28.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 185 / Zusatzpunkt 1

Albert StegemannCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Situation – das klang schon einige Male an – war unmittelbar vor dem Agrarrat wirklich sehr, sehr schwierig. Kein Wunder: Denn die Interessen der EU-Mitgliedstaaten in der Agrarpolitik sind sehr verschieden. Zudem sind die Agrarstrukturen in der EU äußerst heterogen und nicht miteinander zu vergleichen. Deshalb war es gut, dass unsere Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Verhandlungen geführt hat. Ehrlich gesagt, habe ich schon gar nicht mehr mit einer Einigung gerechnet.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja!)

Umso mehr freue ich mich über die Einigung und auch über das, was erreicht wurde.

Deswegen noch mal mein ganz herzlicher Dank: Liebe Julia Klöckner, vielen Dank für dein Engagement, für dein Verhandlungsgeschick, aber auch dafür, dass du als glühende Europäerin dafür gekämpft hast, Europa zusammenzuhalten; damit war nicht zu rechnen. Deswegen noch mal: Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Weil das ein so großartiger Erfolg ist, will ich an dieser Stelle auch sagen: Friedrich Ostendorff hat in diesem Zusammenhang gesprochen von „zu viel Weinkönigin, zu wenig gestaltende Ministerin“. Also, ich muss ehrlich sagen: So einen Anflug von Sexismus

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Völlig richtig!)

hätte ich mir vielleicht von der einen oder anderen Fraktion vorstellen können; aber von den Grünen hätte ich das, ehrlich gesagt, nicht erwartet.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Aber so sind sie, die Heuchler!)

Aber wie gesagt: Der politische Spagat, der ja nun mal bestand, ist bestens geglückt. Denn wenn man es sich jetzt mal wirklich anschaut, stellt man fest: Die einkommensstützende Wirkung für die Landwirte ist bestehen geblieben, der Strukturwandel in der Landwirtschaft wird abgefedert, und die Gemeinsame Agrarpolitik wird noch umwelt- und klimafreundlicher. Es kommt noch hinzu, dass wir jetzt endlich verbindliche Standards für alle EU-Mitgliedsländer haben. Das ist ein gutes Verhandlungsergebnis für die Landwirte, für die Umwelt, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger der EU.

Wenn ich mir jetzt den Titel der heutigen Aktuellen Stunde anschaue, den sich die Grünen ausgesucht haben – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Haltung der Bundesregierung zur Nichtberücksichtigung der Bekämpfung von Klimakrise und des Artensterbens bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik“, dann frage ich mich: In welchem Land leben Sie eigentlich? Haben Sie die letzten Jahre im Winterschlaf verbracht, oder leben Sie wirklich auf dem Baum?

Von daher: Um Sie an dieser Stelle wirklich mal wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen, empfehle ich Ihnen einen Blick auf die aktuelle Studie des Zentrums für Umweltrecht und ‑politik der Yale-Universität und des Zentrums für Internationale Bodenwissenschaften der Columbia-Universität. In dieser Studie wird anhand von verschiedenen Kategorien gemessen, wo auf der Welt eigentlich Rücksicht auf die Umwelt genommen wird. Wo ist ein gesundes Leben für Mensch, Tier und Natur möglich? Die entscheidenden Kategorien der Studie sind vor allem Landwirtschaft, Wälder, Biodiversität, Klimawandel und Wasser- und Luftqualität. Die Studie untersucht 180 Länder. Unter den Top 20 der umweltfreundlichsten Länder finden sich 14 EU-Mitgliedstaaten – Deutschland ist natürlich eines davon. Und dann von einer „fehlgeleiteten Politik“ zu sprechen, ist einfach nicht zutreffend.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Grünen sprechen jetzt mit Blick auf die Beschlüsse des EU-Agrarrats sogar von einem „schwarzen Tag für die Landwirtschaft“ und fordern „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“; Sie haben das gerade auch getan, Frau Künast. Tatsache ist aber – vielleicht ist Ihnen das noch gar nicht aufgefallen –, dass die öffentlichen Gelder, die die Landwirte erhalten, bereits an eine Vielzahl von umwelt- und klimapolitischen Gegenleistungen geknüpft sind. Der Anbau von Zwischenfrüchten, der Erhalt von Dauergrünland, Auflagen zum Schutz von Feuchtgebieten und Moorflächen, der Schutz von Landschaftselementen wie Hecken und Steinriegeln oder das Anlegen von über 200 000 Kilometern Blühstreifen zum Beispiel sind nur einige direkt erkennbare Beweise.

Darüber hinaus sind wir uns doch einig, dass wir unsere hohen sozialen und ökologischen Standards nicht infrage stellen. Aber im internationalen Wettbewerb gibt es dafür keine Preisaufschläge, und dafür sind die Zahlungen ein sehr, sehr fairer Ausgleich.

Ich will an dieser Stelle auch noch ein paar Zahlen nennen. Herr Miersch, Sie hatten zwar in der Sache zutreffend gesagt, dass ein Drittel des EU-Haushaltes in die GAP geht; diese Zahl stimmt. Aber: Wir haben halt eine Gemeinsame Agrarpolitik, und das ist wirklich der einzige Bereich, der europäisch geregelt ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Also, wenn wir es fair vergleichen wollen, dann müssen wir diesen Anteil auf Deutschland runterrechnen, auch nicht kumuliert über sieben Jahre; dann reden wir über um die 5 Milliarden Euro pro Jahr. Das sind gerade mal 0,3 Prozent der gesamten deutschen Staatsausgaben, und das für unsere Lebensmittel, für die Mittel zum Leben. Ich denke, das ist angemessen, und das kann man auch so würdigen und stehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Die Landwirtschaft in Europa wird mit der Weiterentwicklung der „grünen Architektur“ noch umwelt- und klimafreundlicher. Dieser Weg ist eben nur gemeinsam mit den Bauern möglich und nicht gegen sie.

Und: Wir müssen uns dringend vor Augen führen, dass wir im Jahr 2050, also in 30 Jahren, 10 Milliarden Menschen auf diesem Planeten ernähren müssen. Deswegen müssen wir auch sehr effizient mit Ressourcen umgehen. In allen anderen Sektoren, ob Industrie, Verkehr oder Bau, ist es selbstverständlich, –

Herr Kollege, kommen Sie zum Ende.

– dass Ressourceneffizienz einen positiven Beitrag zum Klimaschutz darstellt. Nur in der Landwirtschaft tragen immer noch manche das Dogma der Extensivierung vor sich her. Das ist nicht sinnvoll.

Deswegen bedanke ich mich an dieser Stelle noch mal bei allen Bäuerinnen und Bauern, die in unserem Sinne nachhaltig handeln. Ich glaube, dass wir ihnen heute mit den Beschlüssen vom Agrarrat eine gute Zukunft geben können.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die Fraktion der AfD hat das Wort der Kollege Stephan Protschka.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7480291
Wahlperiode 19
Sitzung 185
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
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