bundestagswahlen in einem Jahr. Ich habe bereits gestern Abend das Gefühl gehabt, dass große Teile dieses Hauses sich dieser Verantwortung nur bedingt bewusst sind, wie die Diskussionen um das Wahlrecht gestern Abend gezeigt haben.
Heute diskutieren wir das fünfundzwanzigste Wahlrechtsänderungsgesetz und darin eine Regelung, mit der Abweichungen von Aufstellungsverfahren, wie sie bisher vorgesehen sind, für die Parteien möglich gemacht werden, und zwar im Wege einer Verordnung, die das Bundesinnenministerium erlässt. Es ist nicht der Gesetzgeber, der unmittelbar selbst handelt,
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
sondern wir übertragen die Regelung von Abweichungen im Wahlverfahren an das Bundesinnenministerium.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Danke für die Klarstellung!)
Jetzt werden Sie sagen: aber nur mit Zustimmung des Bundestages.
(Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Entscheiden tut letztlich der Deutsche Bundestag!)
– Es entscheidet der Bundestag über das, was ihm das Bundesministerium des Innern als Verordnungsentwurf vorlegt.
(Michael Frieser [CDU/CSU]: Nein!)
Das ist ein ganz großer Unterschied. Da verkennen Sie die Bedeutung des Handelns des Gesetzgebers
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])
für das Wahlrecht selber oder die Übertragung solchen Handelns auf die Regierung, die Exekutive, als Verordnungsgeber.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Wer das als gleichwertig darstellt,
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, so wie Herr Özdemir!)
hat einige Grundprinzipien der Demokratie und des Wahlrechtes offensichtlich nicht richtig begriffen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie werden sagen: Hier wird eine Ausnahmeregelung geschaffen, und wir hoffen darauf, dass wir von ihr keinen Gebrauch machen müssen. – Da stimme ich Ihnen zu. Aber so einen Ausnahmecharakter hat diese Regelung nun doch nicht, dass sie alleine auf die Herausforderungen durch die Covid-19-Pandemie beschränkt wäre, sondern sie ist eine generelle Ausnahmeregelung für den Fall höherer Gewalt, von Naturkatastrophen oder Ähnlichem.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Sie beschränken sie nicht auf den konkreten Anlass und die konkrete Herausforderung, sondern Sie erschaffen sich eine stets im Wahlrecht verbleibende, ich sage jetzt mal: Abweichmöglichkeit. Sie perpetuieren damit die Ausnahmeregelung; Sie machen also einen Fall des sogenannten normalen Ausnahmezustandes. Auch das können wir so nicht hinnehmen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es wäre unsere Aufgabe, konkret auf die Herausforderungen einer Pandemie zu reagieren und dafür die Gesetze anzupassen. Die Schaffung einer generellen Abweichnorm wird dem ebenfalls nicht gerecht.
Es wird Sie deswegen nicht verwundern, dass meine Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner ist der Kollege Friedrich Straetmanns, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 19 |
Session | 184 |
Agenda Item | Bundeswahlgesetz (Wahlversammlungen) |