Martina Stamm-FibichSPD - Cannabiskonsum
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt schon sehr viel gehört. Fest steht: Die Verbotspolitik in Deutschland ist gescheitert. Deshalb nehmen wir von der SPD das Grundanliegen des Gesetzentwurfes der Grünen und vor allem auch die Anträge der Linken und der FDP zum Anlass, hier etwas kontrovers zu diskutieren.
Die negativen Auswirkungen des deutschen Betäubungsmittelrechts sind hier bereits sehr deutlich angesprochen geworden. Es ist ganz egal, ob man Staatsrechtsprofessoren, Kriminalbeamte oder Sozialarbeiter zu diesem Thema befragt, das Urteil ist bis auf wenige Abweichungen immer das Gleiche: Verbote führen weder zum Absinken des Cannabiskonsums der Jugendlichen noch zu mehr Jugendschutz, nein, das Gegenteil ist der Fall. Die repressive Verbotspolitik führt zu Kriminalisierung und zu sozialer Ausgrenzung der Konsumenten. Das kann doch keiner hier wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Sie führt dazu, dass präventive Ansätze und Angebote zum Gesundheitsschutz im Sand verlaufen, weil sie von dieser Zielgruppe aufgrund der drohenden Stigmatisierung gar nicht erst angenommen werden. Darüber hinaus zwingt dieser Ansatz die Konsumenten zum Kauf auf dem Schwarzmarkt und damit zum Konsum von teils gestreckten und wirklich gefährlichen Stoffen.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Das Prinzip des Safer Use zur Minimierung der gesundheitlichen Schäden wird so zur Unmöglichkeit. Abgesehen davon fragt der Dealer natürlich nicht nach dem Alter. Nach meiner Vermutung kann er auch keine Schulung im Bereich der Prävention vorweisen und höchstwahrscheinlich auch kein funktionierendes Sozialkonzept vorlegen. Deshalb ist alles, was wir diesbezüglich hier hören, einfach nicht zielführend.
Man kann es kurz zusammenfassen: Wer heute noch glaubt, dass eine Drogenpolitik, die breite Gesellschaftsschichten kriminalisiert, zum Erfolg führt, der befindet sich auf dem Holzweg.
(Beifall bei der SPD)
Wir sind gezwungen, zu handeln und für einen breiten Bevölkerungsschutz zu sorgen, vor allem mit Blick auf die vielen jungen Menschen; denn so, wie die Situation jetzt ist, kann und darf sie nicht bleiben.
Frau Kollegin, kann ich Sie ganz kurz unterbrechen?
Ja.
Herr Kollege Gauland, ich würde Ihnen empfehlen, wenn Sie den Plenarsaal betreten, die Maske aufzusetzen. Ich nehme an, Sie waren geistig in dem Moment woanders, deshalb haben Sie das vergessen.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Das ist er immer!)
Insofern ermahne ich Sie jetzt nur, es gibt keinen Ordnungsruf.
Frau Kollegin, Sie haben weiter das Wort.
Danke. – Wir als SPD-Bundestagsfraktion fordern deshalb Modellversuche, durch die wir eine bessere Evidenz zu den unterschiedlichen Ansätzen bezüglich Vertrieb, Abgabe, Prävention sowie Jugend- und Gesundheitsschutz bekommen können. Zu diesen Modellprojekten gibt es auch in bayerischen Städten Stadtratsbeschlüsse. Mit CSU-Stimmen wurde beschlossen, sich diesen Modellprojekten zu öffnen. Die Kommunen denken also schon darüber nach, wie man so etwas umsetzen kann. Vielleicht ist das für einige von Ihnen ein Denkanstoß.
Die Umsetzung des Jugendschutzes ist der Grund, aus dem wir mit dem Gesetzentwurf der Grünen ein wenig hadern. Ich muss ganz offen sagen: Wie sollen wir gewährleisten, wenn wir den Eigenanbau zulassen, dass Jugendliche nicht an die Pflanzen kommen? Offen ist auch, wie die in Ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagene Höchstbesitzmenge von 30 Gramm mit den geplanten Vorschriften zum Eigenanbau zusammengebracht werden soll; denn eine normale Pflanze bringt, wenn sie einigermaßen gut wächst, 30 Gramm. Bei drei Pflanzen sind wir dann schon weit über dem, was Sie als Höchstmenge für den erlaubten privaten Besitz in Ihrem Gesetzentwurf vorsehen. Somit ist diese Mengenangabe aus unserer Sicht ein Feigenblatt.
(Zuruf von der AfD)
Diesen Widerspruch nicht aufzulösen und stattdessen zu schreiben, das BMG solle sich damit im Detail im Rahmen einer Rechtsverordnung auseinandersetzen, ist für uns ungenügend.
Wir als SPD sind grundsätzlich der Meinung: Die Stoßrichtung dieser Debatte ist vollkommen richtig; aber Entscheidungen über die Abgabe von Cannabis und den Eigenanbau sollen mit Erfahrungen untermauert werden. Vor allem soll Cannabis kontrolliert an die Gruppen abgegeben werden, die ihn haben möchten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Alexander Krauß, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7480452 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 186 |
Tagesordnungspunkt | Cannabiskonsum |