Daniela De RidderSPD - Feministische Außenpolitik
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Hoffnung. Ja, ich habe Hoffnung, dass eines Tages Frauen und Männer tatsächlich gleichberechtigt sind. Wie hart wurde doch dieser Passus zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern, allen voran von Elisabeth Selbert, in unser Grundgesetz hineingekämpft. Dieser Satz von der Gleichberechtigung gilt bis heute, und er ist uns in der Politik Verpflichtung, nach innen und nach außen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Heute stehe ich hier vor Ihnen und schiebe die Schatten des Zweifels beiseite, die sich hoffentlich nie als trügerisch erweisen werden, was die Gleichstellung angeht. Frauen – das lernte ich schon beizeiten – sind weltweit die Leidtragenden von Krisen und Kriegen. Dennoch können wir beobachten, wie viel Stärke doch in dem angeblich so schwachen Geschlecht steckt.
Ich bin froh, dass unser Außenminister Heiko Maas nie müde wird, bei multilateralen Bemühungen und Anstrengungen, bei der zivilen Krisenprävention oder bei der Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten stets die Geschlechtergerechtigkeit mitzudenken.
(Beifall bei der SPD – Dr. Marcus Faber [FDP]: Da bin ich auch echt froh!)
Er und wir in der Sozialdemokratie unterstützen seit jeher jene zivilgesellschaftlichen Prozesse und Akteursgruppen, die sich aktiv für Frauen- und Menschenrechte einsetzen.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesen Tagen jährt sich nun also die Verabschiedung der UN-Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit zum 20. Mal. Gute Bildung, Teilhabe, politische Partizipation, Freiheit und, ja, auch Selbstbestimmung waren immer schon Themen emanzipatorischer Bewegungen und damit bereits seit August Bebel und der Veröffentlichung seines Hauptwerkes „Die Frau und der Sozialismus“ in der Sozialdemokratie zu Hause. Man schrieb damals das Jahr 1879.
Anerkennung und Gleichberechtigung, das bleibt für uns Frauen weltweit ein Kampf gegen jede Form des biologistischen Sexismus. Gleichwohl, auf dem Weg dahin, liebe Kolleginnen und Kollegen, errangen wir einige Erfolge. Gender Mainstreaming etwa ist im Amsterdamer Vertrag eine der gesetzlichen Grundlagen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
EU-weit darf es seitdem keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes mehr geben. Dieses Prinzip wurde hart erkämpft. Es ist nicht hinnehmbar, dass es heute infrage gestellt wird, etwa von Populisten, die als Abtreibungsgegner gegen Frauen und ihre Ärztinnen und Ärzte Front machen, oder von Neofaschisten, die Frauen lediglich zum Heimchen am Herd, zur Dienstmagd oder gar zur Zwangsprostitution degradieren wollen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Krisenprävention, Stabilisierung und Friedenssicherung sowie der Kampf für Frauenrechte sind für die deutsche Außenpolitik sozialdemokratischer Provenienz nicht nur Verpflichtung, sondern auch eine Erfolgsgeschichte. Erst jüngst konnten wir das Europäische Kompetenzzentrum für Ziviles Krisenmanagement, das unter Gendergesichtspunkten arbeiten wird, hier in Berlin einweihen.
Es geht um Arbeit, Geld, Bildung, Zeit, Macht und Gesundheit. Die aktuelle Coronakrise zeigt uns allerdings wie unter dem Brennglas, wie viel weltweit noch zu tun bleibt, sei es bei der Bekämpfung von Fluchtursachen oder beim Schutz von Frauen und ihren Kindern auf traumatisierenden Fluchtwegen. Immer dann, wenn Frauen Opfer von Menschenhandel oder Menschenschmuggel werden, ist es gut, dass die deutsche Außenpolitik ihre Stimme erhebt und dieses frauenverachtende Verhalten ächtet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Ja, wir dürfen stolz darauf sein, dass Außenminister Heiko Maas ein Feminist ist.
(Lachen bei der AfD)
Er beweist dies etwa bei der Kreierung von Frauennetzwerken, bei der Selbstverpflichtung, bei der Schaffung von Leitlinien, beim Kampf von Rechtsstaatlichkeit – ich weiß, damit haben Sie von der AfD nichts am Hut – oder durch sein Drängen und seine konsequente Einbindung von Frauen als Akteurinnen in Friedensprozessen. Noch lange bevor UN-Generalsekretär Antonió Guterres in seinem Weckruf anmahnte, die Weltgemeinschaft solle doch bitte zur Kenntnis nehmen, dass die Coronapandemie verheerende Konsequenzen für das Leben von Frauen und Mädchen habe, hatte der Minister bereits reagiert, etwa durch verschiedene Programme, Maßnahmen oder einen zusätzlichen Mitteleinsatz. Es freut mich regelrecht, dass Sie das stört; das ist an die Adresse der AfD-Herren gerichtet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Uns stört, dass Sie Unsinn erzählen!)
Covid-19 zeigt uns auch, wie fragil unsere Erfolge in der weltweiten Bekämpfung von Sexismus und Frauenfeindlichkeit sind; das beweisen Sie ja immer und immer wieder.
(Lachen bei der AfD)
Meine Damen und Herren von der Union, ich verstehe allerdings nicht, warum Sie den gemeinsamen Antrag zur gleichstellungsorientierten Außenpolitik haben willentlich scheitern lassen. Der Zugang zu Trinkwasser, Hygiene, Energieversorgung, zivile Friedensdienste, der Einsatz von Gewaltprävention, die Berücksichtigung von Gleichstellung bei der Vergabe von Projektmitteln – dies sind nur wenige Beispiele, die ich mit den Kolleginnen Elisabeth Motschmann, Ursula Groden-Kranich und Gisela Manderla in einem gemeinsamen Antrag verankert sehen wollte. Die Hoffnung, dass wir dies heute hier würden vorstellen können, wurde durch eine enge Zusammenarbeit genährt, für die ich mich bei den genannten Kolleginnen ausdrücklich bedanken möchte.
Lassen Sie mich das Scheitern des Antrages rekonstruieren. Erst in der vergangenen Woche fügten Unionsvertreter in einen Passus, in dem es um die Bekämpfung von sexualisierter geschlechtsspezifischer Gewalt und um sexuelle und reproduktive Gesundheit ging, ein, unter der Maßgabe der Wahrung des Schutzes des ungeborenen Lebens solle beraten werden. – À la bonne heure, meine Damen und Herren von der Union.
(Zuruf von der AfD: Genau!)
Wem wollen Sie damit dienen? Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie damit aggressiven, selbsternannten Lebensschützern und frauenverachtenden Entwicklungen Tür und Tor öffnen? Ich will klarstellen: Auch die SPD ist für Lebensschutz,
(Widerspruch bei der AfD)
aber das, meine Damen und Herren, geht nicht.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ihre Bemühungen in allen Ehren: Ich verstehe nicht, dass Sie, wenn Sie die Chance haben, die Welt für Frauen und Mädchen, aber auch für Jungen und Männer zum Besseren zu wenden, diese nicht nutzen.
(Karsten Hilse [AfD]: Abtreibungen bis einen Tag vor der Geburt, das wollen Sie!)
Die Sozialdemokratie wird diese rote Linie jedenfalls nicht überschreiten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Nächster Redner ist der Kollege Petr Bystron, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7480337 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 185 |
Tagesordnungspunkt | Feministische Außenpolitik |