Leni BreymaierSPD - Mehr Frauen in den Deutschen Bundestag
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute zwei Anträge: einen der FDP, einen von Linken und Grünen. Ganz ehrlich, in dem Zusammenhang den FDP-Antrag abzulehnen, fällt uns jetzt nicht schwer, schlichtweg deshalb, weil wir gerne sonst irgendwann, dauernd und überall darüber reden können, wie Familienpflichten und Mandate besser in Einklang zu bringen sind, aber hier geht es um Quoten, um sonst gar nichts. Dass wir im Parlament nicht mal ein Drittel Frauen haben, liegt daran, dass weder die FDP noch die Union, die AfD sowieso nicht, irgendwelche parteiinternen belastbaren Regelungen wie Quoten haben.
(Beifall bei der SPD)
SPD, Linke und Grüne haben solche Regeln, und siehe da: Es funktioniert, Frau Nicolaisen.
(Beifall der Abg. Ute Vogt [SPD] und Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Dabei habe ich noch nichts gesagt über die sexistischen Scherzchen Ihres Herzchens, des Partei- und Fraktionsvorsitzenden der FDP. Wenn Frauen so etwas sehen und hören, wird die Parteizentrale der FDP nicht geflutet
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
von Mitgliedsbeiträgen und der Bereitschaft, aktiv dabei zu sein. Es hat auch etwas mit dem Klima in Parteien zu tun. Und dass die FDP in ihrem Antrag paritätische Regelungen en passant für verfassungswidrig erklärt, das schlägt dem Fass den Boden aus.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Nein, nein!)
Das passt zu anderen, aber doch nicht zu Ihnen. Wir haben diese Entscheidung aus Thüringen, und die bezieht sich auf das Thüringer Verfassungsrecht, sie bezieht sich nicht aufs Grundgesetz.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Freie, gleiche und geheime Wahlen!)
Herr Ehrhorn, wenn Sie hier schon das Grundgesetz zitieren, dann doch bitte vollständig; denn in Artikel 3 Absatz 2 steht auch noch der Halbsatz: „und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“,
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
und genau das ist es, was wir hier zu tun haben.
Die Frauen der demokratischen Parteien haben hier über ein Jahr zusammen an der Frage gearbeitet, wie wir den Frauenanteil im Bundestag erhöhen können. Ich habe die Arbeit als wertvoll empfunden und bedanke mich auch heute noch mal bei den Kolleginnen dafür. Nun war eine Kommission, die sich mit dem gemeinsamen Ziel befasst, in den Fraktionen nicht durchzusetzen. Die FDP scheute den Begriff „Parität“ wie der Teufel das Weihwasser,
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Sie stimmen dagegen! Was ist das denn?)
und die CDU wollte die Kommission nicht. So gibt es keine Mehrheit, schon gar keine Mehrheit der Koalition, und um die geht es letztlich immer. Egal ob im Bundestag, bei Schwarz-Grün in Hessen oder Grün-Schwarz in Baden-Württemberg: Es braucht immer eine Koalitionsmehrheit. Ich sage mal: Hätten wir Frauen das alleine gemacht, wären wir am Ende parteiübergreifend, ich behaupte: auch mit den CDU/CSU-Frauen, einig geworden. Am Ende hat die Union aber gefehlt.
Selbst wenn in einem halben Jahr eine separate Paritätskommission Ergebnisse vorlegt, dann hätte das doch keine Auswirkungen auf die Wahl 2021. Jetzt reden wir also in der Reformkommission. Die wird sich mit den Fragen befassen: mit dem Wahlalter, mit der Modernisierung der Parlamentsarbeit, mit der Dauer der Legislaturperiode, mit der gleichberechtigten Repräsentanz von Frauen und Männern auf den Listen und im Parlament und vielleicht auch noch mit mehr; die Anhörung im Innenausschuss diese Woche hat hier für eine Breite im Denken geworben.
Aber seien Sie versichert: Parität und Pluralität sind Herzensthemen der Sozialdemokratie. Wir werden in der Kommission dafür werben und kämpfen, gerne mit Ihnen und nicht nebenbei. Es stimmt: Wir hätten gerne alle früher als 2023 Ergebnisse gesehen, hätten lieber schon 2021 nach einem anderen Recht gewählt. Leider ist der Fortschritt eine Schnecke, aber die Richtung stimmt.
(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])
Denn wir wollen spätestens 2025 ein größeres Abbild der Gesellschaft hier sehen. Deutschland besteht nicht zu zwei Dritteln aus Männern, nicht zu 80 Prozent aus Akademikern. Deutschland ist auch jünger und überhaupt bunter als wir hier. Das ist die Aufgabe. Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin Breymaier. – Nächster Redner ist der Kollege Konstantin Kuhle, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7476728 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 184 |
Tagesordnungspunkt | Mehr Frauen in den Deutschen Bundestag |