Carsten TrägerSPD - Aktuelle Stunde - Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Nach den gewohnt fundierten, profunden Ausführungen des Kollegen Protschka möchte ich mit einem Dank an die Grünen beginnen:
(Lachen bei der AfD – Stephan Protschka [AfD]: Ein möglicher Koalitionspartner?)
Herzlichen Dank, dass wir heute in der Aktuellen Stunde wirklich zeitnah die Beschlüsse der letzten Wochen aus Brüssel diskutieren können.
Um es gleich mal vorweg zu sagen: Wir halten diese Beschlüsse nicht für den Systemwandel, nicht für den großen Durchbruch.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Aber, liebe Kollegen von den Grünen, es ist schon schade, wie Sie dieses Thema behandeln. Es ist schade, dass Sie sich dem Reformprozess der Agrarpolitik auf der europäischen Ebene komplett verweigern. Gerade wenn man weiß, wie Politik in Brüssel gemacht wird, und wenn man weiß, wie das Parlament arbeitet – das muss ich von Ihnen erwarten; Sie streben ja immerhin Regierungsbeteiligung an –, dann kann man nicht mit Maximalforderungen reingehen und danach wie eine beleidigte Leberwurst sagen: Ich diskutiere überhaupt nicht mehr.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU])
Mit der Haltung bewegen Sie gar nichts. Im Gegenteil: Damit bewirken Sie nur, dass wir den Reformprozess weiter verschleppen. Wir sprechen ja nicht über eine Reform, die man im nächsten Jahr beliebig wiederholen kann. Es geht um einen mehrjährigen Finanzrahmen, und da wäre ein bisschen mehr konstruktive Politik sehr, sehr hilfreich gewesen.
(Beifall bei der SPD)
Wir wollen eine europäische Agrarpolitik, die jetzt den fatalen Verlust der Artenvielfalt und die Klimakrise angeht. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europaparlament haben es immerhin geschafft,
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Dagegenzustimmen!)
einen Anteil von 30 Prozent an Ökoleistung bei den flächenbezogenen Direktzahlungen durchzusetzen.
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugestimmt!)
Nach einem schwachen Vorschlag der alten Kommission – die neue Kommission kritisiert ja diesen alten Vorschlag – und nach noch schwächeren Beschlüssen der Agrarminister ist das immerhin ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Es ist nur ein kleiner Schritt, aber immerhin in die richtige Richtung. Unser Plädoyer „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ macht damit immerhin einen größeren Teil der europäischen Agrarpolitik aus.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben es doch abgelehnt! – Gegenruf der Abgeordneten Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja, die SPD hat es abgelehnt!)
Was mir als Sozialdemokrat besonders wichtig war: Eine Herzensangelegenheit ist, dass Betriebe, die illegale Beschäftigung oder Schwarzarbeit betreiben, in Zukunft zwingend von europäischen Direktzahlungen ausgeschlossen werden. Das ist nämlich bisher nicht so. Wer sich auskennt, der weiß, was in europäischen Betrieben passiert mit Schwarzarbeitern, mit Migranten, die dort zum Teil auf dem Boden schlafen müssen. Das soll wenigstens in Zukunft nicht auch noch mit europäischen Subventionen belohnt werden.
(Beifall bei der SPD)
Da sehen Sie: Es macht Sinn, an einzelnen Punkten zu arbeiten, auch wenn man das große Ganze nicht gut finden kann. Schade, dass Sie sich dem verweigern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Agrarpolitik bekommt nun eben auch ein rotes Herz.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitte, was?)
Aber trotzdem: Das reicht nicht. Da geht noch mehr, Frau Klöckner. Ich fordere Sie und auch die Kollegen im Europaparlament auf, im Trilog noch weiter nachzubessern und noch weiter nachzulegen, damit wir insgesamt zu besseren Regelungen kommen, damit wir insgesamt mehr Ökologie, aber auch mehr soziale Gerechtigkeit erreichen.
(Beifall bei der SPD)
Der Reformprozess der Agrarpolitik ist noch nicht abgeschlossen. Es gilt nun, dass wir ihn in Richtung einer gemeinwohlfördernden Politik ausrichten.
Natürlich müssen wir auch bei der nationalen Ausgestaltung, Frau Klöckner, in die Puschen kommen. Es hat sich nun ein kleines Fenster ergeben. Aber dieses kleine Fenster müssen wir jetzt auch kraftvoll nutzen. Da sind Sie in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass wir die beschlossenen Ökoleistungen nun in Maßnahmen umsetzen, die wirklich Umwelt- und Klimaschutz bewirken. Ich fordere Sie auf, diese Maßnahmen nun entschieden zu fördern, um den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Ich fordere Sie auch auf, dass Sie zum Beispiel in Sachen Aktionsprogramm Insektenschutz endlich vorangehen. Das sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrer Kollegin Svenja Schulze,
(Lachen bei Abgeordneten der AfD und der FDP)
die es erstens geschafft hat, dass der Umweltministerrat progressive Beschlüsse gefasst hat, die wirklich in Richtung Schutz der Biodiversität wirken, und die zweitens ein Insektenschutzgesetz vorgelegt hat. Ich hoffe sehr, dass das nun endlich mal aus dem Kabinett rauskommt, damit wir hier im Parlament darüber diskutieren können.
(Julia Klöckner, Bundesministerin: Das ist doch in der Ressortabstimmung!)
– Ja, das ist gut. Aber nun sind auch Sie in der Verpflichtung, Ihren Teil dieses Pakets vorzulegen. Da verweise ich auf die seit Langem angesprochene Reduktionsstrategie für Pflanzenschutzmittel auf unseren Äckern. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir da schon sehr bald etwas bekommen. Das steht im Koalitionsvertrag, Frau Klöckner.
(Beifall bei der SPD – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das geht mit CRISPR/Cas!)
Vielen Dank, Kollege Träger. – Für die CDU/CSU hat das Wort der Kollege Hermann Färber.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7480293 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 185 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik |